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Wald-Schrat

Titel: Wald-Schrat Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht aus den Sandalen zu kippen, denn er wusste genau, dass sie nicht vorhatte, Nymphe und Faun mit ihm zu spielen; sie wollte ihn nur vor Verlangen überschnappen lassen. Damit nämlich vergnügen sich Dämoninnen: indem sie einfache Leute plagen. »Was würdest du an meiner Stelle tun?«
    »Ich würde rasch zur Brücke zurückkehren. Sehr rasch sogar.«
    Forrest hörte ein unheilverkündendes Rumpeln. Die Schienen bebten und machten zusehends lautere Geräusche. Der Faun drehte sich um, öffnete die Augen und erblickte ein helles Licht in der Mitte eines schwarzen Flecks, der sich auf ihn zu bewegte. So schnell er konnte, rannte er zurück zur Brücke.
    Der Fleck verfestigte sich zu einer furchterregend großen, schwarzen, dahinrasenden Maschine. Weiße Dampfstrahlen schossen aus ihrer Seite, und aus einem Kamin auf der Oberseite stieg schwarzer Qualm auf. Die Maschine stieß ein durchdringendes Pfeifen aus.
    Forrest sprang auf die Brücke, rollte sich ab und bekam im allerletzten Augenblick die Hufe aus dem Weg, dann donnerte die Maschine vorüber, ganz wie Sideria vorhergesagt hatte. Wenn sie ihn nicht gewarnt hätte, wäre er nun platt wie eine Flunder.
    »Ich danke dir, Dämonin«, sagte er. »Du hast mich vor einem sehr unangenehmen Erlebnis bewahrt.«
    Sie erschien vor ihm. Ihr Rocksaum drohte, zu viel von ihren Beinen zu entblößen. »Na ja, es wäre Verschwendung gewesen, dich zerquetschen zu lassen, wo ich nur noch anderthalb Prüfungen von der Erfüllung meines halben Gefallens entfernt bin.«
    »Das kannst du getrost laut sagen«, meinte Forrest. Unter Aufbietung aller Willenskraft löste er seinen Blick von ihren Knien und rappelte sich auf. »Was also würdest du an meiner Stelle tun?«
    »Ich würde einsteigen, bevor der Zug abfährt.«
    Da erst sah Forrest, dass die Lokomotive, nachdem sie ihn knapp verfehlt hatte, unweit der Brücke schnaufend angehalten hatte. An die Lokomotive waren mehrere Wagen angehängt, und gleich vor ihm stand eine Tür offen. Der Wagen hatte viele Fenster in einer Reihe ein wenig über Kopfhöhe.
    Also hielt er sich an dem Handgriff fest und stieg die Stufen hinauf, in das Ende des langen Wagens.
    Erneut wurde die Pfeife geblasen, und die verrückte Maschine schnaufte und setzte sich wieder in Bewegung. Offenbar war es recht anstrengend, die vielen Wagen hinter sich herzuziehen. Kaum stand Forrest im Wagen, klappten die Stufen ein, und er war gefangen. Nun ging es woandershin.
    »Zum Glück bin ich nicht an deiner Stelle«, murmelte ihm Sideria unsichtbar ins Ohr. »Mentia würde damit vielleicht zurechtkommen, aber ich glaube, ich könnte das nicht.«
    »Wie meinst du das?«
    Doch sie war verschwunden. Er war wieder auf sich allein gestellt.
    Forrest blieb nur eine Wahl: Er musste in den Wagen vorstoßen. Zu beiden Seiten standen plüschbezogene Sitze, auf denen reglose Menschen hockten. Sie wirkten wie Statuen, denn sie blinzelten nicht einmal. Das machte ihn nervös.
    Er folgte dem Mittelgang, bis er einen leeren Sitz fand. Der Wagen schüttelte sich, und der Boden schwankte umso stärker, je schneller der Zug wurde, deshalb konnte sich Forrest kaum auf den Beinen halten. Also setzte er sich auf den einzigen freien Platz.
    Neben sich hörte er ein Geräusch. Eine junge Menschenfrau weinte in ihr Taschentuch.
    Forrest wusste nicht recht, wie man mit Menschenfrauen umgeht, denn vielen war er noch nicht begegnet. Sein Sandelbaum stand in einem Teil des Waldes, in den sich Menschen nur selten verirrten. Doch wurmte es ihn, dass jemand so dicht bei ihm so unglücklich sein sollte. Weil es keinen anderen Sitzplatz gab, beschloss er, der Frau anzubieten, ihr bei ihren Sorgen zu helfen.
    »Hallo«, sagte er. »Ich bin Forrest Faun. Kann ich irgendetwas für dich tun?«
    Sie drehte den Kopf und blickte ihn mit Augen an, die rot und angeschwollen waren vor Weinen. »Aaaaaah!«, schrie sie auf.
    Das verwirrte Forrest ein wenig. »Aaaaaah?«, fragte er.
    »Ein Satyr! Als hätte ich noch nicht genug Probleme.«
    Oh. »Ich bin kein Satyr«, versicherte Forrest ihr, »sondern ein Faun. Wir sind eine verwandte, weniger aggressive Art. Wir jagen nur willige Nymphen.«
    Ihre Augen klärten sich, und ihr Schniefen verschnüffelte. »Du jagst keine unschuldigen Jungfrauen?«
    »Ganz gewiss nicht.«
    »Nun, dann ist es gut. Ich bin Dot Mensch, und mein Talent besteht darin, Punkte auf die Wand zu werfen.«
    »Oh, das tut mir leid.«
    »Es tut dir leid? Was?«
    »Dass du kein brauchbares

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