VT05 - Tag der Vernichtung
Ekstase. Eusebia warf sich Knox an die breite Brust. Er drückte sie an sich. Auf der Bühne kreischte Carlos wie ein Besessener. »… wir sind die Bürger Sodoms und Gomorras, Babylons und Ninives! Es ist Zeit für uns, aus der Hölle steh’n wir auf!«
Der Bass dröhnte, ein Trommelwirbel krachte, Gitarren heulten auf, ein Paukenschlag donnerte – und dann war es vorbei. Die Menge tobte.
»Hast du’s getan?« Eusebia hing an Knox’ Hals und schrie ihm ins Ohr.
»Ja!«
»Wie denn?!«
»Ich hab einen Teil von dem Zeug verwendet!« Der Bass intonierte das nächste Stück.
»Und?«, rief Eusebia.
»Abwarten!«
***
»Vorsicht, Tom.« Steelwalker fasste Percival an der Schulter und zog ihn ein Stück weg von dem Paket Richtung Straße.
»Es könnte eine Bombe sein.«
Erschrocken wich Percival zurück. Steelwalker holte sein Handy heraus und tippte eine Nummer ein.
Leila erschien in der offenen Haustür, mit gerunzelter Stirn betrachtete sie das Paket. »Mach die Tür zu und geh ins Haus, Darling«, sagte Percival. »Marc meint, es könnte eventuell eine Bombe sein.«
Während Steelwalker mit einem Sprengstoffexperten von Scotland Yard telefonierte, zog er Percival auf den Bürgersteig und hinter seinen Wagen.
Auch Leila wich erschrocken zurück und wollte die Tür zuwerfen. Doch plötzlich verharrte sie und lauschte. »Ich höre etwas, ein Scharren.«
»Bist du sicher?«, rief Percival.
»Das ist doch keine Bombe!« Leila öffnete die Haustür wieder, ging die Vortreppe hinunter und vor dem Paket in die Hocke. »Das ist…«
»Weg da, Leila!« Steelwalker ließ das Handy sinken, er wurde ganz blass. »Was tun Sie denn da?!«
»Da sind Katzen drin!« Leila blickte sich nach den Männern um, machte ein ungläubiges Gesicht. »Ich höre sie doch maunzen!«
»Eine Täuschung!«, rief Steelwalker. »Vielleicht ein Band mit Katzenstimmen, um uns zu täuschen!«
»Ich weiß doch, was ich höre!« Leila begann das Klebeband von dem Paket zu reißen.
»Bloß nicht!« Steelwalker stürzte zu ihr, Percival hinterher.
»Dann hört doch selbst!« Leila sprang auf und deutete auf den Karton. »Und behandelt mich nicht wie ein Kind!« Eine Zornesfalte stand zwischen ihren Brauen.
Die Männer beugten sich über den Karton und lauschten.
»Tatsächlich, klingt nach einer Katze«, sagte Percival.
Steelwalker zögerte. Misstrauisch lief er um den Karton herum. Schließlich bückte er sich und hob ihn hoch. »Ziemlich leicht.« Alle drei hörten jetzt das typische Maunzen von Katzen, wenn sie um etwas bettelten. »Geht ins Haus«, sagte Steelwalker. »Ich mach das Paket auf.« Er ging in die Hocke, zog ein Taschenmesser hervor und schnitt das Klebeband an den Ecken des Kartons auf.
»Warum soll ich ins Haus gehen?« Leila grinste spöttisch.
»Damit mir nicht das Fell einer explodierten Katze um die Ohren fliegt?«
Steelwalker klappte den Karton auf. »Tatsächlich – junge Katzen!«
Leila und Percival beugten sich über ihn und den Karton. In einem Nest aus Holzwolle richteten sich fünf Kätzchen auf, vier schwarz-grau getigerte und eine schwarze. Sie waren höchstens sieben oder acht Wochen alt.
»Wie gefährlich!« Leila mimte die Erschrockene. »Es wird doch hoffentlich bald jemand kommen, der diese gefährlichen Sprengsätze entschärft?«
»Sehen ziemlich verhungert aus«, sagte Percival.
»Irgendwie krank, möchte ich sagen.« Er hatte recht: Dürr und knochig wirkten die Tiere, und maßlos erschöpft. Richtig erbärmlich sahen sie aus. Hatten sie überhaupt die Augen geöffnet?
Vielleicht lag es am jämmerlichen Eindruck, den die fünf Tiere machten, dass sie viel zu spät reagierten, als das erste aus der Holzwolle schoss und Steelwalker an den Hals ging. Der Kahlkopf warf die Arme hoch, schrie erschrocken auf und fiel auf den Rücken. Die zweite Katze sprang auf ihn und verschwand unter seinem Jackett.
Percival traute seinen Augen nicht, und als er ihnen endlich traute, schlüpfte das schwarze Kätzchen ihm schon zwischen Hosenaufschlag und Wade. Es kroch ihm über die Kniekehle auf den Oberschenkel, biss und kratzte, und er schrie.
Das vierte Tier sprang Leila an, und das fünfte hockte plötzlich dem armen Steelwalker im Gesicht.
Percival wollte seinem Freund zur Hilfe eilen, weil der von gleich drei Jungkatzen angegriffen wurde, von denen aber nur zwei zu sehen waren. Der erste Mann von Scotland Yard wälzte sich vor der Treppe hin und her, schlug auf sein Jackett, unter dem eines der
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