Voyager 023 - Endspiel
daran.
Janeway hielt die Arme und Beine völlig still. Wenn
Klingonen ein Zucken sahen, glaubten sie vielleicht, einen
psychologischen Vorteil zu haben. Möglicherweise deuteten sie
Bewegung sogar als ein Zeichen von Anspannung. Es gab
verschiedene Möglichkeiten, Unbehagen zu interpretieren, und
jede einzelne mochte Janeway zum Nachteil gereichen. Sie
richtete ihren Blick auf Korath und konzentrierte ihr ganzes
Selbst auf ihn. Die beiden Wächter hätten genausogut leblose
Statuen sein können – sie schenkte ihnen überhaupt keine
Beachtung.
Ein großer Teil der Felswand erschimmerte plötzlich und
verschwand, erwies sich dadurch als holographische Projektion.
Ein spezieller Lagerraum kam zum Vorschein und darin stand
ein Tisch, auf dem der temporale Deflektor ruhte.
Bis vor kurzer Zeit hatte Janeway angenommen, dass die
angebliche Wissenschaft der temporalen Deflektion kaum mehr
wäre als ein Mythos, im Imperium ebenso wie in der Föderation.
Miral hatte gesagt, dass der Apparat funktionierte, aber junge,
idealistische Fähnriche konnten getäuscht werden. Sie wollten
an so viele Dinge glauben…
Wenn dieses Gerät wirklich bewerkstelligen konnte, was die
Gerüchte behaupteten – warum war sein Preis dann so gering
wie ein Sitz im Hohen Rat des Klingonischen Imperiums?
Andererseits… Individuelle Wertvorstellungen waren ebenso
unterschiedlich wie persönlicher Ehrgeiz. Manche Leute
wünschten sich nichts mehr, als ihre Schwiegermutter
loszuwerden. Korath wollte auf alle anderen Klingonen
hinabsehen, und zwar vom einzigen Gipfel, der ihm etwas
bedeutete.
Das Gehäuse des Deflektors erwies sich als überraschend
aerodynamisch – Kunst und Ästhetik spielten dabei eine größere
Rolle als eigentlich notwendig. Der stromlinienförmige Apparat
würde sich problemlos am Shuttle befestigen lassen. Janeway
stellte sich bereits vor, an welcher Stelle sie ihn montierte und
mit einer Energiequelle verband.
Sie holte ihren Tricorder hervor, aktivierte ihn und gab sich
dabei ganz lässig.
Janeway machte Gebrauch von ihrer eisernen
Selbstbeherrschung und schwieg, als sie das Gerät sondierte. Sie
verhielt sich wie ein wissenschaftlicher Offizier, der etwas
Interessantes untersuchte. Korath beobachtete sie und unternahm
nichts, um sie an der Analyse zu hindern. Wenn Janeway etwas
erklärt hätte, wäre er vielleicht misstrauisch geworden, und
deshalb blieb sie stumm. Bisher gab es in ihrem Verhalten keine
unerwarteten Aspekte, abgesehen vielleicht davon, dass sie sich
dem Apparat zu sehr näherte.
Noch sechs Schritte… fünf… Sie musste in Reichweite sein;
es durfte nicht den geringsten Fehlerspielraum geben.
Warum war Korath so dumm, sie ganz nahe an das Gerät
herantreten zu lassen? Nun, vielleicht hatten Schicksal und
Glück beschlossen, ihr einen Gefallen zu erweisen.
Korath kam näher und ließ Janeway nicht aus den Augen. Er
lauschte dem Piepen und Zirpen des Tricorders, schien sich zu
fragen, wann die Menge der ermittelten Informationen genügte.
In der einen Hand hielt er den cardassianischen Disruptor –
dieses Detail übersah Janeway nicht.
Sie selbst war unbewaffnet. Die Schilde der Festung hätten
nicht zugelassen, dass sie sich mit einem Phaser ins Innere der
Bastion beamte. Sie hatte nur den Tricorder und sein fröhliches
Zirpen.
Derzeit genügte ihr das. Sie sah zu Korath. »Es scheint alles in
Ordnung zu sein.«
Sie klopfte kurz aufs mittlere Segment des Deflektors,
hinterließ dabei einen kleinen magnetischen Transferverstärker.
Ein Finger der anderen Hand berührte eine Schaltfläche des
Tricorders, wodurch ein zuvor programmierter Code gesendet
wurde.
Janeway hielt den Atem an, als es in der Luft um sie herum zu
surren begann.
Sie und der temporale Deflektor begannen zu
entmaterialisieren.
»Haltet sie auf!«, hallte Koraths Ruf durch die Höhlen. Er hob
den Disruptor.
Die beiden klingonischen Wächter zückten ihre Waffen und
feuerten.
Janeway krümmte die Schultern, als sie die Hitze von
Strahlblitzen spürte. Sie wusste nicht, ob der Transfer schnell
genug stattfand, um sie davor zu bewahren, von den
Energiestrahlen getroffen zu werden.
Was Korath betraf: Sie hatte den vereinbarten Preis für den
Deflektor längst bezahlt.
6
»Computer, Panzerung aktivieren.« Janeway gab diese
Anweisung, noch bevor sie ganz rematerialisiert war. Energie
durchströmte das kleine Raumschiff, und ein seltsames
Pockpockpock erklang
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