Wallander 06 - Die fünfte Frau
betrachtete.
»Katarina Taxell«, sagte Wallander. »Sie kennen sie?«
»Ich weiß, wer sie ist. Wie gut ich sie kenne, ist eine andere Frage.«
»Wie haben Sie sie kennengelernt? Wie ist Ihr Kontakt zustande gekommen?«
Sie fuhr plötzlich auf dem schwarzen Plastiksofa zusammen. »Ist ihr etwas passiert?«
»Nein. Beantworten Sie meine Frage.«
»Antworten Sie auf meine! Ich habe nur die eine. Warum fragen Sie mich nach ihr?«
Wallander erkannte, daß er zu ungeduldig gewesen war. Er war zu schnell vorgegangen. Ihre Aggressivität war eigentlich erklärlich.
»Katarina ist nichts passiert. Sie steht auch nicht im Verdacht, ein Verbrechen begangen zu haben. Genausowenig wie Sie. Aber wir brauchen verschiedene Informationen über sie. Das ist alles, was ich sagen kann. Wenn Sie auf meine Fragen geantwortet haben, verschwinde ich von hier, und Sie können wieder an Ihre Arbeit gehen.«
Sie betrachtete forschend sein Gesicht. Er spürte, daß sie jetzt angefangen hatte, ihm zu glauben.
»Vor ungefähr drei Jahren waren Sie viel mit ihr zusammen. Damals haben Sie als Speisewagenkellnerin bei ›Zugrestaurants‹ gearbeitet.«
Sie wirkte erstaunt darüber, daß er diese Dinge aus ihrer Vergangenheit kannte. Wallander bekam den Eindruck, daß sie jetzt wachsam wurde, was wiederum dazu führte, daß er seine Aufmerksamkeit schärfte.
»Stimmt das?« fuhr er fort.
»Natürlich stimmt das. Warum sollte ich das abstreiten?«
»Und Sie kannten Katarina Taxell?«
»Ja.«
»Wie haben Sie sie kennengelernt?«
»Wir haben zusammen gearbeitet.«
|502| Wallander sah sie fragend an, bevor er fortfuhr. »Aber sie ist doch Lehrerin?«
»Sie hat eine Weile ausgesetzt. Und in der Zeit hat sie in Zügen gearbeitet.«
Wallander blickte Birch an, der den Kopf schüttelte. Auch er hatte davon nichts gehört.
»Wann war das?«
»Im Frühjahr 1991. Genauer kann ich es nicht sagen.«
»Und Sie haben zusammen gearbeitet?«
»Nicht immer. Aber häufig.«
»Außerdem haben Sie sich auch in der Freizeit getroffen?«
»Manchmal. Aber wir waren nicht eng befreundet. Wir hatten Spaß zusammen. Mehr war es nicht.«
»Wann haben Sie sie das letztemal getroffen?«
»Wir haben uns aus den Augen verloren, als sie aufhörte, als Kellnerin zu arbeiten. Tiefer ging die Freundschaft nicht.«
Wallander spürte, daß sie die Wahrheit sagte. Ihre Wachsamkeit hatte auch nachgelassen.
»Hatte Katarina Taxell während dieser Zeit einen Verlobten?«
»Da bin ich überfragt«, antwortete sie.
»Wenn Sie zusammen gearbeitet und sich außerdem auch sonst getroffen haben, müßten Sie doch davon gewußt haben?«
»Sie hat nie einen erwähnt.«
»Sie haben auch nie einen Mann in ihrer Gesellschaft gesehen?«
»Nie.«
»Hatte sie andere Freundinnen, mit denen sie zusammen war?«
Margareta Nystedt überlegte. Dann nannte sie Wallander drei Namen. Dieselben Namen, die er schon kannte.
»Sonst niemand?«
»Nicht soweit ich weiß.«
»Haben Sie den Namen Eugen Blomberg einmal gehört?«
»War das nicht der, der ermordet wurde?«
»Genau der. Können Sie sich erinnern, daß Katarina Taxell jemals von ihm gesprochen hat?«
Sie sah ihn plötzlich ernst an. »Hat sie das getan?«
|503| Wallander hakte sofort ein. »Glauben Sie, daß sie jemand hätte töten können?«
»Nein. Katarina war ziemlich friedlich.«
Wallander wußte nicht recht, wie er weiterkommen sollte,
»Sie sind zwischen Malmö und Stockholm hin- und hergefahren«, sagte er. »Sicher hatten Sie viel zu tun. Aber Sie müssen sich doch auch miteinander unterhalten haben. Sind Sie sicher, daß sie nie eine andere Freundin erwähnte? Das ist sehr wichtig.«
Er sah, daß sie sich anstrengte.
»Nein«, sagte sie. »Daran kann ich mich nicht erinnern.«
In diesem Moment nahm Wallander ein sekundenschnelles Zögern an ihr wahr. Sie spürte, daß er es gesehen hatte.
»Vielleicht«, sagte sie. »Aber ich kann mich so schwer erinnern.«
»Woran?«
»Es muß gewesen sein, kurz bevor sie aufhörte. Ich war eine Woche mit Grippe krank geschrieben.«
»Was war da?«
»Als ich zurückkam, war sie verändert.«
Wallander stand unter Hochspannung. Auch Birch spürte, daß sich etwas anbahnte.
»Wieso verändert?«
»Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Sie wechselte zwischen Düsterkeit und Ausgelassenheit. Es war, als hätte sie sich verändert.«
»Versuchen Sie, die Veränderung zu beschreiben. Das kann sehr wichtig sein.«
»Normalerweise, wenn wir nichts zu
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