Voyager 008 - Cybersong
fühlte er sich elend. Das Studium beanspruchte seine
volle Aufmerksamkeit, ließ für alles andere keinen Platz.
Er glaubte, diszipliniert zu sein, als er die Akademie erreichte, doch schon bald stellte er fest, sich getäuscht zu haben. Er lernte eine neue Disziplin des Geistes kennen, die Fähigkeit, noch
mehr zu leisten, härter zu arbeiten und mit weniger Schlaf
auszukommen.
Doch das Gefühl, vom Universum der Geister getrennt zu sein,
war schrecklich gewesen. Er hatte den Eindruck gewonnen, daß
eine unsichtbare Barriere zwischen ihm und den anderen
Kadetten existierte, ihn daran hinderte, ihre Seelen zu berühren.
An der Akademie gab es weder Tiere noch etwas anderes aus
der natürlichen Welt, die er so sehr liebte. Deshalb fühlte er sich auf eine schier unerträgliche Weise einsam.
Dies ist nicht der geeignete Zeitpunkt, um sich an jene Dinge zu erinnern, dachte Chakotay plötzlich. Sie gehörten zur Vergangenheit. Er trug Verantwortung, mußte Pflichten
wahrnehmen… Doch trotz aller Disziplin zerfaserten seine
Gedanken, fast so, als hätte ihm jemand eine Droge verabreicht.
Der Erste Offizier schloß die Hände fest um die Armlehnen
des Kommandosessels und rief sich innerlich zur Ordnung. Er
versuchte, sich auf die vertrauten Konturen und Geräusche der
Brücke zu konzentrieren, auf die Sterne im zentralen
Projektionsfeld, auf die leisen Schritte der Brückenoffiziere, das beruhigende Summen und Piepen der Konsolen. Doch Chakotay
fühlte sich getrennt von den anderen Anwesenden, selbst von
jenen Personen, die er seit Jahren kannte und für gute Freunde
hielt.
Er sah, wie sich Paris über die Navigationskontrollen beugte.
Fähnrich Mkubata saß an Harry Kims Station – Kim befand sich
derzeit in einer Besprechung mit Captain Janeway und half ihr
mit seinem Wissen. Chakotay erinnerte sich an die letzte Partie
Poolbillard, die er mit Harry auf dem Holodeck gespielt hatte, in der von Paris programmierten Simulation einer französischen
Bar. Als er jetzt daran dachte, entsann er sich sogar an den
Geschmack des Brandys und spürte glattes Queue-Holz.
Es nützte nichts. Das Gefühl der Einsamkeit blieb, verdichtete
sich sogar.
Er versuchte, dem Empfinden auf den Grund zu gehen, und
dabei machte er eine überraschende Entdeckung.
An der Akademie war er überhaupt nicht einsam gewesen.
Chakotay entsann sich nun an das Lacrosse-Team, an seine
Stubengenossen Gregor Marchenko und Tony Long. Doch
Gregor war bei einer Rettungsmission im Bereich der
andorianischen Kolonien ums Leben gekommen… Und mit
diesem Gedanken kehrte die Einsamkeit zurück, senkte sich
noch schwerer auf Chakotay herab.
Er entschied, ihr keine Beachtung mehr zu schenken, sich ganz
und gar auf die Arbeit zu besinnen. Das war ihm auch früher
gelungen.
Allerdings… Er hatte sich noch nie zuvor so einsam gefühlt.
5
»Sabotage?« Aus einem Reflex heraus drehte B’Elanna Torres
den Kopf von einer Seite zur anderen, hielt nach einem Feind
Ausschau. Doch sie sah nur die anderen Offiziere im
Bereitschaftsraum des Captains. Harry Kim saß links von ihr
und verglich das Diagramm auf ihrem Monitor mit dem auf
seinem.
»Aus den Aufzeichnungen geht eindeutig hervor, daß das
System die richtigen Instruktionen erhielt«, sagte Tuvok. »Wir
können also nicht vermuten, daß jemandem auf der Brücke oder
im Maschinenraum ein Fehler unterlaufen ist.« Ebensowenig
kam jene Art von Zwischenfall in Frage, an den sie sich alle viel zu gut erinnerten: Der Vulkanier war dabei von einem fremden
Wesen übernommen worden. Janeway und die anderen
verzichteten taktvoll auf einen entsprechenden Hinweis.
»Wenn die Aufzeichnungen korrekt sind, gibt es umfassende
Fehlfunktionen im Computersystem«, fügte Tuvok hinzu.
»Ich habe ein Diagnoseprogramm der Stufe drei gestartet«,
sagte Torres. »Es dauert zwei Stunden, bis wir Resultate
bekommen, aber wenigstens wissen wir dann, ob es am
Computer liegt.«
»Die Ergebnisse liegen in zwei Komma fünf neun Stunden
vor, um ganz genau zu sein«, betonte Tuvok. »Wenn der
Computer einwandfrei funktioniert, sind entweder
Verbindungen unterbrochen worden, oder jemand hat die
Aufzeichnungen manipuliert. Das sind die beiden einzigen
logischen Erklärungen.«
»Könnte es einen Zusammenhang mit dem Tachyonenfeld
geben?« fragte Harry Kim unschuldig. »Wäre es möglich, daß es
dadurch in unseren internen Systemen zu Interferenzen
kommt?«
»So etwas sollte
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