Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Titel: Wahnsinn, der das Herz zerfrisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
Byrons Freund Scrope Davies. Davies litt an der chronischen Krankheit der adeligen Jugend - er spielte. Allerdings war er erfolgreicher als George Leigh; er gewann nämlich (meistens jedenfalls), eine von seinen erspielten Summen hatte sogar das Startkapital für Byrons zweijährige Reise gebildet.
    Scrope Davies war eng mit dem derzeit bedeutendsten Salonlöwen Englands befreundet: Beau Brummel, Dandy, Modediktator und intimster Vertrauter des Prinzregenten. Dementsprechend genau achtete Davies auf sein Aussehen: die blonden Haare elegant gelockt, fand er sich mit raffiniert geschlungener, blütenweißer Krawatte, gesticktem Hemd und einer hautengen Hose bei Augusta ein. Er erklärte, er sei ein Freund ihres Bruders, auch mit Colonel Leigh bekannt, in Cambridge ansässig, und da er in der Gegend einige Dinge zu erledigen habe, sei er so kühn gewesen, sie zu besuchen. Im übrigen solle er ihr Grüße von ihrem Bruder bestellen. Scrope Davies’ leicht stotternde Sprechweise hätte, zusammen mit seiner äußeren Erscheinung, unwillkürlich komisch wirken können, wäre nicht jede seiner Bemerkungen knapp und meistens sarkastisch gewesen.
    »Wie geht es Byron?« fragte Augusta und bot ihrem Gast ein Glas Wein an. »Er sitzt in Newstead Abbey und langweilt sich«, erwiderte Mr. Davies und bediente sich. »Danke, Mrs. Leigh. Oh, sind das Ihre Töchter? Wirklich Kinder, wie sie Byron gefallen würden!« Wäre Augusta nicht so damit beschäftigt gewesen, Georgiana im Auge zu behalten, die die Schläfrigkeit der Nanny nutzte, um Augusta Charlotte zu zwicken, dann wäre ihr der hinterhältige Blick von Byrons Freund nicht entgangen.
    … ich wünschte, ich könnte sofort nach Newstead aufbrechen und sie Dir zeigen. Ich kann Dir nicht sagen, wie sehr es mich freuen würde, es und Dich zu sehen; aber, mein liebster B. es ist eine lange Reise… Mr. Davies schreibt mir, Du hättest versprochen, ihn beiläufig zu besuchen; bitte tue es, Du kannst dann so leicht hierherkommen. Ich habe mein Herz daran gesetzt. Bedenke, wie lange es her ist, daß ich Dich gesehen habe.
    In der Tat habe ich Dir viel zu erzählen; aber es sagt sich leichter, als es sich schreiben läßt. Du hast wahrscheinlich von vielen Veränderungen unserer Lage, seit Du England verlassen hast, gehört; materiell gesehen, hat sie sich zum Schlechten hin gewandelt…
    Ich habe die Zeit nicht, auch nur halb soviel zu schreiben, wie ich zu sagen habe, denn mein Brief muß weggehen; aber ich ziehe es vor, in aller Eile zu schreiben, als überhaupt nicht zu schreiben. Du kannst Dir nicht vorstellen, (…) wie viel und ständig ich in der letzten Zeit an Dich gedacht habe.
    Dein Brief (oder wenigstens ein Teil davon) hat mich zum Lachen gebracht. Ich bin ja so glücklich, zu hören, daß Du Deine Vorurteile gegen das schöne Geschlecht genügend überwunden hast, um Dich zum Heiraten entschlossen zu haben; aber ich werde sehr darauf hoffen, daß meine zukünftige Schwägerin mehr Anziehungspunkte als nur Geld besitzt, obwohl das sicher irgendwie nötig ist. Ich habe keinen weiteren Augenblick, liebster B. also verzeih mir, wenn ich bald wieder schreibe
    A.L.
    P. S. Bitte schreib, wenn Du kannst.
     
     
    Newstead Abbey, 30ster August 1811
     
    Meine liebe Augusta,
    Von den Verlegenheiten, die Du in Deinem letzten Brief erwähnst, habe ich noch nie zuvor gehört, aber diese Krankheit ist epidemisch in unserer Familie. - Auch bin ich nicht von irgendwelchen Veränderungen, die Du andeutest, unterrichtet worden, und wie sollte ich auch? an der Küste des Schwarzen Meeres hörten wir nur von den Russen. - Du hast mir also viel zu erzählen, & alles wird neu für mich sein.
    - Ich weiß nicht, was Scrope Davies damit meinte, als er Dir sagte, ich hätte Kinder gern, ich verabscheue ihren Anblick so sehr, daß ich immer den größten Respekt vor dem Charakter des Herodes hatte. - Da aber mein Haus hier groß genug ist für uns alle, müßten wir sehr gut miteinander auskommen, & ich brauche Dir nicht zu sagen, daß ich mich nach Dir sehne.
    - Ich kann an einer kurzen Reise von zwei Tagen wirklich nichts so Schreckliches finden, aber das kommt alles vom Ehestand, Du hast ein Kindermädchen & die ganzen & ceteras einer Familie. Nun gut, ich muß heiraten, um meine eigenen Verheerungen & die meiner verschwenderischen Vorfahren wiedergutzumachen, aber wenn ich je das Pech haben sollte, mit einem Erben beschenkt zu werden, so soll er statt einer Rassel einen Knebel bekommen.
    -

Weitere Kostenlose Bücher