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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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hörte Penelope ihren Vater zum ersten Mal in ihrem Leben laut werden. »Aber diese ganze Angelegenheit ist deine Schuld, nicht meine, Thaddeus! Such dir einen anderen Narren für deine Mission!«
    Feltham klang leise, geradezu beschwörend, als er sagte: »Wenn dem so ist, warum hast du dann damals Maxwell Frost in deine Dienste genommen? Und warum hast du Jane Swain nicht wieder fortgeschickt?«
    »Aus simplen Anstand!«, fauchte ihr Vater wie ein zorniges Raubtier.
    »Dann bitte ich dich also aus Anstand«, pflückte ihm Feltham das Wort aus dem Mund, »das Leben dieses Mädchens zu retten.«
    Er machte, wie ein Schauspieler auf der Bühne, eine kleine, wohlakzentuierte Pause, in der nichts anders als das Knacken der Holzscheite im Feuer zu hören war. Vor ihrem inneren Auge sah Penelope, wie sich die beiden Männer vor dem Kamin gegenüberstanden, umgeben von all den Büchern und beschienen von den Flammen. Ihr Vater aufgebracht und zornig, die weichen Hände zu Fäusten geballt, das Gesicht nicht länger die sanftmütige Maske eines Gentlemans. Ihm gegenüber Feltham, der niemals schön war und immer zu groß gewachsen.
    »Hilf mir, das Mädchen zu retten. Wir könnten seinen Tod vortäuschen. Wie leicht hätten zwei anstatt einem Hausmädchen durch das Gift sterben können«, verlangte er von dem Earl.
    »Das ist unmöglich«, erklärte Lord Derrington aus tiefster Überzeugung, doch für einen Moment klang er sogar zu überrascht, um wütend zu sein. Wie zur Begründung fügte er hinzu: »Die Polizei wird bald eintreffen. Es werden Fragen gestellt werden. Es wird eine Beerdigung geben. Außerdem weiß die Dienerschaft immer alles. Kein Telegramm könnte schneller sein.«
    »Wir könnten die Polizei um Verschwiegenheit bitten«, beteuerte Feltham geduldig. »Um Miss Swains Schutz willen. Es würde genügen, die Täuschung eine Woche lang aufrechtzuerhalten. Und außer Frost weiß bisher nur das zweite Hausmädchen davon.«Als könnte er die Zweifel von Lord Derringtons Gesicht ablesen, fügte er hinzu: »Eine Woche der Täuschung, das ist alles, worum ich dich bitte, Charles. Wenn sie erst davon überzeugt sind, dass der Anschlag gelungen ist, werden sie es kein zweites Mal versuchen.«
    Bevor Colonel Feltham noch ein weiteres Wort sprechen konnte, klopfte es an die Tür zur Bibliothek. In dem Geheimversteck zuckte Penny vernehmlich zusammen. Sie spürte, dass auch Julian den Atem angehalten hatte und vor Anspannung nun unruhig sein Gewicht verlagerte. Die Tür wurde geöffnet. Penny versuchte jedes Geräusch mit den Ohren aufzusaugen, doch kein Laut deutete an, wer eingetreten war. Und dann erkannte sie die klare Stimme ihrer Schwester. Obwohl Claire weder besonders aufgebracht noch Furcht einflößend klang, wünschte Penny sich plötzlich mit jeder Faser ihres Körpers zurück in ihr Bett. Doch gefangen zwischen der abgeschlossenen Tür zum Salon und den jahrhundertealten Mauern, gab es kein Zurück. Sie musste bleiben, wo sie war, dicht an Julians Körper gepresst.
    »Entschuldigt, aber ich hörte Stimmen in der Bibliothek«, sagte Claire in einem Tonfall, um den sie jede junge Naive auf der Bühne beneidet hätte. »Und Penny ist nicht in ihrem Bett.«
    In der Lichtlosigkeit des Verschlages atmete Julian vernehmlich aus. Auch Penny glaubte zu wissen, was nun folgen würde, so sicher, als könnte sie den Text aus dem Theaterstück eines Dramatikers ablesen.
    »Wo sollte deine Schwester um diese Zeit sonst sein?«, gab Lord Derrington nicht zu Unrecht zu bedenken.
    »Nun, vielleicht irre ich mich, aber es gab da früher einen geheimen Treffpunkt, an dem sie sich öfter mit Julian verabredet hat.« Claire täuschte ihr Zaudern mit künstlerischer Perfektion vor. »Hier in der Bibliothek. Deshalb habe ich eure Stimmen zuerst für ihre gehalten.«
    Die geheime Kammer lag nicht so meisterhaft verborgen, dass sie über die Jahrhunderte hinweg unentdeckt geblieben wäre. In jeder Generation der Familie hatten die Kinder danach gesucht und fast jedes Familienmitglied hatte zumindest schon einmal von ihr gehört. Es war also nicht besonders verwunderlich, dass Charles Goodall nicht nachfragen musste, welchen Ort seine Tochter meinte. Mit einigen schnellen Schritten durchquerte er den Raum. In diesem Moment wusste Penelope, wie sich ein in die Enge gedrängtes Tier fühlen musste. Unfähig zu fliehen, während das Unheil unausweichlich näher rückte. Ihr Vater musste ein wenig länger auf der Holzverkleidung

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