Wallander 06 - Die fünfte Frau
große und energische Beharrlichkeit. Er bat Birch, noch einmal mit Katarina Taxells Freundinnen Kontakt aufzunehmen und sie zu fragen, ob eine von ihnen an diesem Morgen sie und ihr neugeborenes Kind hatte besuchen wollen. Die Antwort aller war eindeutig. Keine war auf dem Weg zu ihr gewesen und hatte sich plötzlich eines anderen besonnen. Birch hatte versucht, dem pensionierten Fagottisten eine Beschreibung der Frau zu entlocken. Doch das einzige, was dieser sagen konnte, war, daß es eine Frau gewesen war. Es war ungefähr acht Uhr gewesen. Diese Auskunft war allerdings etwas schwebend, da die drei Uhren, die sich in seiner Wohnung befanden, einschließlich seiner Armbanduhr, alle verschiedene Zeiten anzeigten.
Wallanders Energie ließ nicht nach. Er hatte Birch, der es ihm nicht übelzunehmen schien, daß Wallander ihm Order erteilte wie |442| einem Untergebenen, mit verschiedenen Aufträgen losgeschickt, während er selbst methodisch Katarina Taxells Wohnung durchsuchte. Als erstes hatte er Birch gebeten, daß ein paar von Lunds Kriminaltechnikern Fingerabdrücke in der Wohnung sicherten. Sie sollten dann mit denen, die Nyberg gefunden hatte, verglichen werden. Den ganzen Tag hatte er auch telefonisch Kontakt mit Ystad gehabt. Viermal hatte er mit Nyberg gesprochen. Ylva Brink hatte an dem Namensschild gerochen, das noch immer einen sehr schwachen Rest des früheren Parfümdufts an sich hatte. Sie war sehr unsicher gewesen. Es konnte das Parfüm sein, das sie in jener Nacht auf der Entbindungsstation gerochen hatte. Aber sicher war sie nicht. Das Ganze blieb in der Schwebe.
Zweimal im Verlauf des Tages sprach er auch mit Martinsson, der zu Hause war. Terese war natürlich noch immer geschockt und deprimiert. Martinsson war entschlossen zu kündigen, den Polizeiberuf an den Nagel zu hängen. Es gelang Wallander jedoch, ihm das Versprechen abzunehmen, zumindest bis zum nächsten Tag zu warten, bis er sein Entlassungsgesuch schrieb. Obwohl Martinsson an diesem Tag an nichts anderes denken konnte als an seine Tochter, berichtete Wallander ihm ausführlich über alles, was geschehen war. Er war sicher, daß Martinsson zuhörte, auch wenn seine Kommentare nur spärlich und geistesabwesend waren. Aber Wallander wußte, daß er ihn an die Ermittlung binden mußte. Er wollte nicht riskieren, daß Martinsson einen Entschluß faßte, den er später bereuen würde. Er sprach auch mehrmals mit Lisa Holgersson. Hansson und Ann-Britt Höglund hatten in der Schule, wo Terese niedergeschlagen worden war, mit großer Entschiedenheit gehandelt. Im Rektorzimmer hatten sie mit den drei beteiligten Jungen gesprochen. Mit jedem einzeln, nacheinander. Sie hatten mit deren Eltern und Lehrern Kontakt aufgenommen. Ann-Britt Höglund zufolge, mit der Wallander ebenfalls an diesem Tag telefonierte, hatte Hansson einen ausgezeichneten Eindruck gemacht, als sämtliche Schüler der Schule zusammengerufen und über den Vorfall informiert wurden. Die Schüler waren empört gewesen, die drei Jungen offenbar ganz isoliert, und sie glaubte kaum, daß es wieder passieren würde.
Eskil Bengtsson und die drei anderen Männer waren auf freien |443| Fuß gesetzt worden, aber Per Åkesson würde Anklage erheben. Möglicherweise konnte der Vorfall mit Martinssons Tochter dazu beitragen, daß ein paar Menschen anfingen umzudenken. Das hoffte Ann-Britt Höglund jedenfalls. Aber Wallander war skeptisch. Er glaubte, daß sie in Zukunft sehr viel Kraft aufwenden müßten, um verschiedene private Bürgerwehren zu bekämpfen.
Die wichtigste Neuigkeit an diesem Tag kam aber von Hamrén, der einen Teil der Aufgaben von Hansson übernommen hatte. Kurz nach drei Uhr am Nachmittag war es ihm gelungen, Göte Tandvall zu lokalisieren. Er rief sogleich Wallander an.
»Er hat einen Antiquitätenladen in Simrishamn«, sagte Hamrén. »Wenn ich es richtig verstanden habe, fährt er viel herum und kauft Antiquitäten auf, die er unter anderem nach Norwegen exportiert.«
»Ist das legal?«
»Ich glaube nicht, daß es direkt illegal ist«, erwiderte Hamrén. »Es hat wohl vor allem damit zu tun, daß die Preise dort höher sind. Dann hängt es natürlich davon ab, was für Antiquitäten es sind.«
»Ich möchte, daß du ihn besuchst«, sagte Wallander. »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Außerdem sind wir sowieso zersplittert. Fahr nach Simrishamn. Vor allem brauchen wir eine Bestätigung der Frage, ob wirklich eine Verbindung zwischen Holger Eriksson und Krista
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