Wallander 05 - Die falsche Fährte
Papier.
»Ich glaube, ja«, antwortete Wallander. »Wie auch immer, wir |152| haben etwas gefunden, was mit dem Mann zusammenhängt, der oben auf dem Hügel war.«
Eskilsson fuhr mit seinem Hund zurück. Wallander wollte gerade Nyberg anrufen, als er entdeckte, daß er einen Plastikbeutel in der Tasche hatte. Er mußte ihn bei der technischen Untersuchung von Wetterstedts Villa eingesteckt haben. Vorsichtig legte er das Stück Papier hinein.
Du kannst von Carlmans Hof bis hierher nicht lange gebraucht haben. Vermutlich hat hier ein Fahrrad gestanden. Du hast die Kleider gewechselt, weil deine Sachen blutverschmiert waren. Aber du hast auch einen Gegenstand abgewischt. Vielleicht ein Messer oder eine Axt. Dann hast du dich entfernt, entweder in Richtung Malmö oder in Richtung Ystad. Wahrscheinlich hast du die Hauptstraße nur überquert und eine der vielen kleinen Straßen genommen, die kreuz und quer durch diese Landschaft führen. Bis hierher kann ich dir jetzt folgen. Aber nicht weiter.
Wallander ging zurück zu Carlmans Hof und holte seinen Wagen. Er fragte den Polizisten, der die Absperrung bewachte, ob die Familie noch da sei.
»Ich habe niemanden gesehen«, erhielt er zur Antwort. »Aber keiner hat das Haus verlassen.«
Wallander nickte und ging zu seinem Wagen. An der Absperrung standen viele Neugierige. Wallander warf einen hastigen Blick auf sie und wunderte sich darüber, daß Menschen für die Möglichkeit, Blut zu sehen, einen Sommermorgen opferten.
Erst als er bereits davongefahren war, wurde ihm bewußt, daß er auf etwas Wichtiges aufmerksam geworden war, ohne zu reagieren. Er fuhr langsamer und versuchte, sich zu erinnern, was es gewesen war.
Es hatte etwas mit den Menschen zu tun, die an der Absperrung standen. Was hatte er gedacht? Etwas darüber, daß Menschen einen Sommermorgen opferten, um Blut zu sehen?
Er bremste und wendete auf der Straße. Als er zu Carlmans Hof zurückkam, standen immer noch Neugierige vor der Absperrung. Wallander schaute sich um, ohne eine Erklärung für seine Reaktion zu finden. Er fragte den Polizisten, ob gerade irgendwelche von den Schaulustigen weggefahren seien.
|153| »Vielleicht. Die Leute kommen und gehen die ganze Zeit.«
»Keiner, der dir besonders aufgefallen ist?«
Der Polizist dachte nach. »Nein.«
Wallander ging wieder zu seinem Wagen.
Es war zehn Minuten nach neun am Morgen des Mittsommertags.
|154| 13
Als Wallander kurz vor halb zehn ins Präsidium zurückkehrte, sagte das Mädchen in der Anmeldung, daß in seinem Zimmer Besuch auf ihn warte. Ausnahmsweise verlor Wallander völlig die Fassung und begann zu fluchen und das Mädchen, das nur zur Aushilfe über den Sommer da war, anzubrüllen. Er schrie, daß niemand, wer es auch sei, in sein Zimmer gelassen werden dürfe. Dann ging er mit wütenden Schritten durch den Flur und riß die Tür zu seinem Zimmer auf.
Im Besucherstuhl saß sein Vater und sah ihn an. »Warum reißt du denn die Tür so auf«, fragte er. »Man könnte ja fast meinen, du wärest wütend.«
»Ich habe nur gehört, daß jemand in meinem Zimmer wartet, aber nicht, daß du es bist«, sagte Wallander verblüfft und entschuldigend.
Es war das erste Mal, daß sein Vater ihn an seinem Arbeitsplatz besuchte. In den Jahren, in denen Wallander Uniform trug, hatte sein Vater sich geweigert, ihn über die Schwelle seines Hauses zu lassen, wenn er nicht in Zivil kam. Aber jetzt saß er im Besucherstuhl, und Wallander sah, daß er seinen besten Anzug anhatte.
»Ich muß sagen, ich bin überrascht«, sagte Wallander. »Wer hat dich denn hergefahren?«
»Meine Frau hat nicht nur den Führerschein, sondern auch ein Auto«, antwortete sein Vater. »Sie besucht eine Verwandte, während ich zu dir gekommen bin. Hast du das Spiel heute nacht gesehen?«
»Nein. Ich habe gearbeitet.«
»Es war ein gutes Spiel. Ich mußte an 1958 denken, als die Weltmeisterschaft in Schweden stattfand.«
»Du hast dich doch nie für Fußball interessiert?«
»Ich habe Fußball immer geliebt.«
|155| Wallander sah ihn verwundert an. »Davon habe ich nichts gewußt.«
»Du weißt vieles nicht. 1958 hatte Schweden einen Verteidiger, der Sven Axbom hieß. Er hatte große Probleme mit einem von Brasiliens Außenstürmern, soweit ich mich erinnere. Hast du das vergessen?«
»Wie alt war ich 1958? Da war ich ja kaum geboren.«
»Du hast nie viel Ballgefühl gehabt. Vielleicht bist du deshalb Polizist geworden?«
»Ich habe getippt, daß Rußland
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