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Wald

Wald

Titel: Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Waechter
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nicht. Ist berauscht von ihrer zarten Farbe. Die Hand wandert unter ihren Rock, tastet nach den Blüten.
    Sie schreit. Einmal, zweimal, dreimal – dann stockt ihr der Atem.
    Die Blüten sind weich, er drückt sie sanft und hofft, dass sie ihren Blütenstaub absondern.
    Die Rose verstummt, muss es mit sich geschehen lassen.
    Er dringt in sie ein und stiehlt ihren Glanz. Seine Augen glühen. Er schreit und stöhnt.
    Die Rose wendet ihren Blick ab, will so tun, als sei sie selbst nicht anwesend. Als wäre sie es nicht sie, die hier liegt, nur ihr Körper.
    Wie ein starker Wind peitscht er über sie herab, und der Stängel der Rose biegt sich. Doch der Sturm ist nur von kurzer Dauer. Dann lässt er von ihr ab. Die Rose blutet. Er erhebt sich. Stumm. Der Glanz ist aus seinen Augen gewichen. Als er sie ansieht, weiß er, dass die Rose verdorrt ist. Ihre Blätter sind welk und der Stängel ist geknickt.
    Schweigend schnürt er die Hose zusammen und verschwindet. Schnell, wie ein Windhauch.
    Llyle liegt erstarrt am Boden, fast so als wäre sie tot. Und vielleicht ist sie es bereits – sie weiß es nicht.
    Svetopluk schreitet desorientiert durch die Gänge der Burg. Der Wachmann hat Probleme Schritt zu halten. Im Burghof bleibt er schwitzend stehen und wedelt mit dem Arm.
    »Verschwindet! Lasst mich!«
    Der Gardist sieht ihn verwirrt an.
    »Los, los, weg!«
    Der Bewaffnete nickt pflichtbewusst und lässt Svetopluk allein im tröpfelnden Regen stehen. Der Fürst rennt zum Brunnen und hängt seinen Kopf hinein.
    »Ahhhhhhhhhhh!«
    Er schreit und würgt. Das Echo donnert ihm in die Ohren und betäubt sein Gehirn. Doch frei macht es ihn nicht. Er hebt sein Haupt und atmet tief durch. Nun tunkt er es abermals in die schwarze Röhre.
    »Was – hast – Du – getan?!«
    Was – hast – Du – getan!
    Das Echo erklingt tief und schlägt ihm mitten ins Gesicht.
    »Idiot!«

»Angriff«
     
    Erneut hat die totale Dunkelheit, das Grau des Tages vertrieben. Der Wald schlummert, doch er schläft nicht.
    Envin stiefelt durch die Nacht und gräbt im Schnee nach Feuerholz.
    Zur selben Zeit hat Sidus an der Lagerstelle bereits ein Loch gegraben, um das Feuer zu errichten. In der Mitte der Ausbuchtung türmt er kleine Stöcke und Fetzen von Baumrinde aufeinander. Dann findet er einen herumliegenden Ast, den er in mehrere Teile zerbricht. Die einzelnen Stücke drapiert er über den Zunder. Aus seiner Satteltasche kramt er die nötigen Utensilien hervor – das handgroße Schlageisen und den Feuerstein. Er kniet sich an die Feuerstelle. Er greift mit seinen Fingern in die beiden ringförmigen Ausbuchtungen des Eisens und schlägt es an den Stein. Ein kleiner Funke springt auf die Rinde über. Dann pustet er. Das Glühen wird stärker, nur um danach sofort wieder zu verlöschen. Er wiederholt diesen Vorgang dreimal – jedes mal ohne Erfolg. Er bräuchte etwas, das schnell entzündbar ist, und nicht sofort verbrennt, um das Feuer zu entfachen. Sidus erhebt sich und sieht sich um. Als er Envins Satteltasche erblickt, hat er eine Idee.
     
    Mit einem Stapel Holz unter dem Arm kämpft sich Envin zurück zum Lager. Als er den Abhang hinunter steigt, erschrickt er, ohne zu wissen wieso. Sidus sitzt am Feuer, das sich langsam ausbreitet, reibt seine Hände und zieht den Schleim in seinem Rachen mit einem lauten Gurgeln hoch. Envin bleibt wie erstarrt vor dem Feuer stehen. Er blickt auf die Flammen. Orangefarbene Feuergeister tanzen einen verzerrenden Tanz. Und dann erkennt er es. Das Maul eines Wolfs. Es wird behutsam von der Schwärze verschlungen, so wie der Rest des Pergaments, auf das es gezeichnet ist, und das bereits in Ascheklumpen zerfallen ist. Envins Herzschlag setzt aus.
    Das Gefühl, das in diesem Moment seinen Körper überflutet, kennt er bereits. Es ist der Schmerz, den ein Künstler verspürt, wenn ein Werk, das er geschaffen hat, und in das seine tiefsten Emotionen und Gedanken eingeflossen sind, nicht Ernst genommen wird und ohne Respekt behandelt wird. Diesmal ist die Lähmung, die seinen Geist befällt, so stark und dunkel wie nie zuvor.
    »Brennt gut, Dein Kunstwerk«, bemerkt Sidus gleichgültig.
    Envins Fingernägel bohren sich in die Holzscheite. Seine Atmung setzt wieder ein und sein Gehirn aus. Laut krachend fällt das Feuerholz zu Boden. Envin springt über das Feuer, fährt beide Hände wie Krallen aus und packt seinen Bruder am Hals. Sidus fällt erschrocken auf den Rücken. Envin liegt auf ihm. Sein Gesicht verfärbt

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