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Waldstadt

Waldstadt

Titel: Waldstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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er sonst immer gekannt hatte? Sein Atem ging stoßweise. Er wollte sein Werk doch genießen, aber jetzt war er auf der Flucht.
    Eine Kurzschlussreaktion, ungeplant, nicht vorbereitet, nicht genau ausgeklügelt und überlegt. Keine Nacht, die ihn schützen konnte wie im Hardtwald, keine Wildnis, die sein Opfer verbarg wie am Ruhestein. Das Risiko war viel zu hoch gewesen.
    Wieso hatte er sich dazu hinreißen lassen? Aus Enttäuschung, dass niemand den Toten in den Latschen gefunden hatte? Belasteten ihn die Depressionen seiner Mutter so stark, dass er ein Ventil brauchte?
    Er sehnte sich nach der Befreiung, der Befriedigung, die er bisher immer gespürt hatte, und kam nur langsam zur Ruhe.
    Es dämmerte bereits, als er das letzte Stück bis in die Stadt anging. Er fuhr auf der Bundesstraße und bergauf verlangte er seinem Körper noch einmal die maximale Leistung ab.
    Ein Umweg über den Marktplatz? Vor der italienischen Eisdiele unter den Arkaden hielt er an und lehnte sein Rad an einen Pfeiler.
    Plötzlich hörte er Sirenen, sah die Einsatzfahrzeuge in Richtung Kniebis fahren. Erst ein Streifenwagen, eine Minute später der Rettungsdienst. Ein drittes Fahrzeug, der Notarzt.
    Nachdenklich leckte er an Schoko und Stracciatella.

7
     
    Um zehn Uhr des nächsten Tages wurde die SoKo »Waldstadt« informiert, dass sich im Schwarzwald ein Verbrechen nach demselben Muster ereignet hatte.
    Die Hauptkommissare Lindt und Wellmann machten sich umgehend auf den Weg nach Freudenstadt.
    Es war halb 12, als der große dunkelrote Citroën der Karlsruher Kriminalisten bei Besenfeld auf die B 294 einbog.
    »Noch 17 Kilometer«, las Paul Wellmann auf einem Verkehrsschild. Die Frequenz von SWR 4 wurde automatisch angepasst und statt des gewohnten Badenradios gab es nun Regionalnachrichten vom Landesstudio Tübingen.
    »Ein Jäger entdeckte gestern Abend neben einem Waldweg zwischen Freudenstadt und Kniebis einen toten Radfahrer. Der vermeintliche Unfall stellte sich noch vor Ort als Tötungsdelikt heraus. Polizei und Staatsanwaltschaft haben die Ermittlungen aufgenommen.«
    »Kurz und bündig«, kommentierte Lindt die Meldung. »Gut, dass nichts von einem möglichen Zusammenhang mit unseren Fällen erwähnt wurde.«
    Wellmann meldete sich über Funk, ein Streifenwagen erwartete die beiden Kommissare kurz vor Freudenstadt und lotste sie zum Tatort.
    Zwei Techniker der Spurensicherung waren gerade dabei, ihre Gerätschaften zusammenzupacken und das rot-weiße Absperrband einzurollen.
    Franz-Otto Kühn, der örtliche Kripochef, nahm Lindt und Wellmann in Empfang und zeigte ein paar Digitalbilder: »So hat er gelegen, schräg, bäuchlings, die Beine im Wasser, den Kopf auf diesem Stein dort.« Er zeigte auf den Quader. Das rote Blut war schwärzlich verfärbt und eine Armee grün- und blau-glänzender Fliegen stob von ihrem Festmahl davon, als Lindt sich hinunterbückte.
    »Genau wie bei uns, Oskar, dieselbe Handschrift«, stellte Paul Wellmann fest. Mit seinem Kugelschreiber fuhr er auf einem der Fotos die ringförmige rote Linie am Hals entlang, als wollte er versuchen, sie wegzukratzen.
    »Fast, Paul, nicht ganz so wie im Hardtwald«, antwortete Lindt nachdenklich und klopfte den Tabaksrest aus seiner Pfeife in das Wasser des Grabens.
    »Hat die Gerichtsmedizin schon exakt berichtet, womit er stranguliert wurde?«, wandte er sich an seinen Freudenstädter Kollegen.
    »Heute früh per Telefon – auf jeden Fall war es ein Draht, verzinkt. Ein paar winzige Teilchen haben die aus der Halswunde gepuzzelt und unterm Mikroskop bestimmt. Falls ihr euch die Leiche anschauen wollt, müsst ihr aber einen Umweg über Tübingen machen.«
    Lindt überlegte und begann wieder zu stopfen. Abwechselnd betrachtete er den steilen Rand des tiefen Grabens und die Bilder. Mehrmals war der Tote wenig schmeichelhaft von der Seite fotografiert worden, sodass seine enorme Körperfülle voll zur Geltung kam. Der Fotograf musste flach auf dem Boden gelegen haben. »Sieht ziemlich schwer aus«, kommentierte Paul Wellmann.
    »Auch das wissen wir: 1,90m groß, 144 Kilo schwer. Wir mussten mit anpacken. Die beiden Bestatter bekamen ihn nicht alleine in den Zinksarg. Erst zu viert hats geklappt.«
    Wellmann pfiff leise durch die Zähne. »So viel hätte ich echt nicht vermutet.«
    »Das Bild täuscht. Ziemlich massig, wie er da lag ... und ein Mountainbike mit extra dickem Rahmen hatte er auch …«
    Lindt schickte einen finsteren Blick in Richtung seines

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