Voyager 008 - Cybersong
Sicherheitsoffizier wußte nicht, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war.
Er nahm sich nicht die Zeit, genauer darüber nachzudenken.
Es kam nur darauf an, daß der Fähnrich seine Anweisungen
ausführte. Viel wichtigere Dinge erforderten Tuvoks
Aufmerksamkeit.
Daphne Mandels Reaktion auf sein Angebot, ihr zu helfen,
bewies ganz klar, daß sie kein Vertrauen verdiente. Zumindest
nicht unter den gegenwärtigen Umständen.
Kurze Zeit später verließ Tuvok das Sicherheitsbüro, um den
Ersten Offizier von seiner Maßnahme zu unterrichten.
Daphne Mandel wußte nicht, daß sie in ihrem eigenen Quartier
unter Arrest stand. Und selbst wenn sie es gewußt hätte: Es
kümmerte sie kaum. Vielleicht wäre sie sogar erfreut darüber
gewesen, denn immerhin bedeutete es, daß niemand sie stören
würde. Genau aus diesem Grund hatte sie den Maschinenraum
verlassen.
Sie empfand es als herrlich, mit ihrer Arbeit allein zu sein,
noch dazu in einer vertrauten Umgebung. Hier gab es einen
großen, bequemen Sessel mit weichen Kissen und einer leichten
Wolldecke, die sie sich gern um die Schultern legte. Hier
lenkten sie keine anderen Personen ab.
»Computer, transferiere die Daten der Konsole E-51 zu diesem
Terminal«, sagte Mandel. Niemand außer ihr selbst hörte die
Zufriedenheit in ihrer Stimme und sah, wie sie es sich im Sessel gemütlich machte.
Jetzt bekam sie endlich Gelegenheit, etwas zu leisten,
Ergebnisse zu erzielen.
Der Computer transferierte die Daten, ohne daß sich dabei die
geringsten Probleme ergaben. Allein dieser Umstand bot einen
interessanten Hinweis. Entweder beschränkten sich die
Fehlfunktionen auf ein einzelnes Problem, oder das
Computersystem hielt die Anfrage für zulässig und
ungefährlich.
Daphne dachte an den Kern des Computers, an sein Zentrum.
Als sie seine Innenwelt gesehen hatte, war etwas in ihr
entstanden. Keine Theorie – nein, der Ausdruck ›Theorie‹ ging
zu weit. Es handelte sich eher um eine Ahnung, um ein vages
Bild, das ihr den Computer als eine Art Persönlichkeit zeigte.
Um einen Eindruck von anderen Personen zu gewinnen, von
Individuen, die möglicherweise aus einer anderen Spezies
stammten, verarbeitete das Bewußtsein eine große Anzahl von
Details, die als Grundlage für eine einzelne Reaktion dienten.
Als Kadett hatte Mandel dieser Angelegenheit mehr als nur
flüchtiges Interesse entgegengebracht. Sie war sogar fasziniert
gewesen, als Dr. Vhanqz und seine Gruppe erste Hochleistungs-
Biocomputer konstruierten. Jahrelang hatten er und die anderen
Spezialisten untersucht, wie das Gehirn Informationen
verarbeitete und welche Folgen sich daraus für Persönlichkeit
und Reaktionsmuster ergaben. Mandel wußte, daß sie im
Verlauf ihrer Kindheit und Jugend gelernt hatte,
Erscheinungsbild, Körpersprache, Tonfall und
Pupillenerweiterung zu beobachten, um sich auf dieser
Grundlage eine Meinung zu bilden.
Dem Computer standen solche Mittel nicht zur Verfügung.
Ihm fehlte die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen wie Dieses Gesicht ist nicht vertrauenswürdig und Diese Person würde ich gern näher kennenlernen. Solche Erkenntnisse wurzelten nach Dr. Vhanqz in der gleichzeitigen Verarbeitung vieler hundert
subtiler Hinweise.
Die Parallelität der Informationen half bei der
Entscheidungsfindung. Den ersten Biocomputer stattete Dr.
Vhanqz mit besonderen Erkennungskomponenten aus, die das
parallele Übertragen entsprechender Daten ermöglichte. Jener
Apparat war der Prototyp des Computers an Bord der Voyager.
Daphne Mandel wußte also, daß das Computersystem mit der
Fähigkeit des Beurteilens ausgestattet war – auch aus diesem
Grund hatte sie die gepatchten Stellen untersuchen wollen.
Die Crew des Schiffes war an den Umgang mit Computern
gewöhnt, die ihre Daten nur verarbeiteten, nicht aber
interpretieren konnten. Die den Notwendigkeiten des
Augenblicks gerecht werdenden Veränderungen am
Programmcode des Betriebssystems hielt man vermutlich für
peripher. Man übersah dabei den wichtigen Umstand, daß der
Voyager -Computer daraus Schlüsse ziehen konnte.
Mandels Ansicht nach wußte der Computer des Schiffes, daß
mit der Voyager etwas nicht stimmte. Vermutlich war ihm klar, daß sich ein Problem ergeben hatte, und er versuchte, es zu
lösen, den Fehler zu beseitigen. Die Frage nach dem Wie konnte
Daphne Mandel nicht beantworten, und ähnlich rätselhaft
erschien es ihr, daß sie ausgerechnet hier Halt gemacht
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