Voyager 023 - Endspiel
Mutmaßungen
angewiesen, auf reinen Instinkt.
»Wieder eine Tritanium-Signatur!«, rief Kim. »Direkt über
uns!«
Captain Janeway öffnete den Mund, um den Piloten
anzuweisen, erneut den Kurs zu ändern. Doch dazu kam sie
nicht. Plötzlich donnerte es und die Vibrationen wiederholten
sich, zehnmal stärker als vorher!
Auf dem Hauptschirm teilten sich die glühenden Schlieren und
in aller Deutlichkeit war ein riesiger Borg-Würfel zu sehen, der
sich dem Föderationsschiff mit Kollisionskurs näherte!
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»Tom!«
Es blieb Janeway nicht einmal genug Zeit, eine Richtung für
ein Ausweichmanöver zu wählen. Sie rief nur den Namen des
Piloten und dabei verlor sich ihre Stimme im Dröhnen der
Vibrationen und einem Aufheulen des Triebwerks. Die Voyager
drehte ab – ein guter Pilot wartete im Notfall nicht auf eine
ausdrückliche Anweisung des Captains.
Das Schiff kippte nach steuerbord und entging um
Haaresbreite einer Kante des gewaltigen Würfels. Borg! Was
führte sie hierher? Und warum war den Sensoren der Voyager
keine rechtzeitige Identifizierung möglich gewesen?
»Bringen Sie uns fort von hier!«, rief Janeway, als sie wieder
atmen konnte.
Aber Paris hatte längst reagiert und zwang die Voyager zu einem halsbrecherischen Sturzflug, der sie unter den Borg-Würfel brachte und dem Rand des Nebels entgegen. Wenige
Sekunden später schlossen sich die glühenden Schwaden wieder
und trennten die beiden so unterschiedlichen Schiffe
voneinander.
Eine grafische Darstellung der von den Sensoren ermittelten
Daten zeigte, dass der Borg-Würfel im Gegensatz zur Voyager
praktisch in einer geraden Linie flog.
»Volle Impulskraft!«
»Zwei Drittel Impuls«, meldete Paris mit rauer Stimme.
»Volle Impulskraft.«
Alle Herzen pochten. Das Hämmern schien im Innern von
Janeways Kopf widerzuhallen. Sie biss die Zähne zusammen
und schloss ihre Hände noch fester ums Geländer. Fünf
Sekunden… zehn… Und endlich ließen sie den Nebel hinter
sich zurück.
»Hecksicht«, sagte Chakotay. Daraufhin zeigte der
Hauptschirm nicht mehr das All vor der Voyager, sondern die brodelnden Gasmassen, von denen sie sich entfernte.
»Tom, Vektor eins acht.«
»Eins acht…«
Das Schiff wandte sich nach backbord. Paris wusste natürlich,
worum es Janeway ging – rein zufällige Kurswechsel sollten
dafür sorgen, dass sich ihre Spur schwerer verfolgen ließ. Jedes
Schiff hinterließ eine Emissionsspur, und das konnte sich jetzt
als ein Problem erweisen. Vielleicht mussten sie das
Impulstriebwerk deaktivieren und die Voyager eine Zeit lang antriebslos durchs All treiben lassen. Doch auch damit waren
Gefahren verbunden. Die Reaktivierung des Triebwerks nahm
eine gewisse Zeit in Anspruch und vielleicht erforderten die
Umstände eine möglichst schnelle Flucht.
»Werden wir verfolgt?«, fragte Janeway leise. »Haben uns die
Borg bemerkt?«
Einige Sekunden lang antwortete niemand. Die Sensoren
zeigten nichts an, aber das musste nicht viel heißen. So groß die
Borg-Würfel auch waren – sie konnten erstaunlich verstohlen
sein und praktisch von einem Augenblick zum anderen
erscheinen.
Tuvok wagte als erster eine Schlussfolgerung. »Es gibt keine
Anzeichen dafür, dass uns der Würfel entdeckte.«
Keine Anzeichen. Das bedeutete überhaupt nichts. So etwas
bot keine Garantie für Sicherheit.
»Wo ist er jetzt?«, fragte Chakotay.
Janeway öffnete einen internen Kom-Kanal. »Astrometrisches
Labor, können Sie die Position des Borg-Würfels feststellen?
Seven?«
»Ja, Captain«, kam es aus dem Lautsprecher. »Ich habe
während des Vorbeiflugs seinen Kurs berechnet. Er ist jetzt drei
Lichtjahre entfernt.«
»Wie kann er uns nicht geortet haben?«, fragte Paris. »Wir kamen bis auf zehn Meter an den Würfel heran!«
»Die Borg wären sicher nicht wissentlich das Risiko einer
Kollision eingegangen«, sagte Tuvok. »Die Strahlung muss ihre
Sensoren ebenso gestört haben wie unsere.«
Harry Kim wandte sich an Janeway. »Wenn uns die Borg nicht
orten können, sollten wir in den Nebel zurückkehren!«
»Davon rate ich ab«, erklang erneut Sevens Stimme aus dem
Kom-Lautsprecher. »Nach meinen Analysen der Tritanium-
Signaturen befanden sich mindestens siebenundvierzig Borg-
Schiffe in dem Nebel.«
»Wir können die Wurmlöcher nicht einfach so aufgeben!«
»Doch, das können wir«, betonte Janeway, um zu verhindern,
dass die Diskussion zu weit in die falsche Richtung führte.
»Wir
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