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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Die Grundlage unseres Systems sind faktisch militärische Grade.«
    Wallander nickte, aber er sagte nichts.
    Als sie aus dem Bahnhof traten, war es fast halb elf geworden.
    »Du glaubst also, es ist jemand anders, der damals bei der Bahn gearbeitet hat?«
    »So muß es sein. Eine andere plausible Erklärung gibt es nicht.«
    Birch setzte seine Zipfelmütze auf. »Das heißt also, daß wir warten.«
    »Du in Lund und ich in Ystad. Laß das Tonbandgerät bei Hedwig Taxell. Katarina kann noch mal anrufen.«
    Sie trennten sich vor dem Bahnhofsgebäude. Wallander setzte sich in seinen Wagen und fuhr aus der Stadt hinaus. Er fragte sich, ob er jetzt bei der innersten der chinesischen Schachteln angelangt war. Was würde er finden? Einen Leerraum? Er wußte es nicht. Seine Unruhe war groß.
    Kurz vor dem letzten Kreisverkehr vor der Abzweigung nach Ystad fuhr er in eine Tankstelle. Er tankte voll und ging hinein und bezahlte. Als er zurückkam, hörte er das Telefon summen, das er auf den Sitz gelegt hatte. Er riß die Tür auf und ergriff den Apparat.
    Es war Hansson. »Wo bist du?« fragte er.
    »Auf dem Weg nach Ystad.«
    »Ich glaube, es ist das beste, wenn du herkommst.«
    Wallander fuhr zusammen. Beinah wäre ihm das Telefon aus der Hand gefallen. »Habt ihr sie gefunden?«
    »Ich glaube, ja.«
    Wallander sagte nichts. Er fuhr auf direktem Weg nach Lödinge.
    Der Wind hatte aufgefrischt und gedreht, er kam jetzt direkt aus Norden.

|507| 35
    Sie hatten einen Schenkelknochen gefunden. Mehr nicht. Erst nach mehreren Stunden fanden sie weitere Skeletteile. Der kalte und böige Wind drang durch ihre Kleidung und verstärkte das Trostlose und Widerwärtige der Situation.
    Der Schenkelknochen lag auf einem Stück Plastikfolie. Wallander dachte, daß es trotz allem schnell gegangen war. Sie hatten eine Fläche von noch nicht einmal zwanzig Quadratmetern aufgegraben und befanden sich noch erstaunlich dicht unter der Oberfläche, als ein Spaten auf den Knochen gestoßen war.
    Ein Arzt kam und betrachtete fröstelnd den Schenkelknochen. Natürlich konnte er nicht mehr sagen, als daß er von einem Menschen stammte. Doch Wallander brauchte keine weitere Bestätigung. Für ihn bestand kein Zweifel, daß es sich um einen Teil des Skeletts von Krista Haberman handelte. Sie würden weitergraben und vielleicht alte Knochen finden und danach möglicherweise feststellen können, wie sie getötet worden war. Hatte Holger Eriksson sie erwürgt? Hatte er sie erschossen? Was war damals eigentlich geschehen?
    Wallander fühlte sich an diesem langen Nachmittag müde und traurig. Es half ihm nicht, daß er recht gehabt hatte. Ihm war, als blicke er geradewegs in eine entsetzliche Geschichte hinein, mit der er sich am liebsten überhaupt nicht befaßt hätte. Aber die ganze Zeit wartete er auch mit Spannung auf das, was Karl-Henrik Bergstrand herausfinden würde. Nachdem er ein paar Stunden mit Hansson und den grabenden Polizisten draußen im Lehm verbracht hatte, war er ins Präsidium nach Ystad zurückgekehrt. Er hatte Hansson bei dieser Gelegenheit auch darüber informiert, was sie in Lund erlebt hatten, die Begegnung mit Margareta Nystedt und die Entdeckung, daß Katarina Taxell während einer kurzen Periode als Kellnerin in den Zügen zwischen Malmö und |508| Stockholm gearbeitet hatte. Irgendwann hatte sie dort auf einer Reise einen unbekannten Menschen getroffen, der sie stark beeinflußt hatte. Was geschehen war, wußten sie nicht. Doch die unbekannte Person, der sie begegnet war, hatte auf irgendeine Weise entscheidende Bedeutung für sie gewonnen. Wallander wußte nicht einmal, ob es ein Mann oder eine Frau war. Sicher war nur, daß sie sich dem Zentrum der Ermittlung, das nur allzuoft ihrem Zugriff entglitten war, um einen großen Schritt nähern würden, wenn sie die richtige Person fänden.
    Als er ins Präsidium kam, sammelte er seine Mitarbeiter, soweit er sie zu fassen bekam, und wiederholte noch einmal, was er vor einer halben Stunde zu Hansson gesagt hatte. Sie konnten jetzt nur noch darauf warten, daß aus dem Faxgerät Papier zu kriechen begann.
    Als sie im Besprechungszimmer zusammensaßen, rief Hansson an und berichtete, daß sie nun auch ein Schienbein gefunden hätten. Die Bedrücktheit am Tisch war greifbar. Wallander dachte, daß alle jetzt dasaßen und darauf warteten, daß der Schädel aus dem Lehm auftauchte.
    Es wurde ein langer Nachmittag. Ein weiterer Herbststurm braute sich über Schonen zusammen. Das Laub

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