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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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fuhr Birch sogleich zu den Personen nach Hause, mit denen Wallander gesprochen hatte. Katarina Taxell blieb verschwunden. Wallander war sicher, daß die Mutter einen guten Überblick über den Freundeskreis ihrer Tochter hatte. Außerdem war ihre Sorge echt. Hätte sie es gewußt, hätte sie gesagt, wo ihre Tochter sich aufhielt.
    Wallander war auch die Treppe hinunter und über die Straße zu der Tankstelle gegangen. Er ließ den Zeugen, der Jonas Hader hieß und vierundzwanzig Jahre alt war, noch einmal von seinen Beobachtungen erzählen. Wallander hatte das Gefühl, den perfekten Zeugen zu treffen. Jonas Hader schien ständig seine Umwelt zu betrachten, als könnten sich seine Beobachtungen jederzeit in eine entscheidende Zeugenaussage verwandeln. Der rote Golf |440| hatte vor dem Haus zur gleichen Zeit angehalten, als ein Lieferwagen mit Zeitungen die Tankstelle verließ. Sie machten den Fahrer ausfindig, der seinerseits sicher war, die Tankstelle um Punkt halb zehn verlassen zu haben. Jonas Hader erinnerte sich an viele Details, unter anderem an einen großen Aufkleber auf der Heckscheibe des Golfs. Der Abstand war aber zu groß gewesen, um das Motiv oder die Schrift darauf zu erkennen. Er wiederholte, daß der Wagen mit quietschenden Reifen gestartet war, daß er auf eine männliche Art und Weise gefahren wurde. Aber den Fahrer hatte er nicht sehen können. Es hatte geregnet, die Scheibenwischer waren gegangen. Dagegen war er sicher, daß Katarina Taxell einen hellgrünen Mantel trug und eine große Adidastasche in der Hand hatte und daß das Kind auf ihrem Arm in eine blaue Wolldecke gewickelt war. Das Ganze war sehr schnell gegangen. Sie war in dem Moment aus der Tür gekommen, als der Wagen anhielt. Jemand hatte von innen die Tür geöffnet. Sie hatte das Kind hineingelegt und dann die Tasche in den Kofferraum gestellt. Dann hatte sie die hintere Tür auf der Straßenseite geöffnet und war ins Auto gestiegen. Der Fahrer war dann mit einem Kavaliersstart davongefahren, noch bevor sie die Tür richtig zugemacht hatte. Das Nummernschild hatte Jonas Hader nicht erkannt. Aber Wallander bekam das Gefühl, daß er es tatsächlich versucht hatte. Jonas Hader war jedoch sicher, daß er den roten Golf hier vor dem Hintereingang zum erstenmal hatte anhalten sehen.
    Wallander war mit dem Gefühl zum Haus zurückgekehrt, eine Bestätigung bekommen zu haben, nur wußte er nicht richtig, wofür. Daß es sich um eine überstürzte Flucht gehandelt hatte? Wie lange war sie geplant gewesen? Und warum? In der Zwischenzeit hatte Birch mit den Beamten gesprochen, die sich bei der Bewachung des Hauses abgewechselt hatten. Wallander hatte ihn besonders darum gebeten, sie zu fragen, ob sie eine Frau in der Nähe des Hauses gesehen hatten. Jemand, der kam und ging und sich vielleicht mehrmals gezeigt hatte. Doch im Gegensatz zu Jonas Hader hatten die Polizisten sehr wenig wahrgenommen. Sie hatten sich auf die Haustür konzentriert, wer hinein- und hinausging, und das waren nur Leute, die im Haus wohnten. Wallander hatte darauf bestanden, daß sie jede Person, die sie beobachtet hatten, |441| identifizierten. Da in dem Haus vierzehn Familien wohnten, waren den ganzen Nachmittag Polizisten im Haus auf und ab gelaufen und hatten die Bewohner kontrolliert. Auf diese Weise hatte Birch auch einen Mann gefunden, der vielleicht eine wichtige Beobachtung gemacht hatte. Der Mann wohnte zwei Stockwerke über Katarina Taxell. Er war pensionierter Musiker, der zu Birch gesagt hatte, daß er stundenlang am Fenster stehe, in den Regen hinaussehe und im Kopf die Musik höre, die er nie mehr spielen würde. Er hatte im Sinfonieorchester von Helsingborg Fagott gespielt und machte – immer noch laut Birch – den Eindruck einer melancholischen und düsteren Person, die sehr einsam lebte. Gerade an diesem Morgen meinte er eine Frau auf der anderen Seite des Platzes gesehen zu haben. Eine Frau, die herankam, plötzlich stehenblieb, einige Schritte zurückgegangen war und dann unbeweglich dagestanden und das Haus betrachtet hatte, bevor sie sich umwandte und verschwand. Als Birch mit dieser Auskunft kam, dachte Wallander sofort, daß dies die Frau gewesen sein konnte, die sie suchten. Jemand war in die Nähe der Wohnung gekommen und hatte das Auto gesehen, das natürlich nicht unmittelbar vor der Haustür hätte stehen dürfen. Jemand wollte Katarina Taxell besuchen. Wie sie im Krankenhaus besucht worden war.
    Wallander entwickelte an diesem Tag eine

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