Voyager 019 - Tod eines Neutronensterns
Sie nickte stumm und versuchte,
noch konzentrierter zu arbeiten als vorher. Die Sache hatte nur
einen Haken: Je härter sie arbeitete, desto schneller schien die
Zeit zu vergehen.
Und das wünschte sie sich ganz und gar nicht.
Stille herrschte auf der Brücke, als Tyla sie betrat. Dr. Maalot
hatte die Krankenstation inzwischen verlassen, saß im
rückwärtigen Bereich des Kontrollraums an einer Konsole und
nahm irgendwelche Berechnungen vor. Sie wusste nicht, womit
er beschäftigt war, freute sich aber darüber, dass es ihm besser
ging.
Der Hauptschirm zeigte einen kleiner gewordenen binären
Neutronenstern – die Voyager setzte ihr sekundäres Triebwerk ein, um sich von ihm zu entfernen. Aber Tyla wusste: Auf diese
Weise konnten sie der Schockwelle nicht entkommen, die bei
der Explosion des Neutronensterns entstehen würde, von der
gefährlichen Gammastrahlung ganz zu schweigen.
»Ich habe die Kapazität der Schilde auf dreiundachtzig Prozent
erhöht«, meldete Fähnrich Kim.
Commander Chakotay nickte. »Gut.«
»Ah, Lieutenant Tyla«, sagte Dr. Maalot. Er drehte den Kopf
und lächelte. »Freut mich, Sie lebend wiederzusehen.«
»Die Freude ist ganz meinerseits«, erwiderte die Lekk.
»Wir erleben hier ein aufregendes Abenteuer, nicht wahr?«
Maalot lächelte auch weiterhin, als sei das, was sie bisher
durchgemacht hatten, eine Art Märchen.
»Ich schätze, man kann die Sache auch so sehen«, sagte Tyla.
»Woran arbeiten Sie?«
»An einer Idee, die uns vielleicht dabei hilft, die Explosion des sekundären Neutronensterns lebend zu überstehen.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Tyla.
Auch Commander Chakotay hörte die Worte des Lekk-
Wissenschaftlers. »Haben Sie eine Idee, Doktor?«, fragte er und
trat an Tylas Seite.
»Ich bin nicht sicher, ob es klappt.«
»Weniger als zwölf Minuten trennen uns von der
Vernichtung«, stellte der Erste Offizier fest. »Unter solchen
Umständen bin ich bereit, mir alles anzuhören.«
Diese Bereitschaft erstaunte Tyla. Dr. Maalot musste
Chakotay sehr beeindruckt haben.
»Nun, Sie wissen sicher, dass die Schockwelle der
bevorstehenden Explosion aus Gamma- und Röntgenstrahlen
besteht«, sagte Maalot. »Wenn wir nicht weit genug entfernt
sind, droht allen an Bord der Tod.«
Chakotay nickte.
»Es folgt eine zweite Stoßwelle, die aus Plasma besteht und
sich mit unglaublicher Geschwindigkeit ausbreitet. Aber sie
wird nicht so schnell sein wie die erste Welle, wenn Sie
verstehen, was ich meine.«
Chakotay nickte erneut. »Wenn wir das Bombardement aus
Gammastrahlen überstehen…«
»Aus Gamma- und Röntgenstrahlen«, korrigierte Dr. Maalot.
»… so bleibt uns Zeit bis zum Eintreffen der Plasmawelle.
Richtig?«
»Ja. Bei der gegenwärtigen Entfernung bekommen wir
dadurch zusätzliche zehn Minuten.«
»Aber wie überstehen wir die erste Welle?«, fragte Tyla. Sie
sah keine Möglichkeit.
»Am besten wäre es, ihr auszuweichen.«
»Das versuchen wir, Doktor«, erwiderte Chakotay und klang
jetzt ein wenig verärgert.
»Nein, ich meine, wir könnten hinter einem großen Asteroiden
oder einem kleinen Mond in Deckung gehen. Ein solcher
Himmelskörper würde uns vor dem größten Teil der
Schockwelle abschirmen und die Schilde der Voyager sollten in der Lage sein, mit dem Rest fertig zu werden. In diesem
Zusammenhang sind noch einige Berechnungen nötig.«
»Beginnen Sie sofort damit, Doktor«, sagte Chakotay. »Und
teilen Sie mir die Ergebnisse mit.«
Tyla wich zur Seite, um Dr. Maalot nicht zu stören.
»Tom, befindet sich ein Asteroid oder ein Mond in der
Nähe?«, fragte Chakotay und näherte sich dem Piloten.
»Ein großer Asteroid«, antwortete Paris. »Sieben Flugminuten
entfernt.«
»Uns bleiben genau neuneinhalb Minuten«, erwiderte
Chakotay. »Bringen Sie uns dort in Position. Und halten Sie sich
für einen eventuellen Warptransfer bereit. Vielleicht gelingt es
B’Elanna und den anderen, das Triebwerk rechtzeitig zu
reparieren.«
»Verstanden, Commander.«
Tyla beobachtete, wie Paris die Navigationskontrollen
bediente und das wundervolle Raumschiff namens Voyager so steuerte, als sei es eine Erweiterung seines Körpers. Sie
bewunderte sein Geschick.
Und beneidete ihn um seinen Posten.
Janeway wischte sich ein wenig Schweiß von der Stirn und sah
zum Chronometer an der Wand. Der von B’Elanna
programmierte Countdown zeigte noch fünf Minuten an.
Fünf kurze Minuten.
Ihnen blieb keine Wahl: Sie
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