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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Gestalten, die auf Pferden saßen und glitzernde Schwerter hielten. Das Ungetüm zeigte
vorsichtiges
Interesse.
    Mumm hob die Schultern. »Ich wußte nicht einmal, daß wir einst ein Königreich waren.«
    »Nun, es ist schon lange her«, sagte Lady Käsedick. »Die Könige wurden verjagt, und das war auch ganz richtig so. Sie konnten ziemlich unangenehm werden.«
    »Aber du stammst doch aus einer piekf… aus einer adligen Familie«, bemerkte Mumm. »Ich dachte, Leute wie du sind von Königen begeistert.«
    »Einige von ihnen wußten nicht, was sich gehört«, erwiderte Ihre Ladyschaft geziert. »Hatten überall Frauen und fanden es lustig, Köpfe abzuschlagen. Sie begannen sinnlose Kriege, aßen mit Messern, werfen halb abgenagte Hähnchenschenkel fort und so weiter. Wir
Adlige benehmen
uns
ganz
anders.«
    Es wurde still auf dem Platz. Der Drache befand sich auf der anderen Seite und schwebte einige Dutzend Meter über dem Pflaster. Nur seine Schwingen bewegten sich.
    Mumm spürte, wie ihm etwas über den Rücken kratzte. Einige Sekunden später hockte ihm Errol auf der Schulter und hielt sich mit den Klauen der Hinterbeine fest. Die stummelförmigen Flügel hoben und senkten sich im gleichen Rhythmus wie die des großen Drachen. Er zischte leise, hielt den Blick starr auf das riesige Geschöpf gerichtet.
    Das Pferd scharrte nervös mit den Hufen, als der junge Reiter abstieg, sein Schwert hob und sich dem Gegner zuwandte.
    Der Bursche scheint erstaunlich zuversichtlich zu sein,
dachte Mumm.
Andererseits: Wieso genügt es in der heutigen Zeit, einen Drachen zu töten, um sich als König zu qualifizieren?
    Eins mußte man zugeben: Das Schwert glänzte und funkelte nicht nur, es
gleißte
regelrecht.

    Z wei Uhr am nächsten Morgen, und alles war gut, abgesehen von dem Regen. Es nieselte wieder.
    Es gibt einige Städte im Multiversum, deren Bewohner fest davon überzeugt sind, daß sich niemand besser vergnügen kann. In Orten wie New Orleans und Rio wissen die Leute nicht nur, wie man die Sau rausläßt, sondern auch, wie man sie später wieder reinholt. Sie sind sehr stolz darauf, und wahrscheinlich würden sie vor Neid erblassen, wenn sie Ankh-Morpork sehen könnten. Wenn es in
dieser
Stadt rundgeht, wirken alle anderen wie ein walisisches Provinznest um zwei Uhr an einem regnerischen Sonntagnachmittag.
    Feuerwerksraketen explodierten in der feuchten Luft über dem trüben Schlamm des Ankh. Verschiedene domestizierte Tiere brieten in den Straßen. Tänzer sprangen von Haus zu Haus, drehten sich immer wieder um die eigene Achse und schafften es mühelos, lose Ziergegenstände mitzunehmen. Überall wurde getrunken. Selbst normalerweise sehr zurückhaltende und schweigsame Leute riefen »Hurra!«
    Mumm stapfte mürrisch durch das Gedränge auf den Straßen und kam sich wie die einzige eingelegte Zwiebel im Fruchtsalat vor. Er hatte seinen Männern den Abend freigegeben.
    Er fühlte sich überhaupt nicht monarchistisch. Eigentlich waren ihm Könige völlig gleich, aber die Vorstellung, daß
Ankh-Morporkianer
Fahnen schwenkten, ließ eine seltsame Unruhe in ihm entstehen. Solche Verhaltensweisen offenbarten nur dumme Untertanen in anderen Ländern. Außerdem hielt Mumm nichts von Federn am Helm. Mehr noch: Er verabscheute sie. Federn am Helm erschienen ihm wie ein deutliches Zeichen dafür, daß man nicht mehr sich selbst gehörte. Damit würde er sich bestimmt wie ein Vogel fühlen. Nein, Federn kamen nicht in Frage.
    Die Beine führten ihn zur Pseudopolis-Allee zurück. Wohin sollte er auch sonst gehen? Seine Unterkunft war deprimierend, und die Hauswirtin hatte sich schon über die Löcher beschwert, die Errol trotz der vielen Ermahnungen im Teppich hinterließ. Und dann der Geruch des kleinen Sumpfdrachen! Mumm überlegte, ob er eine Taverne besuchen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Wenn er betrunken war, sah er häufig unangenehme Dinge, aber in dieser Nacht bestand die Gefahr, daß sie noch weitaus unangenehmer wurden.
    Ruhe und Stille herrschten in dem Zimmer, obgleich die fernen Geräusche des Festes durchs Fenster filterten.
    Errol sprang von Mumms Schulter und begann damit, die Kohlen im Kamin zu verspeisen.
    Der Hauptmann lehnte sich im Sessel zurück und stützte die Füße auf den Tisch.
    Welch ein Tag! Welch ein Kampf! Zuschlagen und ausweichen, zuschlagen und ausweichen. Die Rufe und Schreie der Zuschauer… Der junge Mann stand in der Mitte des Platzes, wirkte winzig und hilflos, als der Drache

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