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VT06 - Erstarrte Zeit

VT06 - Erstarrte Zeit

Titel: VT06 - Erstarrte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Bunkers auf der Erdoberfläche erwachen.
    Wie viele Personen der Bunkerbewohner dem Kaiser noch die Treue halten, ist schwer einzuschätzen. Doch mehr als hundert dürften es nicht sein, da sind wir uns einig. Mit der grausamen Ermordung des Rosenheimers hat Poronyoma mehr als die Hälfte des Astes durchgesägt, auf dem er sitzt. Galt Eddie doch als sein treuester Gefolgsmann. Außerdem hat die Qualität des Essens seit seinem Tod deutlich abgenommen.
    Wie auch immer: Die Revolution wird vorbei sein, noch bevor sie richtig begonnen hat.
    ***
    Im Kaiserbunker, 24. Februar 2012
    Leise schloss Knox die Tür hinter sich. Er ging an der Liege vorbei, auf der Maren Verbeek schlief, und kam zu van der Groot an den Arbeitstisch mit der Zentrifuge und dem Elektronenmikroskop. Seine Hautfarbe war schmutziggrau. »Ich habe Willi Keller nach oben gebracht. Er ist so besoffen, dass er lateinisch mit den Engeln spricht.«
    »Wo hast du ihn abgelegt?«, wollte van der Groot wissen.
    »Ein paar hundert Meter vom Tor entfernt in der Asche der Bäume. Viel weiter wagte ich mich nicht, ehrlich gesagt. Es ist stockdunkel draußen und arschkalt. Und es stinkt entsetzlich. Als wären in der Hölle sämtliche Feuer erloschen, bevor alle Verdammten vollständig verbrannt sind.«
    »Stockdunkel?« Van der Groot blickte auf die Uhr über der Tür. Es war 13:18 Uhr Ortszeit. »Hast du die Kameras ausgeschaltet?«
    Knox griff in die Beintasche seines grauen Overalls und holte eine Kneifzange heraus. Van der Groot warf einen Blick auf das Werkzeug und nickte stumm.
    Mit einer Kopfbewegung deutete Knox erst auf das Mikroskop und die Zentrifuge und dann auf die schlafende Maren. »Und?«
    »Ich hab sie punktiert«, sagte van der Groot. »Der erste Satz Pyramidalzellen liegt schon auf dem Objektiv.« Er deutete auf den 24-Zoll-Monitor. Die Nervenzelle darauf sah aus wie ein Baum mit wild wuchernder Krone. »Die Ribosomen funktionieren einwandfrei, keine Spur von Stasis im Zellkern. Der Stoffwechsel ist stark verlangsamt, aber er ist intakt. Und stark verlangsamt soll er ja sein.«
    »Das heißt, du hast die Neuronen im Griff?« Knox schnitt eine ungläubige Miene.
    »So scheint es zu sein.« Van der Groot nickte. »Jedenfalls unter ITH. Wie die Zellen unter der Bergmannvariante reagieren, weiß ich noch nicht. Aber damit hat es keine Eile.«
    »Warum nicht?«, wunderte sich Knox.
    »Wenn Marens Hirnzellen sich weiter so gut halten, werden wir erst einmal die ganze lästige Belegschaft bis auf ein paar Ausnahmen schlafen legen. Wenn sie schlafen, schaffen wir alle Ekelpakete vor die Tür. Danach entwickeln wir für uns die Bergmannvariante bis zur Reife. In einem halben Jahr können wir uns in ein Wachkoma spritzen, das unser Bewusstsein zwar nicht vollständig ausschaltet, aber uns die Jahrhunderte bis zum Neubeginn wie ein paar Tage erscheinen lassen wird.«
    »Jahrhunderte wie ein paar Tage…« Ein Lächeln flog über Knox’ Gesicht während er die Worte wiederholte. »Und wir werden nicht altern?«
    »Ein oder zwei Tage im Jahr, höchstens.«
    »Sehr gut.« Knox lächelte selig. »Was für ein Glücksfall, dass ich vor zwei Jahren dein Inserat im Netz gefunden hab, Doc.«
    »Holen wir uns Carlo«, sagte van der Groot.
    Knox’ Miene verfinsterte sich. »Warum?«
    »Ich will ihm die Bergmannvariante schon einmal spritzen. In spätestens zwei Wochen will ich seine Hirnzellen unter dem Mikroskop studieren. Die Arbeit an der Bergmannvariante wird sich hinziehen, deswegen fangen wir heute mit dem Test an. Er scheint mir eine geeignete Versuchsperson.«
    »Nimm doch die Krankenschwester, Doc! Immerhin hat diese Schlampe den armen Lupo auf dem Gewissen.« Knox hatte Vera van Dam wieder erkannt. Ihr Gesicht war in allen Zeitungen gewesen im September letzten Jahres.
    »Also gut.« Van der Groot nickte langsam. Inzwischen wusste auch er, dass Vera van Dam nicht nur die Frau seines ehemaligen Mithäftlings, sondern auch die Krankenschwester war, die Lupo bei dessen Amoklauf in der Amsterdamer Uniklinik mit einem Defibrillator getötet hatte. »Nehmen wir beide. Aber dann muss ich ihren Mann auch schlafen legen, sonst randaliert er uns.« Van der Groot steckte zwei Ampullen des Serums und drei Spritzen ein.
    »Von mir aus.« Sie verließen das Labor und machten sich auf den Weg zum Zellentrakt.
    Unterwegs blickte der Professor sich um. »Wie weit sind die Mädchen mit Fred und Bodo?«, fragte er, als er sah, dass niemand in der Nähe war, der sie

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