Wachgeküßt
letzten Platz, die beim Winner’s Dinner die Zeche übernehmen muß.«
Im Moment bin ich diese unglückliche Dumme, und die Zeit läuft mir davon. Hinter Serenas Namen stehen unglaubliche sieben Kreidestriche, Emma kommt immer noch auf respektable vier, und ich habe nur einen einsamen, aber höchst erotischen, einzelnen Strich aufzuweisen.
Es ist schon komisch. Es war doch so leicht, einfach mit Jake ins Bett zu springen, leichter noch, als mit ihm in den Pool zu springen, aber es fällt mir so schwer, mich dazu aufzuraffen, es noch mal mit jemand anderem zu tun.
Sieht so aus, als wäre ich jetzt aufgeflogen.
Emma und Serena geben nichts mehr preis.
Da keine weiteren Informationen darüber, wie man seine Libido auf die richtige Anmachfrequenz einstellen kann, zu erwarten sind, muß ich mir eine neue Quelle für irgendwelche Auskünfte suchen.
Meine große Schwester Erica kommt nächste Woche aus den Vereinigten Staaten, vielleicht kann sie meiner Story den internationalen Touch geben. Wie stellt man es an, mehr als nur ein doppelt belegtes Käsesandwich in einem Imbiß in Madison Square Garden aufzureißen? Würde man wirklich den Tom Hanks seiner eigenen schlaflosen Träume treffen, wenn man nur lange genug auf der Freiheitsstatue wartet? Sehen alle New Yorker Männer aus wie Robert de Niro, Al Pacino oder Michael Douglas?
»Ich muß Erica darüber ausquetschen, wie die Frauen in New York vorgehen...«
»Glaubst du etwa, daß sich das von einem zum andern Kontinent ändert?« Emma marschiert in die Küche, um noch mehr Bier aus Serenas Kühlschrank zu stibitzen. Sie pustet auf ihre feuchten Fingernägel, damit sie trocknen. »Ich dachte immer, die Sprache der Liebe wäre universell!« ruft sie uns zu und reißt mehrere von den kleinen Magneten an der Kühlschranktür ab, als sie versucht, diese mit dem Po zuzumachen, weil sie drei Flaschen Bud und ein Päckchen Quarkdip in den Händen balanciert.
»Wann kommt Erica denn?« Serena nimmt Emma den Dip ab, zieht hungrig die Plastikfolie runter und schaufelt mit den Tortilla-Chips die cremige Paste in sich rein.
Eigentlich sollte Erica ja bei Max und mir übernachten, aber da es Max und mich nicht länger gibt, ist Serena eingesprungen
und hat die Situation gerettet, indem sie ihr Gästezimmer zur Verfügung gestellt hat.
»Donnerstag nachmittag. Ist es auch wirklich okay, daß sie hier übernachtet?«
»Klar. Sukes fährt dieses Wochenende nach Edinburgh zurück. Letztlich hat sie dann doch eingesehen, daß es besser ist, wenn sie an die Uni zurückkehrt und vor den Prüfungen noch ein paar Vorlesungen mitkriegt, also wird das Gästezimmer wieder frei.«
Lächelnd überläßt Serena die Chips und den Dip Emma und schnappt sich statt dessen die Katze. Fat Cat ist zu hungrig, um zu schmollen, und umstreicht deshalb schmeichelnd ihre Knöchel und bettelt nach Futter.
»Sie ist doch nicht allergisch gegen Katzenhaare, oder?« Serena streichelt mit beiden Händen den langen, flauschigen Schwanz, und Fat Cat fängt wieder an zu fauchen. Ihr Gesicht bringt klar zum Ausdruck, daß Serena gefälligst mit dem Quatsch aufhören und ihr etwas zwischen die Kiefer schieben soll.
»Nein, aber sie ist allergisch gegen Penicillin, also solltest du besser mal deine Kaffeetassen abwaschen, bevor sie kommt«, scherze ich und deute auf die Spüle, in der sich das Geschirr so hoch stapelt, daß man es sogar vom Wohnzimmer aus sieht.
»Das ist alles von Sukes. Sie ist ja so schlampig! Sie behauptet, das sei völlig typisch für Studenten. So als wäre es ihre Pflicht, nie Hausarbeiten zu erledigen, den ganzen Tag billiges Bier zu saufen, all ihr Stipendiengeld in der ersten Semesterwoche für Nicole-Fahri-Klamotten auszugeben und jede Nacht bis zum Morgengrauen durchzufeiern.«
»Hört sich nett an, finde ich.« Ich versuche, mir die Flasche Bud unter den Nagel zu reißen, die Emma gerade geöffnet hat, kriege aber nur einen Klaps auf die Hand. »Meinst du, ich würde als reife Studentin durchgehen?«
»Kaum«, Emma köpft eine andere Flasche und reicht sie mir. »Du schaffst es ja noch nicht mal, eine reife Erwachsene zu sein!«
Ich liebe Flughäfen. Es umgibt sie immer so eine Atmosphäre der Erwartung und der Aufregung. Glückliche Leute, die zu fremden Ufern aufbrechen und für vierzehn Tage die erdrückende Routine hinter sich lassen. Andere kommen – erschöpft, aber bereichert und braungebrannt – in Kleidern nach Hause, die viel zu dünn sind für unser
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