Voyager 008 - Cybersong
Offizier.
Fähnrich Mandel reagierte mit Verblüffung. »Ich dachte, Sie
brauchen mich aufgrund meiner Kenntnisse als
Programmiererin«, sagte sie. »Jetzt verlangen Sie von mir, alles stehen und liegen zu lassen, mich einer ganz neuen Sache
zuzuwenden – obwohl die begonnenen Analysen zu einem
konkreten Ergebnis führen könnten.«
»Konkrete Ergebnisse erwarte ich von Ihnen auch in Hinsicht
auf die neue Aufgabe«, betonte B’Elanna Torres. »Die
Anweisung stammt direkt vom Ersten Offizier. Beschweren Sie
sich bei ihm, wenn Ihnen die Order nicht gefällt.«
»Er weiß doch gar nicht, was es mit dem Programmcode auf
sich hat«, wandte Mandel ein. »Woher sollten irgendwelche
fremden Wesen wissen, wie unser Computer funktioniert? Mit
einem ohne Primärkontakte übermittelten Datenpaket kann es
ihnen unmöglich gelungen sein, Reprogrammierungen auf dem
Niveau des Betriebssystems beziehungsweise der
Basisprogramme vorzunehmen.«
»Beschweren Sie sich bei Commander Chakotay, wenn Ihnen
die Anweisung nicht gefällt«, wiederholte B’Elanna und ging
fort. Mandel sah ihr nach und schüttelte fassungslos den Kopf.
Daphne Mandels Blick kehrte zu dem Monitor zurück. Das
Projektionsfeld zeigte jenen Programmcode, der seit dem
Transfer der Voyager in den Delta-Quadranten geändert worden war. Sie hatte bereits damit begonnen, Ordnung in das
Durcheinander zu bringen, mit dem Resultat, daß hier ein wenig
Energie gespart werden und dort ein Verarbeitungsprozeß
schneller ablaufen konnte. Die geleistete Arbeit erfüllte sie mit großer Zufriedenheit. Sie machte Spaß, wenn auch nicht in dem
Maße wie die Kartographierung unbekannter Raumgebiete.
Außerdem fühlte sich Mandel nun als Teil des Schiffes. Die
Basisprogramme – und damit die elementare Struktur der
Voyager – enthielten jetzt einen Teil ihrer Persönlichkeit.
Sie wußte, daß die neue Aufgabe wahrscheinlich nur wenig
Zeit in Anspruch nahm. Doch bei ihrer bisherigen Tätigkeit
hatte sie gute Fortschritte erzielt, und die Untersuchung des
fremden Datenpakets hielt sie für Zeitverschwendung.
Wahrscheinlich stellte sich folgendes heraus: Das Problem war
nicht von den übermittelten Daten verursacht worden, sondern
von Signalstärke und -frequenz. Dadurch mochte irgendeine
Subroutine durcheinandergeraten sein, was sich wiederum auf
den Datenbus auswirkte. Ja, bestimmt ergab sich irgend etwas
Langweiliges, das Mandel letztendlich daran hinderte, die
gepatchten Programmbereiche mit effizienter Eleganz
auszustatten.
Andererseits handelte es sich um einen direkten Befehl, und es
kam Insubordination gleich, ihn zu mißachten, auch wenn die
Anweisungen falsch waren. Daphne Mandel zeichnete sich nicht
durch ein rebellisches Wesen aus. Sie legte großen Wert auf
Ordnung und fand angenehme Sicherheit in der allgemeinen
Kommandohierarchie. Manchmal mußte sie Unangenehmes
hinnehmen, weil es die Autorität über ihr so wollte. Daran
glaubte sie fest: an die Notwendigkeit von Befehl und
Gehorsam.
Langsam streckte sie die Hand aus, um die
Bildschirmdarstellung zu löschen. Anschließend öffnete sie die
elektronischen Logbücher des betreffenden Zeitraums. Kurz
darauf erschienen wirre Zeichen im Projektionsfeld.
Doch für Daphne Mandel blieben sie nicht völlig
unverständlich. Schon nach kurzer Zeit erkannte sie Strukturen
in dem Chaos, Bedeutungsspuren, die erste Hinweise boten. Als
Vergleichsgrundlage verwendete sie Aufzeichnungen aus dem
Zeitraum vor dem Empfang des Datenpakets, um zwischen den
ursprünglichen
Voyager -Programmen und den neuen
Komponenten zu unterscheiden.
Sie las den Code nicht Zeile für Zeile, wurde statt dessen
passiv und nahm alles in sich auf, versuchte auf diese Weise, einen allgemeinen Eindruck zu gewinnen. Mandel begann
damit, in Maschinensprache zu denken, ohne irgendein
Zwischenstadium, in dem eine Übersetzung erfolgte.
Ihre Konzentration wurde so tief, daß sie einer Trance
gleichkam. Es existierten nur noch Bytes und
Datenbewegungen. Daphne Mandel erkannte Biopaket-
Komponenten, die vier anstatt von zwei möglichen
Speicherplätzen für Daten aufwiesen. Eine parallele Architektur
lag allem zugrunde. Vor ihrem inneren Auge entstand eine Art
Karte: Sie sah das innere Universum des Computers aus einer
ähnlichen Perspektive wie die Sterne bei der Kartographierung.
Sie konnte es nicht erklären. Es war wie ein Traum: Sie spürte alles, bekam ein Gefühl dafür, was sich wo
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