Wall Street Blues
Tür gerettet, und Harold flitzte herein, ohne auf eine Antwort zu warten »Aaaa... Smith... Wetzon...« Harold zögerte. »Unsere Besprechung... Er wartet schon seit...« Er zappelte vor kaum beherrschter Aufregung, weil einer, mit dem er am Telefon gesprochen hatte, auf aufsehenerregende Weise ermordet worden war und Wetzon damit zu tun hatte.
Wetzon konnte sich das Lachen nicht verkneifen. »Was für eine Besprechung? Das habe ich dich fragen wollen, Smith. Wer ist der junge Mann draußen im Vorzimmer?«
»Der Kundenwerber«, sagte Harold. »Was soll ich mit ihm anfangen? Soll er warten oder was?« Er trommelte mit den Fingern auf dem Türrahmen.
»Ach, der...« Wetzon hatte vergessen, daß sie jemanden begutachten wollten, der Harolds Platz einnehmen sollte, damit sie Harold zum Teilhaber befördern konnten.
Harolds Getrommel wurde heftiger.
»Harold Alpert«, sagte Smith barsch, »hör sofort damit auf. Es stört.«
»Bitte, Smith«, sagte er in dem quengeligen Ton, den sie nicht ausstehen konnte, »was mache ich mit dem Kandidaten? Soll er warten oder was?«
Smith schwenkte ihren Stuhl herum und sah ihn streng an. »Beruhige dich, Harold. Du machst mich noch verrückt, und ich kann nicht nachdenken.«
»Tut mir leid, tut mir leid«, stotterte er. Seine magere Gestalt schrumpfte noch mehr. »Aber was machen wir mit ihm?« Er wurde immer deprimiert, wenn Smith von ihm enttäuscht war.
Er wünschte so sehr, sie möge eine gute Meinung von ihm haben.
»Warum fragst du ihn nicht aus«, schlug Wetzon vor.
»Klar, mach du es doch«, sagte Smith, als sei es ihr Einfall gewesen, und setzte ihr strahlendstes Lächeln auf, um ihn zu versöhnen und zu beruhigen. »Du hast doch nichts dagegen, Wetzon? Nein, bestimmt nicht. Harold, du weißt, was du ihn zu fragen hast, und du kannst ihm erklären, daß wir einen privaten Notfall haben. Wenn er dir zusagt, bitten wir ihn noch einmal her, damit er Wetzon und mich kennenlernt.«
»Das ist toll, Smith, Mann, ist das toll«, sagte Harold mit schwellender Brust, aufgeplustert, weil Smith ihn ermächtigt hatte, ein Einstellungsgespräch zu führen.
»Entschuldige dich bei ihm, daß du das Telefon bedienen mußt, und nimm diese Anrufe weiter auf. Das willst du doch vorerst, Wetzon?«
Wetzon nickte.
Smith sah Harold durchdringend an. »Und stopf dein Hemd gefälligst in die Hose.«
Er machte Anstalten zu gehen, während er folgsam sein Hemd in die Hose steckte. »Und vergiß dein Jackett nicht.« Sein Jackett hing ihm nachlässig halb von der Schulter. Er zog schamrot sein Jackett gerade und zupfte an den Ärmeln. Smith und Wetzon musterten ihn kritisch. Es half alles nichts. Er war einfach schlampig.
»Ah, hier, hab’ ich vergessen.« Harold warf Smith und Wetzon einen Haufen rosa Notizzettel zu und schloß die Tür hinter sich.
Smith seufzte. »Ich weiß nicht, warum wir uns mit ihm abgeben. Er ist wie ein zweiter Sohn.«
»Außer daß Mark reifer ist«, sagte Wetzon.
»Einer von uns muß ihm sagen, daß er seinen Bart abrasieren muß. Mit dieser Nase und der Brille sieht er aus, als wäre er verkleidet.«
»Ich werde jedenfalls nicht diejenige sein.« Wetzon lachte und ging die Zettel durch, indem sie die geschäftlichen Anrufe von den privaten trennte. Sie wußte, daß Smith versuchte, ihr die Dreckarbeit zuzuschieben.
»Verdammt«, rief Smith, »dieser miese Jeff Monahan hat den Termin in New Haven bei Shearson Lehman sausen lassen. Makler sind doch alle gleich. Kein Verlaß auf sie.«
»Zu dumm. Dann kommt er wohl als Kandidat nicht mehr in Frage.«
»Ich weiß nicht. Ich lasse ihn von Harold anrufen, mal sehen, was er diesmal für eine Entschuldigung hat. Das ist das zweite Treffen, zu dem der faule Sack nicht aufgekreuzt ist. Beim letztenmal hatte er eine Panne, aber er hat nicht mal angerufen, um Bescheid zu sagen.«
»Jedenfalls können wir ihn nicht mehr bei Shearson vorzeigen, soviel steht fest.«
»Wetzon, verdammt, sieh dir das an!« Smith wedelte einen Zettel vor Wetzons Nase. »Elliot Dunham, Shearsons Zweigstellenleiter in New Haven, hat eine Nachricht für mich hinterlassen, die genau das sagt, sehr kurz und bündig. Harold hätte es mir gleich heute früh sagen sollen, aber er ist abgelenkt durch den verdammten Mord, in den du verwickelt bist.«
So ist’s recht, Smith, hack nur immer auf mir rum, dachte Wetzon, aber sie sagte: »Meinst du, wir können Monahan bei einer anderen Firma vorzeigen?«
»Ich weiß nicht, ob es die Mühe wert
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