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VT09 - Die tödliche Woge

VT09 - Die tödliche Woge

Titel: VT09 - Die tödliche Woge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Vandis
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fasste die Zügel des Witveers enger und lenkte das Tier in einem weiten Bogen über die Palisaden von Muhnzipal hinweg.
    De Fouché hatte es vorgezogen, ohne Begleitung zu fliegen.
    Er brauchte keinen Lenker, da er als Kommandeur der Garde selbstverständlich in der Lage war, die Zügel eines Witveers zu bedienen. Außerdem verließ er sich ungern auf das Können anderer Menschen. Wenn du willst, dass etwas erledigt wird –
    erledige es selbst. Er wäre nicht dort, wo er heute war, hätte er sich auch nur zu einem einzigen Zeitpunkt in der Vergangenheit auf andere Menschen oder gar auf sein Glück verlassen.
    Unter ihm krochen die Menschen wie Ameisen dahin. Er erblickte die Kanoniere bei den Palisaden, die die riesigen Dampfdruckkanonen in Position brachten. Auf dem Marktplatz von Muhnzipal sammelten sich Zivilisten, um die Waffen in Empfang zu nehmen, deren Ausgabe de Fouché befohlen hatte.
    Es handelte sich vorwiegend um Armbrüste, Schwerter und Messer aus dem Arsenal der Wolkenstadt. Lächerliche Waffen gegen einen zahlenmäßig so überlegenen Gegner, der zudem den Tod nicht fürchtete. Und als wäre dieser Umstand nicht genug, berichteten Gardisten bereits von Streitigkeiten unter den Dorfbewohnern, weil die verteilten Waffen nicht ausreichten.
    Natürlich nicht. Es war unmöglich, in einer Wolkenstadt, in der man auf jedes Kilogramm Gewicht achten musste, ein Arsenal schwerer Waffen zu bunkern.
    Auf eine Katastrophe wie diese sind wir einfach nicht vorbereitet.
    Deshalb wäre es auch die einzig richtige Maßnahme gewesen, auf die Verteidigung der Dörfer zu verzichten.
    Stattdessen hätte man das Heer der Gruh aus der Luft bombardieren müssen. Die Dampfdruckkanonen an Bord der Wolkenstädte eigneten sich dazu hervorragend.
    De Fouché hatte sein Möglichstes getan, um Prinzessin Marie von den Vorteilen dieser Strategie zu überzeugen. Aber die Prinzessin war militärisch ungebildet und zudem angeschlagen durch die Gefahren, denen sie während der letzten vierundzwanzig Stunden ausgesetzt gewesen war.
    Außerdem war sie eine Frau und verließ sich auf ihr Gefühl.
    Ihr Gefühl! Was für ein verhängnisvoller Fehler.
    Wesentlich war nicht das Überleben der Dorfbewohner.
    Wesentlich war nur das Überleben der Wolkenstädte, denn sie beherbergten das gesamte Wissen der afranischen Zivilisation.
    Sie waren Keimzelle und Schrittmacher der Gesellschaft. Sie beherbergten die Zukunft.
    Auf die Dörfer dagegen war man nicht unbedingt angewiesen. Die nötigen Rohstoffe würden die Wolkenstädter auch anderswo herbekommen, indem sie ihre Heimat einfach zu einer anderen, weit entfernten Andockstation lenkten.
    Moderne Städte wie Orleans konnten innerhalb weniger Tage den Standort wechseln. Und älterer Städte wie das nahe gelegene Avignon-à-l’Hauteur… Nun ja, um das wäre es nicht schade gewesen. De Fouché hatte nicht die allerbesten Erinnerungen an seine Zeit dort, als Kommandant der Garde.
    Das war jetzt über fünfzehn Jahre her, doch die Wunde, die die damaligen Ereignisse gerissen hatten, saß zu tief und würde bis an sein Lebensende nicht verheilen.
    De Fouché zerbiss einen Fluch zwischen den Zähnen.
    Er sehnte den Tag herbei, an dem Prinzessin Marie und ihre gesamte adlige Bagage einschließlich Pilatre de Roziers, dieses humanistisch gesinnten Narren von einem Kaiser, nichts mehr zu sagen haben würde. Dann würde er, de Fouché, als Leiter der Exekutive die Fäden in die Hand nehmen und die Wolkenstädte in ein neues, blühendes Zeitalter führen!
    Vielleicht war diese Krise ein erster Meilenstein auf dem Weg dorthin. In Katastrophenzeiten wünschte sich die Bevölkerung stets eine starke Hand, die die Probleme für sie löste. Wenn er die Gruh besiegte, dann würde sie auch jubeln, wenn er die Regierungsgeschäfte übernahm…
    Dazu musste er den Kampf allerdings erst mal gewinnen – und die Voraussetzungen dafür waren dank der Prinzessin denkbar schlecht.
    Voller Zorn steuerte der Sonderbeauftragte für Militärisches den Witveer in Richtung der Großen Grube. Es waren einige Späher in Rozieren unterwegs. De Fouché sah sie am Horizont kreisen. Viele davon waren frühere Dorfbewohner, die die Möglichkeit ergriffen hatten, mit einer Pilotenausbildung in die Gesellschaft der Wolkenstädte aufgenommen zu werden. De Fouché misstraute diesen Leuten. Sie waren Emporkömmlinge, die stets mehr an dem eigenen Aufstieg als am Wohl der Städte interessiert waren.
    Wie du selbst auch, flüsterte eine

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