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Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Titel: Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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die Fische am Ufer auf den Boden.
    Sie kam ihm nach, ein Fuß bekleidet, den anderen Mokassin trug sie in der Hand. »Du überläßt mir deine Kleider? Im Namen vom Großen Donnervogel, warum?«
    Er wedelte geringschätzig mit seiner gesunden Hand. Wieso hinterging sie ihn? Er hatte ihr das Leben gerettet, oder etwa nicht? »Ich weiß nicht, was dir alles zugestoßen ist. Vielleicht hast du ein größeres Recht auf die Kleider als ich. Du bist eine Frau, ganz allein auf dich gestellt. Deine Augen spiegeln entsetzliche Dinge wider… Vielleicht… vielleicht bleibst du am Leben, wenn du mir meine Kleider wegnimmst, und kannst zu deinem Volk zurückkehren.
    Oder sonstwohin, wo sich jemand um dich kümmert… und wo du dich sicher fühlst.«
    Ihre Schultern sackten herab. »Ist das wirklich dein Ernst, was du da sagst?«
    Ja, sicher. Die Welt ist voller Rätsel voller Merkwürdigkeiten, über die wir Menschen nachdenken sollten. Überleg doch mal. Sicher kennst du jemanden, der lebt, obwohl er eigentlich tot sein müßte.
    Es kann sein, daß fünf Leute auf einem Grat entlangwandern und ein Blitz sie alle tötete, bis auf einen.
    Jahre später ist dieser eine Überlebende bei einer Überschwemmung oder einem Erdrutsch dabei und bringt einen anderen Menschen in Sicherheit. Und dieser Mensch, der ihm sein Leben zu verdanken hat, wächst heran und wird ein mächtiger Heiler, der wiederum vielen Menschen das Leben rettet. Das Schicksal geht seltsame Wege, das will ich damit sagen.«
    Sie trat näher an ihn heran. Ihre verzerrte Miene wirkte beängstigend. »Mein Volk, der Weißlehm-Stamm, ist ausgerottet worden.«
    Mit offenem Mund starrte er sie an. »Aber du … sprichst meine Sprache. Ich dachte, das Sonnenvolk redet so komisch.«
    Ihr harter Blick schien ihn durchbohren zu wollen. »Ich weiß nicht mehr, was Wirklichkeit ist und was Traum. Ich…«
    Er lächelte verständnisvoll. »Schon gut. Denk mit vollem Magen darüber nach. Wenn du gegessen hast, kannst du gehen. Ich esse nur einen Fisch. Was übrigbleibt, kannst du mitnehmen.«
    Ihr blieb der Mund offenstehen. »Du… du redest ohne jede Vernunft! Wirst du denn gar nicht wütend, wenn ich deine Kleider nehme und verschwinde? Was empfindest du? Für mich, meine ich. Du müßtest… entsetzlich zornig auf mich sein!«
    In einer friedlichen Gebärde hob er die Hand. »Es tut mir weh. Dein Verhalten macht mich traurig.
    Aber ich glaube, ich verstehe dich. Der Mann, der dir vor mir über den Weg gelaufen ist, hat dich vergewaltigt und geschlagen. Vermutlich würde ich an deiner Stelle auch die Kleider von irgend jemand stehlen. Wie ich dir schon sagte, das Leben ist voller Rätsel, über die wir Menschen…«
    »Rätsel! Hier geht es ums Überleben! Und du überläßt mir deine Fische?«
    Er zeigte hinunter zum Fluß. »Dort gibt es jede Menge Fische. Das nächste Mal knüpfe ich ein besseres Netz und fange ganz viele.«
    Sie schüttelte den Kopf, langsam ließ sie sich auf den Felsen sinken. »Was bist du bloß für ein Mann?«
    Kranker Bauch holte tief Luft. »Ich bin, wie ich bin. Ein anderer Mann kann ich nicht sein.«
    Sie starrte auf ihren einen nackten Fuß hinunter. »Ich verabscheue rohen Fisch.«
    Er deutete hinauf ins Hochland. »Du könntest ein paar Feuerstöcke anfertigen. Da oben stehen Wildkirschenbäume. Du brauchst etwas, um Holz zu schneiden. Im Fluß habe ich Quarzitsteine gesehen. Du kannst dir einen holen und… Was ist los? Ist dir schlecht?«
    Sie wandte ihr aschfahles Gesicht ab. An den gestrafften Muskeln ihrer Schultern erkannte er, daß sie die Fäuste ballte. Sie hielt ihr Gesicht der Sonne entgegen, die Flut ihrer schwarzen Haare fing das Licht ein.
    »Warum machst du das nicht selbst?« fragte sie ruhig.
    »Du hast einen meiner Mokassins an und meine Kleider.« Nach einigem Zögern fügte er unsicher hinzu: »Vielleicht willst du dich davonmachen. Du hast die Wahl. Wenn du glaubst, du mußt die Gelegenheit beim Schopf packen, dann geh.«
    Sie fuhr herum, ihre schönen Augen funkelten ihn an. »Ich schneide Wildkirschenäste.« Sie schluckte vernehmlich. »Und ich komme zurück. Ich … ich bin es dir schuldig.«
    Die Luft strich kühl über Windläufers Haut. Nackt, die Zehen im Boden festgekrallt, stand er da. Die Angehörigen des Schwarzspitzen-Stammes umringten ihn. Dichtgedrängt, Schulter an Schulter, warteten sie auf den Beginn des großen Ereignisses. Die Jungen trugen Kleidung aus edel verarbeiteten Häuten, die Alten hatten sich

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