Wallentin, Jan
der
Dunkelheit bereits gestanden und gewartet hätte. Vielleicht war sie auch auf
dem Sprung zu einem nächtlichen Spaziergang, denn sie trug ihre Expeditionsjacke.
Don sah,
dass Eva fragend auf den Bunsenbrenner schaute, den er in der Hand hielt. Dann
räusperte sie sich und sagte:
»Ich
glaube, ich habe etwas gefunden, das unser Problem löst.«
Wenn er
eine längere Diskussion erwartet hätte, hatte er sich getäuscht. Nur ein paar
Minuten später befanden sie sich draußen in der Polarnacht auf dem Weg zum
Salon von Agusto Lytton.
Don
spürte, wie Eva sich bei ihm unterhakte, um sich gegen die strenge Kälte zu
schützen. Der Wind ließ die Eiszapfen an der Reling abbrechen und in die
schwarze Fahrrinne hinunterrauschen, die die Jamal in die
kreideweiße Eisdecke gepflügt hatte. Über ihnen schwankten die Radarmasten im
Wind, während das Schiff immer weiter in Richtung Norden stampfte.
Agusto
Lytton war wach geblieben und hatte die Tür der Kapitänssuite angelehnt
gelassen. Als Don sie vorsichtig aufschob, saß der alte Mann immer noch
versunken in die Arktiskarte auf dem Glastisch da.
Lytton
wurde gewahr, dass sie in der Türöffnung standen, und in seinen schmalen
Mundwinkeln zeichnete sich ein Lächeln ab. »Sie sind also Senora Goldstein?«
Lytton war
aufgestanden und bedeutete ihnen hereinzukommen.
Don
stellte fest, dass die obersten Knöpfe seines Seidenhemdes inzwischen offen
standen, durch die gelbliche Haut hindurch konnte er seine Schlüsselbeine
erkennen.
»Oder darf
ich Sie Anna nennen?«, fragte Lytton.
Eva Strand
wirkte etwas angespannt, als sie ihn begrüßte. Doch der Südamerikaner hatte
seinen Blick bereits von ihr weg und auf den Bunsenbrenner und die Plastiktüte
gerichtet, die an Dons Handgelenk baumelte.
»Was haben
Sie denn da mitgebracht?«, fragte Lytton. »Die Ausrüstung für eine Art
wissenschaftliches Experiment?«
Don wusste
nicht recht, was er antworten sollte, also nickte er flüchtig, ging mit dem Bunsenbrenner
in die Raummitte und stellte ihn auf dem Glastisch ab.
Es
klirrte, als er den Stern und das Kreuz aus der Tüte nahm, dann begann er den
Gummischlauch der Glasflasche am Bunsenbrenner anzubringen.
»Sie
wissen, dass das Rauchen an Bord des Eisbrechers verboten ist?«, merkte Lytton
an. »Vorausgesetzt natürlich, man leistet den Anweisungen des Kapitäns Folge.«
Der alte
Mann nahm im Sessel Platz und verfolgte Dons Handbewegungen mit seinem Blick,
während er sich einen weiteren Zigarillo anzündete.
Als der
Gummischlauch am Bunsenbrenner befestigt war, schraubte Don die Gaszufuhr auf.
Dann leuchtete knisternd eine Flamme auf, die er regulierte, bis sie glühend
weiß wurde.
»Ich habe
Ihnen etwas versprochen, das Sie noch nie zuvor gesehen haben«, sagte Don und
schaute Lytton an.
»Und ich
bezweifle es weiterhin«, entgegnete Lytton und nahm einen Zug an seinem
Zigarillo.
Don legte
den Stern und das Kreuz auf das Drahtnetz des Dreifußes und platzierte es dann
oberhalb der Flamme des Brenners. Er konnte das Gesicht des Südamerikaners
durch die Sphären erahnen, die langsam Form annahmen.
Als der
Polarstern aufblinkte, gab Lytton ein Raunen von sich. Er beugte sich vor, um
die ausgewiesene Position des Strahls im weißen Eis der Arktis sehen zu
können.
»Sie
scheinen richtig gemessen zu haben«, sagte Lytton, nachdem er sie mit dem
schwarzen Kreuz auf der Karte verglichen hatte.
Dann nahm
er einen Zirkel zur Hand, um den Abstand des Kreuzes zur Silbermünze zu messen
und den aktuellen Standort des Eisbrechers zu berechnen.
»Um dort
hinzugelangen, muss die Jamal unmittelbar
wenden und Kurs nach Südwesten aufnehmen. Wir sind bereits an der Position
vorbeigefahren und gute zehn Meilen von ihr entfernt.«
Lytton
verstummte und legte den Zirkel aus der Hand. Als die Flamme erlosch und die
Sphären verblassten, sah er zu Don auf und sagte:
»Ich muss
Sie etwas fragen, Senor Goldstein ... Wissen Sie denn überhaupt, was genau der
Strahl ausweist?«
Don
spürte, wie sein Mund trocken wurde. Mit dieser Entschlossenheit hatte er
nicht gerechnet. Seine Beschwingtheit legte sich langsam.
»Dort soll
sich eine Öffnung zur Unterwelt befinden«, sagte er zögernd.
»Das
Wichtigste aber wäre«, sagte Eva, »wenn Sie uns helfen könnten, den Eisbrecher
in Richtung Süden wenden zu lassen, um dorthin zu gelangen.«
»Die
Russen dazu zu bringen, die Jamal umkehren
zu lassen«, entgegnete Lytton, »ist nur eine Frage des Geldes. Aber wir
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