Wachen! Wachen!
unten.
»Ah, Könige kennen ein Mittel gegen Glatzen«, behauptete ein anderer Protomonarchist.
Ruin griff in seine Tasche. »Zufälligerweise habe ich noch diese eine Flasche übrig. Sie enthält eine Wundersalbe, die«, – er warf Karotte einen durchdringenden Blick zu –, »von alten Mönchen auf einem hohen Berg hergestellt wurde.«
»Und sie antworten nie, wenn man sie was fragt«, fuhr der Monarchist fort. »Daran erkennt man sofort ihre königliche Natur. Sind einfach nicht dazu fähig, Antwort zu geben. Hat etwas damit zu tun, erhaben zu sein.«
»Ja, das stimmt.« Die Regenrinnen-Frau nickte.
»Und dann Geld«, sagte der Monarchist und genoß die Aufmerksamkeit der anderen. »Könige tragen keins bei sich. Das gibt einen guten Hinweis.«
»Wieso?« fragte der Mann, dessen Haarreste auf dem fast kahlen Kopf wie die versprengten Überbleibsel eines besiegten Heeres anmuteten. »Geld ist doch gar nicht schwer.
Ich
kann mühelos tausend und mehr Dollar tragen.«
»Wahrscheinlich bekommt man schwache Arme davon, ein König zu sein«, vermutete die Frau. »Von all dem Winken und so weiter.«
»Ich habe immer gedacht«, sagte der Monarchist, holte eine Pfeife hervor und stopfte sie so langsam wie jemand, der zu einem längeren Vortrag ansetzte, »eins der größten Probleme von Königen bestehe in der Gefahr, daß die Tochter irgendeinen Hohlkopf heiraten muß.«
Nachdenkliches Schweigen folgte.
»Oder daß sie hundert Jahre schläft«, fügte der Monarchist ernst hinzu.
»Oh«, murmelten einige der Zuhörer erleichtert.
»Und dann der Verschleiß an Erbsen.«
»Für Erbsensuppe?« fragte die Frau unsicher.
»Nein, fürs Bett«, sagte der Monarchist.
»Ganz zu schweigen von den vielen Matratzen. Hunderte!«
»Genau.«
»Tatsächlich?« Treibe-mich-selbst-in-den-Ruin war interessiert. »Ich könnte sie dem König
än groh
besorgen.« Er wandte sich an Mumm, dessen Miene immer verdrießlicher wurde. »Was hältst du davon, Hauptmann? Du wärst dann ein Mitglied der
königlichen
Wache, nehme ich an. Vielleicht bekommst du sogar Federn für den Helm.«
»Ah, Prunk und Gepränge«, sagte der Monarchist und hob die Pfeife. »Sehr wichtig. Jede Menge Schauspiele und so.«
»Was, umsonst?« fragte Ruin.
»Nuuun, für die
besten
Plätze muß man vielleicht bezahlen«, räumte der Monarchist ein.
»Ihr seid ja alle übergeschnappt!« platzte es aus Mumm heraus. »Ihr wißt überhaupt nichts über den Burschen, und außerdem hat er noch nicht gewonnen!«
»Reine Formsache, schätze ich«, sagte die Frau.
»Er bekommt es mit einem feuerspeienden Drachen zu tun!« donnerte Mumm und erinnerte sich an die Nüstern. »Und er ist nur irgend jemand, der auf einem Pferd sitzt, verdammt!«
Ruin klopfte ihm auf den Brustharnisch. »Du hast überhaupt kein Herz, Hauptmann. Wenn ein Fremder in die vom Drachen unterjochte Stadt kommt und das Ungeheuer mit einem glitzernden Schwert herausfordert – nuuun, dann steht bereits fest, wie die Sache endet. Schicksal, wenn du mich fragst.«
»Unterjocht!« rief Mumm.
»Unterjocht?
Gestern hast du noch niedlich kleine Drachenpuppen verkauft, du dreimal verfluchter Halsabschneider!«
»Das war reines Geschäft, Hauptmann«, sagte Treibe-mich-selbst-in-den-Ruin in aller Ruhe. »Kein Grund, sich aufzuregen.«
Bedrückt und mißmutig kehrte Mumm zu seiner Truppe zurück. Ganz gleich, was man von den Bürgern Ankh-Morporks hielt: Sie waren unerschütterlich unabhängig und verteidigten ihr Recht, auf einer wahrhaft demokratischen Basis zu rauben, zu stehlen, zu betrügen, zu veruntreuen und zu morden. Mumm hatte nichts dagegen einzuwenden. Seiner Meinung nach gab es überhaupt keine Unterschiede zwischen dem reichsten Mann in der Stadt und dem ärmsten Bettler, sah man einmal davon ab, daß der Reiche mehr Geld und Macht besaß, sich besser kleidete, gesünder lebte und für gewöhnlich nicht an Unterernährung starb. Aber wenigstens war er nicht
besser.
Nur reicher, mächtiger, besser angezogen, gesünder und dicker. So verhielt es sich schon seit Jahrhunderten.
»Jetzt wittern die Leute Hermelinpelz und werden plötzlich ganz sentimental und schnulzig«, murmelte Mumm.
Der Drache flog langsam über dem Platz der Gebrochenen Monde. Mumm reckte den Hals, um über die Köpfe der vor ihm stehenden Leute zu blicken.
In den Genen mancher Raubtiere sind die Silhouetten ihrer Beute gewissermaßen programmiert, und vielleicht erinnerte sich das Rassengedächtnis des Drachen an
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