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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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gearbeitet hat, um sich auf seinem Platz zu behaupten. Was bleibt uns denn, wenn wir unsere Stellung verlieren? Die meisten von uns ha ben noch nicht genug Geld gespart, um eine eigene Familie gründen zu können. Wir haben in den letzten Jahren kein anderes zu Hause gekannt. Und einige von uns sind schon so lange hier, dass sie angefangen haben, die Goodalls als ihre Familie zu betrachten. Jeder, der von außen kommt, wird misstrauisch beäugt. Und Sie sind anders als alles, was wir bisher gekannt haben.«
    Die Laterne beschien sie von unten. Sie tauchte ihre Gesichter in einen warmen Glanz. Der Regen fiel inzwischen dichter und durchnässte sie beide vollends. Samuel versuchte sich an einem Lächeln, während ihm das Wasser aus den Haaren tropfte und er die Aura seiner Makellosigkeit einbüßte. »Wenn Sie sich erst an die ewige Schufterei gewöhnt haben, werden Sie erkennen, wie das Getriebe im Haus ineinandergreift. Dann wird es besser, glauben Sie mir.«
    Obwohl Jane sich nicht erinnern konnte, jemals zuvor derart gefroren zu haben, harrte sie noch einen Augenblick lang aus, um eine letzte Frage zu stellen. »Wollten Sie jemals Hausdiener werden, Sam?«
    Dieses Mal zögerte er keine Sekunde. »Nein, aber darauf kommt es nicht an. Es war das Einzige, worauf ich hoffen durfte.« Damit ließ er Janes Hand los. Er nahm die Laterne auf und schritt vor ihr her aus dem Wäldchen heraus. Vor ihnen, inmitten der Hügel, ragten die Zinnen von Wainwood in der Nacht auf.
    Sie sprachen den ganzen Weg über kein Wort mehr. Doch es war ein gutes Schweigen, eine Stille, in der Jane sich all jene Gedanken ansah, die sie seit Wochen nicht zu beachten gewagt hatte. Sie drehte sie hin und her und betrachtete sie von allen Seiten, als würde sie die Maserung eines Kiesels im Sonnenlicht untersuchen. Als sie gemeinsam den Hof betraten, blieb sie wie an einer unsichtbaren Grenze plötzlich stehen.
    »Meine Eltern sind nicht bei einem Unfall gestorben«, teilte sie Samuel ohne Eröffnung mit. Auch er war stehen geblieben, halb zu ihr herum gedreht. Im Gegenlicht der hellen Fensterscheiben konnte sie sein Gesicht nicht erkennen und seine Miene nicht lesen. »Sie waren Altertumsforscher in Ägypten. Angeblich wollten sie sich den Eingang zu einem verschütteten Tempel freisprengen. Doch das ist Unsinn, denn mein Vater hätte niemals mit Sprengladungen gearbeitet. Die Gefahr dabei versehentlich etwas von historischer Bedeutung zu zerstören, wäre viel zu groß gewesen.«
    Der Hausdiener machte keine Anstalten, sie zu unterbrechen. Vermutlich hatte er noch nicht einmal gewusst, dass Janes Eltern tot waren. Das Mädchen sprach wie unter Zwang weiter, nun, da sie endlich all die Zweifel und Mutmaßungen aussprechen durfte. »Mein Vater hat sich wegen irgendetwas Sorgen gemacht. Ich sollte in einer leeren Grabanlage auf ihn warten, bis er mich holen würde. Doch das ist nie geschehen. Stattdessen gab es diese Sprengung. Ich habe die Explosion bis in mein Versteck hinein gespürt.« Die Worte purzelten immer schneller aus ihr heraus, bis ihre Zunge kaum noch hinterherkam. »Als ich mich endlich wieder ins Freie traute, habe ich mich in der Wüste verlaufen und vor lauter Durst halluziniert. Ich weiß nicht mehr, was ich wahrhaftig dort unten in dem Grab gesehen und was ich mir eingebildet habe. Ich wäre gestorben, wenn nicht …«
    Sie verstummte abrupt, als sie merkte, wie viel sie gerade im Begriff stand, Preis zu geben. All jene Verdächtigungen, die sie bisher nicht einmal zu denken gewagt hatte, weil sie so ungeheuerlich waren.
    »Sie sind jetzt nicht mehr in Ägypten«, sagte Samuel und zog ihr die Decke über den Kopf, obwohl sie bereits vollständig durchnässt war. »Und Sie sind nicht länger allein.«
    Wie unter Zwang sah Jane auf und suchte Samuels Blick. »Colonel Feltham hat mich am Rande der Wüste gefunden«, sagte sie mit eisernem Nachdruck. »Er hat sich um mich gekümmert. Er hat mich hierher ge schickt, als ich nirgendwo sonst hin konnte.«
    »Dann hat dieser Colonel Sie also gleich zwei Mal gerettet?«, erkundigte sich Samuel, ohne alle Details ihrer Geschichte zu erfragen. Der Ernst in ihrer Stimme und der strömende Regen drängten ihn dazu, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. »Ist er ein Freund?«
    »Das ist es ja gerade. Ich habe ihn noch niemals zuvor gesehen, auch wenn er behauptet hat, ein Freund meines Vaters zu sein.« Janes Schultern sackten herab und ihr Blick verlor an Eindringlichkeit. »Der Tod

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