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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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Hausdiener wortlos in die Hände, der gerade noch rechtzeitig zupacken konnte, um es kein zweites Mal zu Boden gehen zu lassen. Jane drängte sich an ihm vorbei und floh die Treppe hinunter. Eine schwer beladene Wäscherin wich ihr nicht mehr rechtzeitig aus. Ihre frisch gebleichten Servietten segelten wie riesige weiße Blüten durch den ganzen Korridor. Jane hetzte an der Küche vorbei, den schmalen Gang zum Hof entlang und stieß die Hintertür auf. Die feuchte Kälte des hereinbrechenden Oktoberabends schlug ihr aus dem Park entgegen. Mit wenigen Schritten stand sie im Freien und ließ das Herrenhaus hinter sich zurück.

4. KAPITEL Gefährten
    J ane stolperte mit gerafften Röcken die wenigen Stufen von der Kellertür in den Hof hinauf. In ihrem Rücken warfen die hell erleuchteten Küchenfenster strahlende Vierecke in den hereinbrechenden Abend. Eine Küchenmagd hielt auf dem Weg vom Gemüsegarten inne, als sie das Hausmädchen vorübereilen sah, doch Jane schenkte ihr keine Beachtung. Sie floh mit weiten Schritten in den schattengrauen Park. Die kahlen Bäume entlang der Wege zeichneten sich wie Scherenschnitte gegen den fahlen Himmel ab. Ein feiner Nieselregen ging über den Hügeln nieder und vom Fluss her zog bleicher Nebel auf. Die sorgsam kultivierte Kulisse der Gärten verschwamm zu einer Anhäufung von nackten Zweigen, feuchtem Gras und düsteren Hecken. Die malerisch angelegten Wege lockten nicht länger von einem verborgenen Winkel zum nächsten und der weite Blick über die geschwungenen Hügelkuppen versank in der trüben Witterung.
    Doch Jane hätte auch bei strahlendem Sonnenschein keinen Blick für die Schönheit des Parks übrig gehabt. Ohne sich mit den sauberen Kieswegen aufzuhalten, rutschte und stolperte sie eine Anhöhe hinab. Vor ihr ragten die weißen Säulen eines Miniaturtempels aus dem Nebel, während hinter ihr die Mauern von Wainwood zurückblieben. Jane rannte so zielstrebig auf den Saum eines Wäldchens zu, als könnte sie ihre aufgestauten Ängste wie ein Rudel jagender Schakale hinter sich abhängen. Sie hielt die Röcke gerafft, um nicht zu stolpern, und fühlte bei jedem Schritt, wie sie sich im Lauf vom Boden abstieß und federnd wieder aufkam. Sie schnellte vorwärts, sog gierig die kühle Luft ein und hielt ihr Gesicht in den feinen Regen. Haarsträhnen klebten ihr auf der Stirn. Die feuchten Röcke wurden schwerer. In der hereinbrechenden Dunkelheit konnte sie nur wenige Yards weit sehen, doch da vollkommene Windstille herrschte, war jedes Geräusch weithin zu hören. Da war das Huschen eines aufgeschreckten Vogels neben ihr im Unterholz, das Gurgeln des angeschwollenen Flusses zwischen den Bäumen, ein Knacken in den Tiefen des Waldes und das ferne Bellen eines Hundes in den Hügeln. Und weit hinter ihr, auf Wainwood, der scharfe Knall einer kraftvoll zugeschlagenen Tür, wie ein Salutschuss in der Dämmerung.
    Als würde Jane sich erst in diesem Moment wieder an die Welt jenseits des Parks erinnern, blieb sie heftig atmend stehen und stützte sich an einem Baumstamm ab. Vor ihrem inneren Auge blitzte die säuberlich verfasste Liste der Hausregeln in Mrs Chambers spitzer Hand schrift auf. Dienstboten war es untersagt, den Park zu betreten. Jane lachte unsicher, hickste im nächsten Moment und schluchzte endlich auf. Sie wischte sich mit dem Ärmel über die Augen und eine formlos triefende Nase. Schließlich rutschte sie mit dem Rücken am Baumstamm herab, sodass sie im Nest ihrer schwarzen Röcke zwischen den Wurzeln saß und bitterlich weinte.
    Es fühlte sich an, als würden all die mahnenden Blicke, die gebellten Befehle und endlosen Aufträge über ihr zusammenbrechen und dabei den heißen Schmerz über den Tod ihrer Eltern endlich wieder freilegen. Sie zog die Knie an ihren Körper und hielt ihre Beine umschlungen, das Gesicht gegen den feuchten Stoff des Rockes gepresst. Die Stäbe des Korsetts stachen ihr bei jedem Schluchzen in die Haut, und als würde auch der Baum weinen, tropfte Jane der Regen aus seinen Ästen beharrlich in den Nacken. Erst das Knacken eines zerbrechenden Zweiges und das feuchte Schmatzen von Schritten im Matsch ließ sie wieder hochfahren. Jane verhedderte sich beim Aufspringen in ihren Röcken und stürzte zu Boden. Bilder von Wilderern geisterten ihr durch den Kopf, umherziehende Vagabunden und jene unheilvollen Geister ihrer Albträume, die ihr aus Ägypten gefolgt waren. Jetzt kauerte sie sich auf der Suche nach Deckung hinter den

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