Während ich schlief
durchzuschlagen.
Schließlich schaffte ich es, Bren klarzumachen, was ich wollte, und er sagte, mein Skiff werde in spätestens einer halben Stunde bei mir sein. Ich dankte ihm und nahm mein nervöses Hin- und Hergehen in den dunklen Ecken wieder auf.
Sie verursachten mir zwiespältige Gefühle, diese dunklen Ecken. Einerseits war ich dort nicht leicht zu entdecken, andererseits würde auch niemand den Attentäter sehen, falls er wieder angriff. Obwohl das diesen Plastikleichnam auch nicht aufhalten würde. Unauffälliges Vorgehen schien in seiner Programmierung nicht angelegt zu sein. Es wunderte mich, dass er der Polizei bisher hatte entwischen können. Aber ich wusste natürlich jetzt, mit wessen Hilfe er operierte.
Der Plastobot war nicht das Einzige, was an mir nagte. Mir die Busfahrt selbst zu verdienen, war beflügelnd gewesen, doch nach der Hälfte der Strecke begann sie mich zu deprimieren. Niemand von den UniCorp-Managern fuhr je mit dem Bus nach ComUnity. Meine Mitreisenden gehörten sämtlich der Arbeiterklasse an, waren Dienstboten, Kellner – Leute, die sich um die Bedürfnisse von Leuten wie mir kümmerten. Es war nicht so, dass ich sie nicht mochte. Sie kamen mir sogar wesentlich authentischer vor als die meisten in den hohen Positionen. Sie waren wie Åsa. Doch als ich da so in meiner Uni-Prep-Uniform saß, wurde mir klar, wie ich auf sie wirken musste. Wie eine Blutsaugerin. Sie fanden mich vermutlich genauso hassenswert wie ich Guillory, auch schon vor Nirwana.
Endlich sah ich die glänzende schwarze Silhouette meines Solarskiffs an den Straßenrand gleiten. Ich stieg über den rotgestreiften Warnbalken für Fußgänger hinweg und öffnete die Tür. Mein Plan war, einfach um ComUnity herumzukreisen, bis ich wusste, was zu tun war. Der Plan wurde durchkreuzt.
»Wirst du mir jetzt mal verraten, was hier eigentlich los ist?«, hörte ich Bren, kaum dass ich den Kopf hineinsteckte.
»Was machst du denn hier?«
»Glaubst du etwa, ich lasse dich allein hier mitten in der Nacht durch die Gegend fahren? Meine Mutter würde mich
umbringen.« Auf beinahe besitzergreifende Weise nahm er mir das Skizzenbuch ab und legte es neben sich.
»Wird sie dich nicht sowieso umbringen, weil du dich aus dem Haus geschlichen hast?«, fragte ich.
»Wahrscheinlich. Du solltest also einen guten Grund haben. Was ist passiert? Was ist aus dem Zeugenschutzprogramm von Gnaden Guillorys geworden?«
Ich holte tief Luft. »Guillory hat mich dort runter nach Xanadu gebracht. Oder Nirwana oder wie das heißt. Hat UniCorp wirklich so viel Geld für diesen Irrsinn aus dem Fenster geworfen?«
Bren bestätigte es mit einer verächtlichen Kopfbewegung.
»Und als wir dort waren, kam der Plastobot.«
»Was?« Bren machte große Augen. »Schon wieder? Du warst doch unter falschem Namen dort!«
Ich seufzte. »Ich schätze, jemand hat ihm verraten, wo er mich findet.«
»Wie bist du ihm entkommen?«
»Hab ihn abgelenkt. Mich gewehrt. Mir fast den Ellbogen gebrochen. Bin weggerannt. Dann habe ich mich mit Hilfe meines Zeichenblocks bis hierher durchgeschlagen und darauf geachtet, dass mich niemand von UniCorp sieht.«
Bren war entsetzt. »Jetzt reicht’s.« Er zog sein Holofon unter dem T-Shirt hervor.
»Was hast du vor?«
»Ich werde Guillory verständigen und dann die Polizei.«
»Warum das denn?«
»Weil ich davon ausgehe, dass du es noch nicht gemacht hast. Hab ich recht?«
Hatte er.
»Du lässt einfach zu, dass die schlimmsten Dinge mit dir passieren, und sagst niemandem Bescheid. Du hast dich an
deinem ersten Schultag nicht beschwert, als du so unter deinem Geschichtskurs gelitten hast, du hast Barry und Patty nichts von dem ersten Mordversuch erzählt, und du hast auch niemandem was wegen Barry und Patty gesagt.«
»Wovon redest du?«
»Davon, dass diese beiden die geldgierigsten Pseudo-Eltern sind, die je auf diesem Planeten gewandelt sind, und ich kein Wort der Klage von dir gehört habe.«
»Ach, sie sind ganz in Ordnung«, sagte ich lahm.
»Ja, insofern, als sie dich in Ruhe lassen, schätze ich. Ich fone jetzt Guillory.«
»Nein, nicht!«
Er sah mich unnachgiebig an. »Nenn mir einen Grund, warum nicht.«
»Sag ihm nicht, wo ich bin! Sag es niemandem!«
Bren runzelte die Stirn. »Rose, du kannst nicht allein mit so etwas fertig werden.«
»Doch, kann ich! Bitte, bitte, ruf Guillory nicht an.«
»Warum denn nicht?« Bren verlor die Geduld. »Los, spuck’s aus! Was es auch ist, was du da
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