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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Nerven, fand die Gänge nicht und kam nur an der Straßenbahn vorbei, indem er in eine Straße einbog. Er bemerkte zu spät, daß es sich um eine Einbahnstraße handelte. Ein Bus kam ihm entgegen, die Straße war sehr eng, und so heftig er auch am Schaltknüppel zerrte, er fand den Rückwärtsgang nicht. Er war nahe daran, endgültig aufzugeben, das Auto einfach mitten auf der Straße stehenzulassen und zu fliehen, als er endlich die richtige Position für den Schaltknüppel fand und dem Bus rückwärts ausweichen konnte. Schließlich bog er auf eine der Parallelstraßen, die zum Hotel »Latvija« führten, und parkte das Auto an einer Stelle, die offensichtlich nicht im Halteverbot lag. Er war in Schweiß gebadet und dachte, daß er sich bestimmt eine Lungenentzündung holen würde, wenn er nicht bald ein Bad und trockene Kleidung bekam.
    Die Zeiger einer Kirchturmuhr zeigten Viertel vor neun. Er |278| ging schräg über die Straße und betrat eine Kneipe, an die er sich noch erinnern konnte. Er hatte Glück und fand in dem verrauchten Schankraum einen freien Tisch. Die Männer, die über ihren Biergläsern hingen und sich unterhielten, schienen keine Notiz von ihm zu nehmen. Es waren keine Männer in Uniform dort, und er würde nun seine Rolle als
Gottfried Hegel
beginnen, Vertreter für Noten und Kunstbücher. Als er mit Preuss in Deutschland einmal in einem Restaurant gegessen hatte, hatte er sich das Wort
Speisekarte
gemerkt, und die verlangte er nun. Er bekam allerdings eine lettische Karte und zeigte auf gut Glück auf eine der Zeilen. Er aß einen Teller Gulasch, trank ein Bier dazu, und für eine Weile war sein Kopf völlig leer.
    Nachdem er gegessen hatte, fühlte er sich schon besser. Er bestellte eine Tasse Kaffee und merkte, daß sein Gehirn wieder funktionierte. Plötzlich wußte er, wo er die Nacht verbringen konnte. Er würde sich das Wissen zunutze machen, daß in Lettland alles seinen Preis hatte. Gleich hinter dem Hotel »Latvija« waren ihm bei seinem letzten Besuch einige Pensionen und heruntergekommene Absteigen aufgefallen. Dorthin würde er gehen, seinen deutschen Paß benutzen, einige schwedische Geldscheine auf den Tisch der Rezeption legen und damit dafür bezahlen, in Ruhe gelassen zu werden und nicht auf unnötige Fragen antworten zu müssen. Natürlich bestand die Gefahr, daß die Obersten verschärfte Kontrollen für alle Hotels in Riga angeordnet hatten. Aber dieses Risiko mußte er eingehen, und er glaubte, daß ihn seine deutsche Identität zumindest die Nacht über schützen würde, bis die Anmeldeformulare am nächsten Morgen eingesammelt wurden. Außerdem würde er mit etwas Glück vielleicht einem Portier begegnen, der von dem Gedanken, für die Polizei zu arbeiten, nicht sonderlich begeistert war.
    Er trank einen Kaffee und dachte an die beiden Obersten und an Sergeant Zids, der vielleicht Ineses Mörder war. Irgendwo in dieser gefährlichen Dunkelheit war Baiba Liepa, |279| und sie wartete auf ihn.
Baiba wird sehr froh sein.
Das war einer der letzten Sätze, die Inese in ihrem allzu kurzen Leben noch hatte sagen können.
    Er sah auf die Uhr, die über der Theke hing. Fast halb elf. Er bezahlte die Rechnung und rechnete aus, daß er mehr als genug Geld haben würde, um ein Hotelzimmer zu bezahlen.
    Er verließ die Kneipe und blieb vor dem Hotel »Hermes« stehen, das einige Häuserblöcke entfernt lag. Die Tür stand offen, und er stieg eine knarrende Treppe in den zweiten Stock hinauf. Ein Vorhang wurde zur Seite gezogen und eine alte, bucklige Frau fixierte ihn hinter dicken Brillengläsern. Er lächelte so freundlich wie möglich, sagte
Zimmer
und legte seinen Paß auf die Theke. Die alte Frau nickte, antwortete auf lettisch und gab ihm ein Formular, das er ausfüllen sollte. Da sie keinerlei Anstalten machte, sich seinen Paß anzuschauen, entschloß er sich kurzerhand, seinen Plan zu ändern, und schrieb sich unter einem erfundenen Namen ein. In der Eile fiel ihm nichts Besseres ein, als sich Preuss zu nennen. Er gab seinen Vornamen mit Martin, sein Alter mit siebenunddreißig und Hamburg als seine Heimatadresse an. Die Frau lächelte freundlich, händigte ihm einen Schlüssel aus und zeigte auf den Korridor hinter seinem Rücken. So gut kann sie sich nicht verstellen, dachte er. Das kann kein falsches Lächeln sein. Wenn die Obersten bei ihrer Treibjagd auf mich nicht so zügellos sind, daß sie für diese Nacht Razzien in sämtlichen Hotels von Riga anordnen, kann ich hier

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