Voyager 008 - Cybersong
den
Computer zu ärgern.
Janeway erinnerte sich in diesem Zusammenhang an einen
Führungskurs während ihrer Akademiezeit. Die zuständigen
Psychologen teilten den Kadetten dabei mit, sie sollten ihren
Ärger als eine Art Werkzeug nutzen, seine Energie in etwas
Produktives verwandeln.
Inzwischen sah Janeway die Sache anders. Es hatte nur dann
einen Sinn, diesen Rat zu beherzigen, wenn man es mit
planetaren Problemen zu tun bekam. Oft genügten harte Arbeit
und Entschlossenheit, um sie zu lösen. Aber jene Psychologen
hatten sich nie auf der anderen Seite der Galaxis befunden,
waren nie für Besatzungsmitglieder verantwortlich gewesen, die
von ihren Familien, Freunden und allem Vertrauten getrennt
waren.
»Zu den übermittelten Daten gehören Zielkoordinaten«,
verkündete der Computer. »Die Voyager wird angewiesen, mit Warp drei in Richtung null Komma sieben drei Vektor sechs zu
fliegen.«
»Jemand ruft uns zu den Wracks dort draußen«, sagte Paris.
»Computer, gibt es weitere Informationen?« fragte Janeway.
»Zusätzliche Daten stehen nicht zur Verfügung«, lautete die
Antwort.
»Dann müssen wir davon ausgehen, daß wir nur Zeit
vergeuden, wenn wir dem Ruf folgen«, meinte Janeway. Zeit
und wertvolle Ressourcen, fügte sie hinzu, ohne diesen
Gedanken laut auszusprechen. »Mr. Paris, schenken Sie den
übermittelten Koordinaten keine Beachtung und bleiben Sie auf
Kurs.« Sie klopfte auf ihren Insignienkommunikator. »Mr.
Neelix, bitte kommen Sie in den Bereitschaftsraum.«
Dann stand sie auf und verließ die Brücke.
Als Neelix den Bereitschaftsraum betrat, blickte Janeway auf
eine Bestandsliste. Sie schaltete das Display nicht aus, begrüßte den Talaxianer mit einem knappen Nicken. Wie üblich trug er
kunterbunte Kleidung, die gar nicht zu den ruhigen Farben der
Umgebung paßte. Er nahm in einem der mit hohen
Rückenlehnen ausgestatteten Sesseln Platz und wartete, bis ihn
die Kommandantin ansprach.
»Mr. Neelix, ich möchte Sie etwas in bezug auf den
Raumsektor fragen, durch den wir derzeit fliegen. Aber vorher
sollten Sie sich diese Liste ansehen. Heute morgen fand eine
routinemäßige Bestandsprüfung statt; danach haben wir nur
noch die Hälfte des grolianischen Mehls. Auch die
Ananasvorräte sind schneller als vorgesehen geschrumpft. Nach
den Schätzungen des letzten Monats sollten uns bei Erreichen
dieses Raumgebiets noch siebzig Prozent der jeweiligen
Gesamtmenge zur Verfügung stehen.«
Neelix warf einen kurzen Blick auf die Zahlen und schüttelte
den Kopf. »Seltsam, Captain. Ich bin sicher gewesen, daß wir
mehr Vorräte hatten.«
»Haben Sie einen Teil unseres Proviants an einem Ort
untergebracht, wo ihn der Verpflegungsoffizier nicht findet?«
fragte Janeway. »Zum Beispiel in Ihrer Kombüse oder einer
privaten Vorratskammer?«
Der Talaxianer schüttelte erneut den Kopf. »Nein, Captain.
Ein Teil des Mehls hat Schimmel angesetzt, und daraufhin
brachte ich es in einem Gefrierfach unter. Die entsprechenden
Beutel habe ich in den Recycler gegeben. Nun, bei niedrigen
Temperaturen sterben die Schimmelpilze ab; wir brauchen also
nicht zu befürchten, das Mehl zu verlieren.«
»Und die Ananas?« erkundigte sich Janeway. Sie wollte erst
dann Stellung beziehen, wenn sie einen kompletten Bericht
hatte.
»Oh, die habe ich verwendet.« Neelix rieb sich die Hände.
»Für den Kuchen in der letzten Woche. Er hat allen gut
geschmeckt. Tagelang wurde darüber gesprochen. Gestern hat
mich Kim gefragt, ob ich so etwas noch einmal backen könnte.«
Die Kommandantin richtete einen kühlen Blick auf den Koch.
»Die Ananas zeichnete sich durch besonders lange Haltbarkeit
aus. Diesen Aspekt haben Sie mir gegenüber extra betont. Wir
können uns nicht den Luxus von Desserts leisten, für die wir
Vorräte verbrauchen, die wir später vielleicht dringend
benötigen. Was das Mehl betrifft… Sie hätten den
Verpflegungsoffizier oder mich sofort verständigen sollen. Auf
der Grundlage von falschen Informationen kann ich nicht die
richtigen Entscheidungen treffen.«
Neelix stand auf und straffte die nicht sehr eindrucksvolle
Gestalt. »Captain, als Moraloffizier dieses Schiffes bin ich der Ansicht, daß Desserts sehr wichtig für die tägliche Ernährung
und auch die allgemeine Atmosphäre an Bord sind. Ich bringe
nicht ständig extravagante Mahlzeiten auf den Tisch, aber nach
einem traumatischen Erlebnis braucht die Crew ein wenig
Aufmunterung.
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