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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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abgesehen von Dingen, die Ankh-Morpok bedrohten 12 , und genau darum ging es nun…
    Er starrte eine Zeitlang auf die Wand, während ihm der Regen vom Kinn tropfte und die Kleidung durchnäßte. Hinter ihm wartete ein nervöser Wonse.
    Schließlich streckte der Patrizier eine lange, schmale, von blauen Adern durchzogene Hand aus und strich über den Rand der Schatten.
    Nun, eigentlich waren es keine Schatten, eher Silhouetten. Die Konturen zeichneten sich ganz deutlich ab, doch in ihrem Innern gab es nur das vertraute Ziegelmuster. An den übrigen Stellen hatte irgend etwas die Wand so sehr erhitzt, daß sie einen recht hübschen keramischen Glanz gewann, der den alten Steinen die erstaunliche Qualität eines Spiegels verlieh.
    Die Schemen auf der Mauer zeigten sechs verblüfft erstarrte Männer. Verschiedene gehobene Hände hatten ganz offensichtlich Messer und Dolche gehalten.
    Der Patrizier senkte den Kopf und betrachtete stumm den Aschehaufen zu seinen Füßen. Einige Streifen aus geschmolzenem Metall darin mochten einst jene Waffen gewesen sein, deren Form als Brandschatten in der Mauer verewigt worden war.
    »Hmm«, sagte er.
    Hauptmann Mumm führte Lord Vetinari respektvoll in die Gasse des schnellen Glücks und zeigte dort auf Beweisstück Eins.
    »Fußspuren«, erklärte er. »Nun, das ist natürlich nicht ganz richtig, Herr. Sie stammen eher von Krallen. Man könnte sogar so weit gehen und behaupten, daß sie von Klauen verursacht wurden.«
    Der Patrizier starrte mit ausdruckslosem Gesicht auf die Abdrücke im Schlamm.
    »Ich verstehe«, erwiderte er nach einer Weile. »Hast du irgendeine Meinung dazu, Hauptmann?«
    Das war tatsächlich der Fall. In der Zeit bis zur Morgendämmerung hatte sich Mumm verschiedene Meinungen gebildet und mit der Überzeugung begonnen, daß es ein großer Fehler gewesen war, geboren zu werden.
    Dann erreichte das graue Licht selbst die Schatten, und er stellte erstaunt fest, noch immer am Leben und gar nicht geröstet zu sein. Mit der Erleichterung eines Idioten hatte er sich umgesehen – und nur einen Meter entfernt diese Spuren entdeckt. Das genügte, um von einem Augenblick zum anderen vollkommen nüchtern zu werden.
    »Nun, Herr«, begann er, »ich weiß natürlich, daß die Drachen schon seit vielen tausend Jahren ausgestorben sind, Herr…«
    »Ja?« Der Patrizier kniff die Augen zu.
    Hauptmann Mumm gab sich einen inneren Ruck. »Aber, Herr, die Frage lautet: Wissen
sie
das ebenfalls? Feldwebel Colon hat ein ledriges Geräusch gehört, kurz bevor, bevor, äh, bevor es zu dem… Verbrechen kam.«
    »Du glaubst also, ein ausgestorbener und ganz und gar mythischer Drache sei in die Stadt geflogen, um in dieser schmalen Gasse zu landen, einige Kriminelle zu verbrennen und dann wieder zu verschwinden?« fragte Lord Vetinari. »Allem Anschein nach handelte es sich um ein von Recht und Gesetz inspiriertes Geschöpf.«
    »Nun, wenn du es so ausdrückst…«
    »Wenn ich mich recht entsinne«, fuhr der Patrizier fort, »waren die legendären Drachen Einzelgänger, die Menschen mieden und einsame, gottverlassene Orte vorzogen. Man kann sie wohl kaum als
städtische
Wesen bezeichnen.«
    »Nein, Herr«, sagte der Hauptmann und biß sich auf die Zunge, um sie an folgender Bemerkung zu hindern: Wenn man einen gottverlassenen Ort sucht, so kommen gerade die Schatten in Frage.
    »Außerdem…«, fügte Lord Vetinari hinzu. »Man sollte meinen, daß jemand etwas bemerkt hätte.«
    Mumm nickte in Richtung Wand und deutete auf den schrecklichen Fries. »Abgesehen von den Leuten, Herr?«
    »Meiner Ansicht nach haben wir es hier mit dem Ergebnis eines Bandenkrieges zu tun«, sagte der Patrizier. »Wahrscheinlich hat irgendeine Verbrechergruppe einen Zauberer in ihre Dienste genommen. Mit anderen Worten: Es ist ein lokales Problem.«
    »Vielleicht steht es mit den seltsamen Diebstählen in Zusammenhang, Herr«, warf Wonse ein.
    »Und die Fußspuren, Herr?« fragte Hauptmann Mumm stur.
    »Wir sind hier in der Nähe des Flusses«, stellte der Patrizier fest. »Vermutlich stammen die Spuren von – von einer Art Stelzvogel. Reiner Zufall«, betonte er. »Aber sie sollten trotzdem beseitigt werden. Wir möchten doch vermeiden, daß die Leute auf komische Ideen kommen und voreilige Schlußfolgerungen ziehen, nicht wahr?« schloß Lord Vetinari scharf.
    Hauptmann Mumm fügte sich.
    »Wie du wünschst, Herr«, murmelte er und betrachtete seine Sandalen.
    Der Patrizier klopfte ihm auf die

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