Voyager 012 - Der Garten
Auf einem zeigten sich Gebilde, die an antiquierte
Radioantennen erinnerten. Ein anderer glitzerte so, als
bestünden seine Außenflächen aus Eis oder Glas. Ein dritter trug
ein zwiebelförmiges, golden schimmerndes Etwas, das vage
vertraut wirkte. Dutzende von Nebengebäuden reichten von der
Mitte des Sechsecks nach außen. Ihr Muster sah aus wie ein
schiefes Spinnennetz oder wie eine erste, noch unvollständige
Eisblume an einem Fenster. Die Schönheit des Bauwerks stand
der des vielfältigen pflanzlichen Lebens auf dem Planeten in
nichts nach. Es mußte von sehr begabten Baumeistern
geschaffen worden sein, von jenen Geschöpfen, die auch das
Verteidigungssystem im Orbit konstruiert hatten – und die auch
weiterhin verschwunden blieben.
Janeway schüttelte den Kopf, ließ das Bild auf dem kleinen
Schirm und wandte sich wieder dem Teller zu. Neelix hatte sich
tatsächlich große Mühe gegeben, eine Mahlzeit zu kreieren, die
einigermaßen schmeckte und nicht zuviel von den
problematischen Nahrungsmitteln verwendete. Ohne große
Begeisterung betrachtete sie das körnige Durcheinander und
fühlte sich an Tom Paris’ alles andere als enthusiastische
Beschreibung von Haferschrot erinnert. Aber die Substanz
enthielt Kohlenhydrate, und vor allem darauf kam es an.
Vorsichtig schob sich die Kommandantin den Löffel in den
Mund. Das Etwas war nicht annähernd so süß wie erwartet,
zeichnete sich durch einen allgemeinen Mangel an Aroma aus.
Janeway bedauerte das Fehlen von Gewürzen und griff nach
dem Vitaminzusatz, den ihr der Doktor aus seinen rasch
schrumpfenden Vorräten zur Verfügung gestellt hatte. Die
Flüssigkeit war gelbrot – ein vergeblicher Versuch,
Assoziationen an Orangensatt zu wecken. Sie schluckte das
Zeug rasch und zeigte ihren Abscheu ganz deutlich, indem sie
das Gesicht verzog – diese Freiheit konnte sie sich in ihrem
Quartier erlauben, ohne befürchten zu müssen, ein schlechtes
Beispiel zu geben. Anschließend ließ sie das Glas mit
besonderem Nachdruck im Sammelbehälter verschwinden.
Selbst wenn man berücksichtigte, daß der Doktor ein
Hologramm war, dem Geschmacksknospen fehlten und das
niemand für dauerhafte Kontakte mit der Crew programmiert hatte: Der Vitaminzusatz schmeckte einfach gräßlich. Janeway
spülte das bittere Aroma mit Wasser hinunter und nahm dann an
ihrem Schreibtisch Platz.
»Computer, benachrichtige die Führungsoffiziere: Ich erwarte
sie in…« Sie sah zum nächsten Chronometer. »… in fünfzehn
Minuten im Bereitschaftsraum.«
»Bestätigung«, erklang eine Sprachprozessorstimme, und
Janeway griff nach ihrem Datenblock. Sie blickte kurz in den
Spiegel neben der Tür, um sich zu vergewissern, daß sie so
gefaßt und selbstsicher aussah, wie es bei einem Starfleet-
Captain der Fall sein sollte. Sie durfte auf keinen Fall zulassen,
daß sich angesichts der derzeitigen Situation Besorgnis in ihrem
Äußeren zeigte.
Sie erreichte den Bereitschaftsraum wie geplant vor den
Offizieren und hatte gerade am oberen Ende des Tisches Platz
genommen, als Chakotay hereinkam. Sie nickte ihm zu, und er
antwortete mit einem kummervollen Lächeln.
»Bisher hat sich nichts Neues ergeben«, sagte er. »Entweder
befinden sich keine höher entwickelten Lebensformen auf dem
Planeten, oder die Kirse verbergen sich vor uns. Kim hat keinen
Kontakt herstellen können, und die Sensoren orten nur
Maschinen, denen offenbar nichts an Gesprächen mit uns liegt.«
»Was halten Sie davon?« fragte Janeway.
Der Erste Offizier zuckte mit den Schultern, nahm am Tisch
Platz und aktivierte sein Datendisplay. »Ich habe die
Möglichkeit bereits erwähnt: Vielleicht wurde das Volk der
Kirse ausgelöscht. Mir fällt keine andere Erklärung dafür ein,
daß unsere Präsenz ohne jede Reaktion bleibt. Wenn uns die
Bewohner des Planeten für Feinde halten… Nun, in dem Fall
sollten sie ihrem Verteidigungssystem vertrauen. Und wenn sie
keine Gefahr in uns sehen… Dann verstehe ich nicht, warum sie
unsere Kom-Signale ignorieren.« Er breitete die Arme aus.
»Andererseits gibt es nicht die geringsten Anzeichen von
Zerstörungen auf dem Planeten. Alles ist intakt, die Zitadelle
ebenso wie die Gärten.«
»Vielleicht gibt es eine andere Ursache für das Verschwinden
der Kirse«, sagte Janeway halbherzig. »Krankheit. Natürlicher
Bevölkerungsschwund. Vielleicht sogar ein Massenexodus.« Sie
berührte eine Schaltfläche, projizierte das Bild der
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