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Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Titel: Wahnsinn, der das Herz zerfrisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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so erledigt, daß ich keinen Schritt mehr gehen konnte.«
    Hobhouse hatte von der Angelegenheit gehört, wenn auch nicht von Byron selbst. Edleston hatte, offensichtlich in einem Anfall von Tollkühnheit, versucht die Schwimmkünste seines bewunderten Freundes nachzuahmen und war, um Ausdauer zu beweisen, alleine und viel zu lange im Fluß geblieben. Dabei war er immer weiter abgetrieben und schließlich in einen Strudel geraten. Wie Davies berichtete, hatte Byron sich nach einiger Zeit Sorgen gemacht, war flußabwärts geschwommen und gerade noch rechtzeitig gekommen, um Edleston vor dem Ertrinken zu bewahren.
    Ehe er sich eines Besseren besann, fragte Hobhouse achtlos:
    »Edleston… warum ist er nicht auch hier?« Byron ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Er griff nach dem Krug und sagte schließlich gelassen: »Das alles würde ihm nicht gefallen. Er wäre eifersüchtig.«
    »Bitte?«
    »Er wäre eifersüchtig«, wiederholte Byron ungerührt. »Auf diese anderen und mich?« fragte Hobhouse irritiert. »Das auch«, erwiderte Byron gelassen. »Aber hauptsächlich auf die Mädchen.«
    Hobhouse mußte sich setzen. Er räusperte sich und fragte: »Bist du«, sie waren inzwischen alle zum vertraulichen Du übergegangen, »immer so direkt?« Byron zuckte die Achseln. Er musterte Hobhouse. »Du hast mich gefragt, Hobby.« Hobhouse schluckte. Er verstand, was Byron sagen wollte, war aber nicht gewohnt, damit derartig freimütig umzugehen. Ihn erschreckte Byrons »gefährliche Offenheit«, wie er es nannte.
    »Und… und es macht dir nichts aus? Es beunruhigt dich nicht?« Byron zuckte die Achseln und wirkte belustigt. Er hatte Hobhouse schon länger in Verdacht gehabt, unter seinem Reformeifer noch einen Rest von Puritanismus zu bewahren, und entgegnete jetzt absichtlich nonchalant: »Warum sollte es das?
    Ich mag Edleston, und ich mag die Mädchen dort unten. Wenngleich ich zugeben muß, daß Edleston mir wesentlich wichtiger ist als die Mädchen, aber das liegt daran, daß ich sie kaum kenne, und was ich bis jetzt gesehen habe, scheint mir außergewöhnlich spatzenhirnig zu sein. Würdest du in einem solchen Fall nicht auch…«
    Hobhouse unterbrach hastig: »Ich fühle mich miserabel, und ich schlage vor, daß du mir noch etwas Wasser gibst und wir dieses Gespräch schleunigst vergessen.« Das dunkle Grün von Byrons Augen wurde von goldenen Fünkchen unterwandert. »Ich wußte, daß du so reagieren würdest.«
     
    Byron war zum erstenmal in seinem Leben in ernsten Geldschwierigkeiten. Der zahme Bär stellte nicht die einzige Extravaganz in seinem Leben dar. Eine geheime Wohnung in London, rauschende Feste für seine Freunde in Newstead, all die hübschen, unbedarften Carolines und die »leidenschaftliche, aber reine Affäre« mit Edleston, wie er sie in seinen Briefen nannte die Zinswucherer waren um einen Klienten reicher. Dazu kam, daß Byron durch Augusta von der Not des alten Familienfaktotums Joe Murray erfuhr, der der Leibdiener des bösen Lords gewesen war. Er setzte ihm eine Rente aus, und als es Augusta gelang, Murray mit einem dreijährigem Engagement bei einem ihrer Verwandten zu versorgen, versprach er, den alten Diener nach Ablauf dieser Frist selbst zu beschäftigen.
    Denn die Rente, die er jetzt schon anbieten konnte, war denkbar klein.
    Byron erzählte Augusta von seinen Problemen und bat sie um strengstes Stillschweigen (»ich will erproben, ob man einer Frau ein Geheimnis anvertrauen kann«). Postwendend bot sie ihm Hilfe an. Byron, ganz in der Tradition des Gentleman, der sich von einer Dame nie Geld leiht, lehnte entrüstet ab und stürzte seine Schwester damit in einen ernsthaften Konflikt.
    Augusta, zur Zeit bei ihrer Schwester, Lady Chichester, untergebracht, machte sich wirklich Sorgen um ihn. Schulden bei Wucherern hatten nicht gerade die Angewohnheit zu verschwinden, und darüber hinaus waren derartige Kreditgeber nicht als besonders geduldige Menschen bekannt. Von ihr wollte er keine Hilfe annehmen, seine Mutter konnte er nicht fragen, ohne den mühsam erreichten Waffenstillstand zu gefährden - was also sollte sie tun? Einfach abwarten und zusehen, wie ihr Bruder sich in immer größere Schulden verstrickte?
    Am Ende entschied sie sich dafür, mit Lord Carlisle zu sprechen. Bestimmt würde er alles verstehen und die ganze Angelegenheit regeln, ohne daß Catherine etwas davon erfuhr. Er tat es.
    Aber Baby Byron war so verärgert über diesen Verrat, daß er den Briefwechsel mit Augusta

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