Walküre
Verhältnis mit Jake Westland?«
»Nein. Trotz der Behauptungen der Skandalpresse in Großbritannien. Jake hatte kein derartiges Interesse an mir. Und ich kann Ihnen versichern, dass Jake Westland ganz und gar nicht mein Typ war. Ich nehme an, dass Sie einiges über ihn herausgefunden haben?«
»Natürlich.«
»Dann werden Sie wissen, dass ihn die meisten für einen verlogenen, arroganten Drecksack hielten. Und großteils hatten sie recht. Aber für die Sabinerinnen-Stiftung hat er sich rückhaltlos engagiert, das können Sie mir glauben. Daran war nichts Verlogenes.«
»Warum gerade für Ihre Stiftung?«
»Das weiß ich nicht, und ich habe ihn auch nicht danach gefragt. Die Sabinerinnen-Stiftung unterscheidet sich von anderen Wohltätigkeitsorganisationen. Bei uns geht es nicht um Hunger- oder Katastrophenhilfe im herkömmlichen Sinne, über die man sprechen kann und gegen die man gern etwas unternimmt. Unsere Arbeit dagegen – und das, worüber wir reden – führt die Leute auf ein Gebiet, dem sie fernbleiben wollen. Aber manche haben gute Gründe, ihm nicht fernzubleiben. Ich bin sicher, auch Jake hatte sehr gute Motive dafür, sich so nachdrücklich für die Sabinerinnen-Stiftung einzusetzen. Vielleicht war er aufrichtig empört, vielleicht kannte er ein Opfer einer Kriegsvergewaltigung. Jedenfalls gab es für mich keinen Grund, seine Motive infrage zu stellen. Ich war dankbar für die Unterstützung, denn Jake Westland war unser bisher prominentester Förderer.«
»Haben Sie ihn am Abend des Wohltätigkeitskonzerts getroffen?«
»Selbstverständlich. Wir haben vorher einen Empfang mit ein paar politischen Vertretern der Stadt und des Staates abgehalten. Die Bundesregierung hatte die Frauenministerin entsandt, und aus Hamburg kam Nicki Bruhn, die Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt. Auch aus Schleswig-Holstein waren zwei Amtsträgerinnen erschienen. Außerdem Gina Bransted, die Kandidatin für das Amt des Ersten Bürgermeisters. Ehrlich gesagt, sie hat Jake weitgehend mit Beschlag belegt. Sie muss ein Fan von ihm gewesen sein.«
»Das war alles?«
»Leider ja. Wir hatten eine zwanglose Party nach dem Konzert geplant, aber Jake sagte, er sei zu müde und fühle sich nicht gut. Er wolle schnellstens in sein Hotel zurückkehren und sich ausschlafen. Wie sich dann zeigte, war das nichts als eine dumme Ausrede. Wir haben die Party trotzdem abgehalten, und sie verlief sehr positiv. Da die Politikerinnen nicht von unserem Star abgelenkt wurden, konnte ich mir einige von ihnen schnappen. Allerdings nicht Bransted. Sie hat sich ebenfalls sofort nach dem Konzert verabschiedet.«
»Also gut ...« Fabel zögerte einen Moment lang. »Was macht Ihre Stiftung eigentlich genau? Ich weiß, welchem Problem sie sich widmet, aber was unternimmt sie im Einzelnen?«
»Wir haben drei Ziele. Unsere Priorität besteht darin, Konflikte und Regionen zu identifizieren, wo Vergewaltigung systematisch als Kriegswaffe benutzt wird. Dann setzen wir uns für internationale Maßnahmen ein, damit die Frauen in solchen Gebieten geschützt werden. Wir versuchen, hier in Deutschland und überall in der EU auf Politiker entsprechend Einfluss zu nehmen. Manchmal auch außerhalb der EU. Und wenn möglich, schicken wir Leute vor Ort an die Krisenherde.«
»Ist das nicht riskant?«
»Es kann gefährlich sein. Sehr gefährlich. Aber wir haben ein Team von Freiwilligen – Ärzte, Krankenschwestern und Psychologen –, das sehr engagiert ist. Herr Fabel, wer den Opfern von Kriegsvergewaltigungen begegnet, vergisst es nie. Dadurch wird man stark motiviert.
Unser zweites Ziel besteht darin, das Bewusstsein für Kriegsvergewaltigungen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Allgemeinen und im historischen Sinne zu schärfen. Drittens liefern wir Beweismaterial, um die Verhaftung und Strafverfolgung von Befehlshabern und einzelnen Soldaten, die an Vergewaltigungsfeldzügen teilgenommen haben, zu erleichtern. Dabei müssen wir sehr vorsichtig vorgehen, denn, wie gesagt, wir haben in diesen Zonen häufig Leute vor Ort, und wir wollen sie keinen zusätzlichen Gefahren aussetzen. Die militärischen und paramilitärischen Gruppen, die für die Untaten verantwortlich sind, würden nicht zögern, potenzielle Zeugen zu erschießen. Aber wir haben zur erfolgreichen Strafverfolgung von Kriegsvergewaltigern in Bosnien, Somalia und Ruanda beigetragen.«
»Und Sie erhalten all Ihre Unterstützung hier, in Deutschland?«
»Wir sind eine
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