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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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Wagen zu entzünden. Danach stieg der schweigsame Orientale zu Jane herein und entzündete die beiden polierten Glaslampen im Inneren der Kutsche. Für einen Herzschlag lang tauschten sie einen stummen Blick. Jetzt war Jane sich vollkommen sicher, dass er sie zum zweiten Mal erkannte. Er stieg wieder aus und sie hörte einen Automotor aufbrummen. Kurz darauf kehrte Mr White allein zurück. Ihr Blick klebte auf seinem Gesicht, erst von oben herab, als er auf den Tritt stieg, und dann von unten, als er über ihr aufragte. Er streifte sie in der engen Kabine. Der schwere Duft von orientalischem Tabak umgab ihn wie ein Parfüm.
    In diesem Augenblick setzte die Erinnerung ein, so plötzlich, als hätte sie die ganze Zeit über geduldig in einem staubigen Winkel von Janes Gedächtnis genistet. Es waren Monate vergangen, seit sie sich in der unterirdischen Grabkammer begegnet waren. Damals hatte er ihr auch in einem unruhigen Lichtschein gegenüber gestanden. Ambrose White hatte eine Fackel in die Höhe gehalten, als er sich in der Schwärze des Tunnels zu ihr herumdrehte. Im Schein der flackernden Flamme war sein Gesicht deutlich zu sehen gewesen. Jane hatte sich an die Steinquader gepresst, als wollte sie in den uralten Gräbern Schutz suchen. Doch er hatte die Fackel höher gehoben und war auf sie zugekommen, um nachzusehen, wer oder was sich in der Finsternis geregt hatte. Sie hatten sich gegenübergestanden. Jane am äußeren Rand des Lichtkreises und Mr White in seinem Zentrum. Beide starr und stumm vor Erstaunen. Dann hatte sie sich umgedreht und war in den Gang gerannt. Er hatte ihr etwas in die Finsternis hinterhergerufen, und seine Stimme war das Letzte gewesen, was sie gehört hatte, bevor sie in die Wüste floh. Ihre kurze Begegnung war der einzige Fixpunkt gewesen, der sich immer wieder aus ihrer Erinnerung hervorschälte, während sie all die anderen Gestalten in der Grabanlage vor lauter Hitze, Schock und Erschöpfung als hartnäckigen Albtraum abgetan hatte.
    Jetzt nahm Mr White umständlich ihr gegenüber auf der anderen Sitzbank Platz. Er zupfte seine Anzughose zurecht und stützte die Hand mit dem Revolver auf dem Bein ab. Die Kutsche fuhr an, ohne dass er Janes Wiedererkennen bemerkte.
    »Sie werden nicht so töricht sein, sich aus der fahrenden Kutsche zu stürzen, nicht wahr?«, erkundigte er sich mit demselben Wohlwollen, mit dem er ihr vor einem zu trockenen Stück Kuchen abgeraten hätte.
    Zur Antwort würgte Jane ein unbestimmtes Krächzen hervor. In ihrem Kopf griffen die Schlussfolgerungen ineinander, wie die Zahnräder eines Uhrwerkes, das nach langem Stillstand wieder aufgezogen worden war und nun verlässlich tickend seine Arbeit aufnahm. Das Ergebnis war so ungeheuerlich, dass es ihr die Sprache verschlug. Sie hatte stets geglaubt, geistesgegenwär tig und einfallsreich zu sein, doch jetzt konnte sie Mr White nur offen anstarren. Der Geschäftsmann fing ihren Blick auf und er verstand.
    »Ach so«, bemerkte er mit einem Hauch von Bedauern. »Das ist natürlich ärgerlich.«
    »Sie waren der Mann in der Grabkammer«, sprach Jane endlich das Offensichtliche aus. »Und Sie haben die Prozession durch die unterirdischen Tunnel begleitet. Es war doch eine Prozession?« Obwohl sie wieder Vertrauen zu ihren eigenen Erinnerungen fasste, gab es immer noch Einzelheiten in ihr, die nach Klarheit verlangten.
    »Gewiss, obwohl Sie bei genauerer Betrachtung bestimmt festgestellt hätten, dass es der Zug der Priester und Gottheiten an historischer Genauigkeit vermissen ließ«, räumte Mr White ein. »Das Ziel der Angelegenheit war eher ein mitreißendes Spektakel.«
    Ungeachtet seiner Eröffnung, preschte die Kutsche weiter über die einsame Landstraße dahin. Das Pferdegeschirr knirschte, die Wagenräder krachten und die Pferdehufe stampften, während sie durch die Nacht rasten.
    »Sie waren es, der mir die vergifteten Süßigkeiten geschickt hat«, sagte Jane, als müsste sie sich selbst von der Richtigkeit ihrer Schlussfolgerung überzeugen, indem sie die Wahrheit laut aussprach. »Es lag zwar das Zeichen des Horus dabei, aber Zyankali und die englische Post passen weder zu einer altägyptischen Prozession noch zu einem Mann, der sich als Gott verkleidet, bevor er auf einen Dachboden schleicht.«
    »Ich persönlich habe größeres Vertrauen in die Errungenschaften der Gegenwart als in die Magie einer untergegangenen Kultur«, bekannte Mr White frei mütig.
    Im Gegensatz zu ihr war der Geschäftsmann in

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