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Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Titel: Wahnsinn, der das Herz zerfrisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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man Winter dazu sagen.
    Wenn wir uns im Oktr. treffen, werden wir mit meiner Kutsche fahren - können einen Käfig für die Kinder & einen Karren für die Nanny nehmen. - Oder sie vielleicht über den Kanal vorausschicken.
    Laß uns alles darüber wissen, Deine ›Gedankenerleuchtung‹
    ist ein wenig umwölkt wie der Mond in diesen albernen Breiten.
    Gute Nacht, Kind.
     
    stets Dein
    B.
     
    Augusta hätte nicht sagen können, warum die wiedererwachte Korrespondenz mit ihrem Bruder, dieser liebevolle Austausch gegenseitiger Neckereien, so wichtig für sie geworden war. Als ihre Tante Sophia erzählt hatte, er sei wieder in England, waren ihr alle früheren Zwistigkeiten mit einem Mal unwichtig erschienen. Ihr Grund, auf ihn böse zu sein, lag fast drei Jahre zurück, seine Gekränktheit über ihren »Verrat« noch länger. Sie hatten beide nun wirklich genug Zeit gehabt, sich gegenseitig zu grollen - und waren sie nicht Geschwister?
    Seltsam; ihre älteren Halbbrüder und die Schwester aus der gefeierten ersten Ehe ihrer Mutter waren für sie nie so wichtig gewesen wie dieser jüngere Bruder. Sie hatte sie immer mehr als befreundete Cousins empfunden, obwohl sie ihr alle drei während ihrer Kindheit regelmäßig zu Gesicht kamen, ganz anders als Byron. Doch irgendwo in ihrem Inneren war immer das Gefühl versteckt gewesen, für ihre älteren Geschwister eine Schande darzustellen, das Produkt einer skandalösen Verbindung, über die man nur sprach, wenn die Kinder schon im Bett lagen.
    Byron gegenüber hatten sich solche Gedanken nicht eingestellt.
    Ihr erster Briefwechsel damals, dem noch nicht einmal eine persönliche Begegnung vorangegangen war, hatte für beide die Gewißheit gebracht, endlich einen Vertrauten zu haben, der einen vollkommen verstand. Und jetzt sah es so aus, als ließen sich tatsächlich die Jahre der Entfremdung wieder überwinden.
    Sie freute sich sehr darauf, ihn im Herbst zu treffen und zum erstenmal Newstead Abbey zu sehen. Aber dann erkrankte Georgiana, und Augusta mußte ihrem Bruder absagen.
    Es war keine wirklich ernste Krankheit, doch für ein Kind trotzdem gefährlich. Außerdem bestand die Gefahr, daß Georgiana die kleine Augusta Charlotte ansteckte, und ein Baby von nicht einmal einem Jahr hätte kaum eine Chance gehabt, dies zu überleben. Augusta erwartete inzwischen wieder ein Kind und hoffte nur, daß diese Schwangerschaft genauso unkompliziert verlaufen würde wie die vorherigen.
    Wenn sie nicht Georgiana die Stirn kühlte, mühsam versuchte, dem wimmernden Mädchen seine Arznei einzugeben, spielte sie mit der kleinen Augusta oder zerbrach sich den Kopf über George Leighs Abrechnungen und die immer noch anwachsenden Schulden. Und das mir, dachte sie. Sie hatte Mathematik immer gehaßt.
    Sie versuchte, so gut es ging, das hypothekenbelastete Six Mile Bottom zu verwalten. Ihr Gatte weigerte sich bei seinen gelegentlichen Besuchen standhaft, einen Primasverwalter einstellen zu lassen - und in dieser Angelegenheit brauchte sie seine schriftliche Einwilligung. »Wirklich, Augusta, ich finde es fabelhaft, daß du dich so um all diesen Geldkram kümmerst, und mit dem Rest hast du gewiß recht - aber bei dieser Sache hast du nicht richtig nachgedacht. Hilfskräfte, ja, in Ordnung, aber ein Primasverwalter ist doch viel zu teuer. Außerdem würden die Leute sagen, ich würde noch nicht einmal mit meinem eigenen Gut fertig.«
     
    Ende Februar 1812, sie war hochschwanger, bekam Augusta einen Vorausabdruck des neuesten Werkes ihres Bruders. Auf die Innenseite des Einbanddeckels hatte er - schwer lesbar und unordentlich wie immer - in seiner krakeligen Schrift eine Widmung geschrieben: »Für Augusta, meine Schwester, die mich immer mehr geliebt hat, als ich es verdient habe.« Sie klappte das Buch zu und sah noch einmal nach dem Titel:
    »Childe Harolds Pilgerfahrt«.

1812-1813
     
    »Da sehen Sie, was Ruhm ist - wie sorgfältig - wie grenzenlos - ich weiß nicht, wie andere darüber denken – aber ich werde stets um so leichter und um so mehr geachtet, sobald ich den meinen los geworden bin.«
     
    »Childe Haralds Pilgerfahrt« erschien am neunten März 1812 und wurde zur literarischen Sensation. Es machte Byron über Nacht berühmt. Die aus zwei Gesängen bestehende Verserzählung vom düsteren, zynischen Reisenden, der die Welt verachtet und doch alles andere sucht, nur nicht ein friedliches Dasein, erfüllte Englands lesende Welt mit freudigem Entsetzen.
    Childe Harold schien

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