Voyager 023 - Endspiel
Eigentlich unternahm sie nur einen Flug mit
ihrem privaten Shuttle. Niemand sonst wusste von Korath und
jene Angelegenheit fiel ohnehin nicht in den
Zuständigkeitsbereich der Föderation. Wollte Kim sie verhaften,
weil sie den geplanten Unterricht an der Akademie ausfallen
ließ?
Zwar war auch Harry Kim älter geworden, aber er zeichnete
sich noch immer durch eine gewisse Jungenhaftigkeit aus. Ihm
gefiel nicht, auf welche Weise er hier aktiv werden musste –
Janeway sah es in seinen Augen, erkannte es in seinem Zögern.
»Reg hat dem Doktor alles gesagt«, meinte er. »Und der
Doktor hat es mir erzählt.«
»Man sollte meinen, dass ich nach all den Jahren ihre Loyalität
verdient habe«, klagte Janeway nicht ohne ein Körnchen
Wahrheit.
»Sie sind ihnen zu wichtig, um Sie gewähren zu lassen. Und
das gilt auch für mich.«
Janeway hob die Hand, bevor Kim einem seiner
Brückenoffiziere den direkten Befehl geben konnte, sie an Bord
zu beamen. »Unter einer Bedingung: Sie geben mir Gelegenheit,
Ihnen alles zu erklären.«
»Einverstanden. Bereiten Sie sich auf den Transfer vor.«
Janeway hatte Harrys – Captain Kims – Bereitschaftsraum
gerade erst betreten, als er begann: »Chronexalin? Ein
klingonischer temporaler Deflektor? Miral Paris im stellaren
Territorium der Klingonen, von Ihnen beauftragt… Chakotays
Bestattung, das zehnte Treffen… Admiral, man braucht kein
Genie zu sein, um zu erkennen, was Sie vorhaben. Sie ahnen
nicht, welche Konsequenzen sich daraus ergeben könnten!«
»Ich weiß, wie die Konsequenzen aussehen, wenn wir nichts
unternehmen«, erwiderte Janeway. »Und Sie ebenfalls.« In
plötzlicher Erregung beugte sie sich vor. »Ich habe die
Möglichkeit, das alles zu ändern!«
»Wenn Starfleet Command wüsste, was Sie planen…«, sagte
Kim.
Janeway nahm sich einige Sekunden, um den Blick durch
Kims Bereitschaftsraum schweifen zu lassen. Ein Kal-Toh-
Spiel, einige Fotos und ein recht mitgenommen wirkender
Hockey-Schläger wiesen darauf hin, dass Harry jetzt zwar den
Rang eines Captains bekleidete, aber teilweise noch immer der
junge Mann war, den Janeway vor vielen Jahren kennen gelernt
hatte. »Sie haben Starfleet Command keinen Bericht
übermittelt?«
»Der Doktor und ich hielten es für besser, wenn die Sache in
der Familie bleibt.«
Janeway verstand Kims Problem. Als Starfleet-Captain hatte
er geschworen, keine Anweisungen mehr von seinem früheren
Captain entgegenzunehmen und auch nicht ausschließlich das
Wohlergehen der vergangenen oder aktuellen Schiffskameraden
im Auge zu haben. Er musste vielmehr das Wohl der ganzen
Föderation berücksichtigen. Er sollte nicht daran denken, wie
nachteilig sich die Vergangenheit auf die Gegenwart ausgewirkt
hatte. Seine Aufgabe bestand vielmehr darin, die Gegenwart zu
verteidigen.
Was Janeway plante, war äußerst riskant. Alle Starfleet-
Angehörigen wussten, wie gefährlich solche experimentellen
Missionen sein konnten. Aber man hatte die eine oder andere
durchgeführt, mit Erfolg, wenn man den Aufzeichnungen von
Helden und Träumern glauben durfte…
»Was ist mit Ihrer Crew?«, fragte sie. Immerhin hatte Kim
jetzt eine neue »Familie«.
»Ich habe behauptet, Sie zur medizinischen Abteilung von
Starfleet bringen zu müssen, weil Sie an einer seltenen
Krankheit leiden.«
Janeway lächelte. »Hoffentlich ist sie nicht tödlich.«
»Nein«, sagte Kim. »Aber sie wirkt sich negativ auf das
Urteilsvermögen aus.«
»Ich weiß, was ich tue, Harry.«
»Wirklich? Können Sie mit absoluter Gewissheit sagen, dass
es funktionieren wird? Wenn nicht, wäre die Sache viel zu
riskant. Ganz abgesehen davon, dass sie gegen alle Vorschriften
und Regeln verstößt.«
Nun, das war ein obligatorischer Hinweis, der ganz
automatisch erfolgte – eine Mahnung, die einem der ältesten
Klischees entsprach. Diesen Punkt konnten sie wenigstens
abhaken. Das Risiko war nie ein Problem gewesen. So etwas
hatten sie während der langen Reise an jedem zweiten Tag zum
Frühstück, Mittag- und Abendessen verspeist. Kein ehemaliges
Besatzungsmitglied der Voyager ließ sich von einem Risiko abschrecken. Warum kam Kim ausgerechnet darauf zu
sprechen?
Janeway stellte fest, dass sie lächelte. Harry bemerkte es und
wurde unruhiger.
»Was ist?«, fragte er.
»Oh, ich… habe mich gerade an einen jungen Fähnrich
erinnert. Er wollte in einen Nebel fliegen, in dem es von Borg
wimmelte, nur um herauszufinden,
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