Wallander 06 - Die fünfte Frau
als daß sie zwei der Namen abschreiben konnten. Eine der Frauen war bei einem Autounfall umgekommen, lange bevor sie Holger Erikssons Leiche in dem Graben gefunden hatten. Die andere war durch einen Irrtum auf der Liste gelandet, obwohl sie damals bereits in die Verwaltung in Malmö übergewechselt war. Karl-Henrik Bergstrand hatte den Fehler selbst entdeckt und Wallander sofort angerufen.
Sie suchten nach Berührungspunkten, ohne welche zu finden. Ann-Britt Höglund kam in Wallanders Zimmer. »Was machen wir mit der hier?« fragte sie und wedelte mit einem Papier.
»Was ist mit ihr?«
»Anneli Olsson, neununddreißig Jahre alt, verheiratet, vier |513| Kinder. Lebt in Ängelholm. Der Mann Pastor in einer freikirchlichen Gemeinde. Sie hat vorher als Kaltmamsell in einem Hotel in Ängelholm gearbeitet. Dann läßt sie sich umschulen, ohne daß ich sagen kann, warum. Wenn ich es recht verstehe, ist sie tief religiös. Sie arbeitet im Zug, kümmert sich daneben um ihre Familie und benutzt die wenige Freizeit, die sie hat, für Handarbeiten und für verschiedene Tätigkeiten für die Mission. Was mache ich mit ihr? Lade sie vor zum Verhör und frage sie, ob sie im vergangenen Monat drei Männer getötet hat? Ob sie weiß, wo Katarina Taxell und ihr Neugeborenes sich aufhalten?«
»Leg sie zur Seite«, sagte Wallander. »Auch das ist ein Schritt in die richtige Richtung.«
Hansson war gegen acht Uhr aus Lödinge gekommen, als der Wind und der Regen die Fortsetzung der Arbeit unmöglich gemacht hatten. Er teilte auch mit, daß er von jetzt an mehr Helfer zum Graben brauchte. Danach hatte er sich sofort in die Arbeit mit der Durchleuchtung der verbliebenen neun Frauen gestürzt. Wallander hatte vergebens versucht, ihn nach Hause zu schicken, damit er wenigstens seine nassen Sachen wechselte. Doch Hansson wollte nicht. Wallander ahnte, daß er so schnell wie möglich das bedrückende Erlebnis des Grabens im Regen nach den Überresten von Krista Haberman von sich abschütteln wollte.
Um kurz nach elf saß Wallander am Telefon und versuchte, eine Angehörige einer Zugbegleiterin namens Wedin ausfindig zu machen. Sie hatte im Laufe des vergangenen Jahres nicht weniger als fünfmal die Adresse gewechselt. Sie hatte eine schwierige Ehescheidung hinter sich und war die meiste Zeit krank geschrieben gewesen. Er wollte gerade wieder die Auskunft anrufen, als Martinsson in der Tür erschien. Wallander legte schnell wieder auf. Er konnte an Martinssons Gesicht sehen, daß etwas geschehen war. »Ich glaube, ich habe sie gefunden«, sagte er langsam. »Yvonne Ander. Siebenundvierzig Jahre.«
»Warum glaubst du, daß sie es ist?«
»Erstens wohnt sie hier in Ystad. Sie hat eine Anschrift in der Liregatan.«
»Was hast du noch?«
»Sie wirkt in vieler Hinsicht eigenartig. Ungreifbar. Genau wie |514| die ganze Ermittlung. Aber sie hat einen Hintergrund, der uns interessieren sollte. Sie war einmal Hilfsschwester, außerdem hat sie in einer Unfallambulanz gearbeitet.«
Wallander sah ihn einen Augenblick schweigend an. Dann sprang er auf. »Hol die anderen«, sagte er. »Sofort.«
Nach ein paar Minuten waren sie im Besprechungszimmer versammelt.
»Martinsson hat sie vielleicht gefunden«, sagte Wallander. »Und sie wohnt hier in Ystad.«
Martinsson ging alles durch, was er über Yvonne Ander herausgefunden hatte. »Sie ist also siebenundvierzig Jahre«, begann er. »Geboren in Stockholm. Sie scheint schon seit fünfzehn Jahren in Schonen zu leben. Die ersten Jahre hat sie in Malmö gewohnt. Dann ist sie nach Ystad gezogen. Die letzten zehn Jahre hat sie bei der Bahn gearbeitet. Aber vorher, vermutlich schon, als sie noch jung war, hat sie eine Ausbildung als Hilfsschwester gemacht und viele Jahre im Krankenhaus gearbeitet. Warum sie plötzlich etwas anderes anfängt, kann ich natürlich nicht beantworten. Sie war auch Helferin in einer Unfallambulanz. Dann hat es den Anschein, als hätte sie jahrelang gar nicht gearbeitet.«
»Was hat sie in der Zeit gemacht?« fragte Wallander.
»Da sind große Lücken.«
»Ist sie verheiratet?«
»Sie ist alleinstehend.«
»Geschieden?«
»Ich weiß nicht. Es tauchen keine Kinder auf. Ich glaube nicht, daß sie verheiratet war. Aber ihre Arbeitszeiten passen zu denen von Katarina Taxell.«
Martinsson hatte von seinem Block abgelesen. Jetzt ließ er ihn auf den Tisch fallen. »Noch etwas«, sagte er, »worauf ich als erstes reagiert habe. Sie ist aktives Mitglied im
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