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Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Titel: Wahnsinn, der das Herz zerfrisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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»dort kenne ich sozusagen alle Pferde persönlich«) erhielt Augusta Besuch von ihrer Tante Sophia Byron. Sophia war die jüngste Schwester des tollen Jack, als einzige unverheiratet, und reiste gerne im Land herum, um ihre Nichten und Neffen über die Familiengeschichte zu belehren. Da sie neben einer gehörigen Portion Selbstsicherheit, die in ihrer Jugend so manchen Bewerber abgeschreckt hatte, auch den Byronschen Humor besaß, fand sie nichts dabei, als Augusta bei der Erzählung von den Torheiten ihres Gatten eher lachte, als weinte.
    »Ich muß sagen, Augusta«, bemerkte sie und nickte dazu heftig mit dem Kopf, »dein George erinnert mich sehr an seinen Onkel, meinen Bruder Jack. Die arme Seele konnte auch nie mit Geld umgehen, und das, obwohl er gleich zwei reiche Frauen hintereinander heiratete. Wenngleich ich auch nicht verstanden habe, wie er ausgerechnet auf Catherine kam - kein Vergleich zu deiner Mutter, Augusta, kein Vergleich. Nun ja«, sie seufzte,
    »sie ist ja nun tot - Catherine, meine ich. Wußtest du das nicht?
    Wie traurig für den armen Jungen, so etwas gleich bei seiner Ankunft zu hören.«
    »Wen meinst du?« fragte Augusta verwirrt. »Aber Augusta«, erwiderte Sophia, entzückt, eine völlig neue Familiennachricht weitergeben zu können, »deinen Bruder Byron natürlich. Er ist von den Heiden zurückgekehrt und wieder im Lande.«
    Ihr Beileidschreiben war in einem sehr vorsichtigen Ton gehalten gewesen, ein Versuch, seine Stimmung zu ergründen.
    Schließlich hatte sie Catherine kaum, das gespannte Verhältnis zwischen Mutter und Sohn dafür um so besser gekannt. Sie mußte lange auf eine Antwort warten, doch obwohl sie sich über die Jahre hinweg ihrem Bruder entfremdet hatte, war sie sehr erleichtert, als sie seine unordentliche, verschlungene Schrift auf einem der Briefumschläge entdeckte, die eines Tages in Six Mile Bottom eintrafen.
     
    Newstead Abbey, 21ster August 1811
     
    Meine liebe Schwester, ich hätte Deinen Brief schon längst beantworten sollen, aber wann habe ich je getan, was ich hätte tun sollen? - Ich verliere meine Verwandten & Du vermehrst die Zahl der Deinen, doch was besser ist, weiß Gott allein; - neben der armen Mrs. Byron hat mich der Tod in wenig mehr als einem Monat zweier ganz besonders guter Freunde beraubt, aber da sämtliche Bemerkungen zu solchen Dingen überflüssig und fruchtlos sind, lasse ich die Toten ruhen und kehre zum trüben Geschäft des Lebens zurück, das mir freilich nichts sehr Angenehmes bietet, weder an Aussichten noch im Rückblick.
    Ich höre, daß Du die Untertanen Seiner Majestät vermehrt hast, was in dieser Zeit des Krieges und der Drangsal wahrwahrhaft patriotisch ist, obgleich Malthus uns lehrt, daß wir, gäbe es nicht Schlachten, Mord & plötzlichen Tod, längst übervölkert wären, meine ich, daß wir jüngst einen Überfluß an diesen nationalen Wohltaten gehabt haben, & daher rechne ich Dir Dein matronenhaftes Betragen hoch an. -- Ich glaube, Du weißt, daß ich mehr als zwei Jahre durch das Archipel gestreift bin & ebenso hätte fortbleiben können trotz all des Nützlichen, das ich je getan oder daheim noch tun könnte, und daher werde ich, sobald ich meine irreparabelen Angelegenheiten irgendwie repariert habe, geradenwegs ins Ausland gehen, denn ich habe Euer Klima & alle Dinge, auf die es regnet, von Herzen satt, immer unbeschadet und ausgenommen Deiner, pflichtschuldigst. Es würde mich freuen, Dich hier zu sehen (denn ich glaube, Du hast das Anwesen noch nie gesehen), wenn Du es einrichten kannst. Murray steht immer noch wie ein Fels & wird wahrscheinlich an die sechs Lords Byron überleben, obschon in seinem 75sten Herbst.
    Du sagst, Du hättest mir viel zu erzählen, laß es mich auf jeden Fall wissen, da ich es beim besten Willen nicht erraten kann; was immer es sein mag, es wird aufgehörige Aufmerksamkeit treffen. Dein getreuer und hochgeschätzter Vetter F. Howard hat eine Miss Soundso geheiratet, ich wünsche ihm um Deinetwillen Glück, und um seinetwillen, obschon ich, grob gesprochen, die Brut nicht ausstehen kann. Übrigens werde ich in den nächsten sechs Monaten heiraten, wenn ich irgend etwas finde, das geneigt ist, Geld gegen Rang einzutauschen, danach werde ich zu meinen Freunden, den Türken, zurückkehren. Inzwischen bin ich,
    liebe Frau Schwester,
    stets der Deine,
    B.
     
    Sie las den Brief ein zweites Mal durch und lachte. Baby Byron! Bevor sie antworten konnte, machte sie die Bekanntschaft von

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