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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Tyrén zum Ausgang.
    »Ich bin sicher, daß da etwas passiert ist«, sagte Sven Tyrén zum Abschied. »Da stimmt was nicht, wenn ich mit Öl komme, und er ist nicht zu Hause.«
    »Ich lasse von mir hören«, sagte Wallander.
    Im gleichen Moment kam Hansson von draußen herein. »Wer, verdammt noch mal, versperrt die ganze Einfahrt mit einem Tanklaster?« fragte er wütend.
    »Das bin ich«, sagte Tyrén ruhig. »Und ich fahr jetzt.«
    »Wer war das denn?« fragte Hansson, als Sven Tyrén gegangen war.
    »Er wollte eine Vermißtenmeldung machen«, antwortete Wallander. »Hast du schon mal von einem Schriftsteller mit Namen Holger Eriksson gehört?«
    »Einem Schriftsteller?«
    »Oder einem Autohändler.«
    »Was denn nun?«
    »Er soll beides gewesen sein. Und diesem Tanklasterfahrer zufolge ist er verschwunden.«
    Sie holten sich Kaffee.
    »Was Ernstes?« fragte Hansson.
    »Der mit dem Tanklaster schien jedenfalls ziemlich besorgt zu sein.«
    »Ich hatte so ein Gefühl, als kenne ich ihn«, sagte Hansson.
    Wallander hatte großen Respekt vor Hanssons Gedächtnis. Wenn ihm selbst ein Name entfallen war, ging er meistens zu Hansson, um sich helfen zu lassen.
    »Er heißt Sven Tyrén«, sagte Wallander. »Er sagte, daß er ein paarmal für dies und jenes gesessen habe.«
    Hansson suchte in seinem Gedächtnis. »Ich glaube, er war in ein paar Geschichten mit Körperverletzung verwickelt«, sagte er nach einer Weile. »Vor vielen Jahren.«
    Wallander hörte nachdenklich zu. »Ich glaube, ich fahr mal raus zu Erikssons Hof«, sagte er dann. »Ich nehm ihn auf Routine für vermißt gemeldete Personen.«
    Wallander ging in sein Büro, nahm die Jacke und steckte die Adresse der »Abgeschiedenheit« in die Tasche. Eigentlich hätte er |53| zuerst das bei einer Vermißtenmeldung vorgeschriebene Formular ausfüllen müssen. Aber er ließ es zunächst auf sich beruhen. Um halb drei verließ er das Polizeipräsidium. Der starke Regen war in Nieselregen übergegangen. Ihn fröstelte, als er zu seinem Wagen ging. Er fuhr nach Norden und hatte keine Schwierigkeiten, den Hof zu finden. Wie der Name sagte, lag er sehr abgeschieden, auf einer Anhöhe. Die braunen Äcker fielen zum Meer hin ab, das er allerdings nicht sehen konnte. Ein Schwarm Saatkrähen kreischte in einem Baum. Wallander hob den Deckel des Briefkastens an. Er war leer. Er nahm an, daß Sven Tyrén die Post mit ins Haus genommen hatte. Dann trat er in den kopfsteingepflasterten Innenhof. Alles war sehr gut gepflegt. Er blieb stehen und lauschte in die Stille. Der Hof hatte drei Flügel. Es mußten früher vier gewesen sein. Entweder war ein Flügel abgerissen worden oder abgebrannt. Wallander bewunderte das Reetdach. Sven Tyrén hatte recht. Wer sich ein solches Dach leisten konnte, war ein wohlhabender Mann. Wallander ging zur Tür und läutete. Dann klopfte er. Er öffnete die Tür und ging hinein. Lauschte. Die Post lag auf einem Schemel neben einem Schirmständer. An der Wand hingen mehrere Ferngläser. Eins der Futterale war offen und leer. Wallander ging langsam durch das Haus. Es roch immer noch nach der Kaffeemaschine, in der der Kaffee festgebrannt war. An einem Schreibtisch in dem großen doppelstöckigen Wohnzimmer mit offenliegenden Dachbalken blieb Wallander stehen und betrachtete ein Blatt Papier auf der braunen Tischplatte. Weil das Licht schlecht war, nahm er es in die Hand und ging damit zu einem der Fenster.
    Es war ein Gedicht über einen Vogel. Einen Specht.
    Ganz unten stand ein Datum. 21.   September 1994.
    An dem Abend hatte Wallander mit seinem Vater in einem Restaurant in der Nähe der Piazza del Popolo gegessen. Als er jetzt in dem stillen Haus stand, war dies ein entlegener und unwirklicher Traum.
    Wallander legte das Blatt Papier zurück auf den Schreibtisch.
Um zehn Uhr am Mittwoch abend schrieb er ein Gedicht und gab sogar die Uhrzeit an. Am Tag danach soll Sven Tyrén Öl liefern. Und da ist er weg. Und die Tür unverschlossen.
    |54| Einem plötzlichen Gedanken folgend, ging Wallander nach draußen und suchte den Öltank. Die Meßuhr zeigte an, daß der Tank fast leer war.
    Wallander ging zurück ins Haus, setzte sich auf einen alten Küchenstuhl und sah sich um. Irgend etwas sagte ihm, daß Sven Tyrén recht hatte.
    Holger Eriksson war wirklich verschwunden. Er war nicht einfach nur fortgegangen.
    Nach einer Weile erhob sich Wallander und durchsuchte ein paar Wandschränke, bis er einen Reserveschlüssel fand. Er schloß ab und verließ

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