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Wallner beginnt zu fliegen (German Edition)

Wallner beginnt zu fliegen (German Edition)

Titel: Wallner beginnt zu fliegen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas von Steinaecker
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die Unterschiede herausarbeiten, die sich ergeben, wenn ein Nicht-Schwarzer und ein Schwarzer den Begriff „Nigger“ gebrauchen . . . Betonung auf möchte . . . Wendy hat sich selber dabei nur zum Teil überzeugt. Sie kann nur gewinnen. Denn die Stelle ist für Postcolonial Studies ausgeschrieben. Also ist Wendy eben jetzt, obwohl sie wenig Ahnung hat vom Postcolonialism, sieht man von der Untersuchung einiger Texte von lesbischen schwarzen Autorinnen ab, Spezialistin für Postcolonial Studies.
    Wendy fährt ihren rosa Retro-Apple hoch. Das Rosa des Retro-Apples korrespondiert mit Wendys rosa Jäckchen und Lippenstift. Wendy betont die Farbe Rosa, weil sie gehört hat, daß die sechsköpfige Kommission aus vier Männern besteht und Greifswald generell den Ruf hat, konservativ zu sein. Also brezelt sich Wendy eben auf. Sie scrollt ihr Skript bis zum Ende, um zu sehen, ob auch tatsächlich die Markierungen jener Wörter, gelb, zu sehen sind, die sie besonders betonen will, „und nicht “, „ob- wohl “, „na- tür -lich“.
    Der Herr vom Institut, der sie vorstellt und dem sie nicht zugehört hat, spricht nicht mehr. Sie schaut von ihrem rosa Retro-Apple in die Runde der sechs Professoren der Kommission in den Bänken vor ihr, beugt sich vor und sagt: „Meine Damen und Herren.“
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    Sie löscht das Licht im Schlafzimmer und tritt ins dunkle Wohnzimmer. Weil sie noch im Bad ihr Outfit checken möchte, dreht sie sich nach links und stößt, als sie durch die Badezimmertür treten will, die sie immer offen läßt, gegen die Wand. Sie taumelt zurück. Sie hat sich ihren rechten Ellbogen angeschlagen, und ihr ist blitzartig eingefallen, daß sich das Bad hier, in Greifswald, ja nicht links, sondern rechts vom Schlafzimmer befindet, wie blöd sie ist.
    Vor dem Spiegel beschließt sie, daß der Pferdeschwanz, der hellgrüne Pulli mit hellgrünem Schlips, die Jeans zu casual sind, da könnte man ja denken, das Date sei ihr Wurst. Sie geht zurück ins Schlafzimmer, um sich umzuziehen. Vor dem Spiegel beschließt sie, daß offenes Haar, das Nadelstreifensakko, der hellgrüne Schlips und der knielange dunkelrote Wildlederrock overdressed sind, da weiß man ja gleich, was los ist. Sie geht zurück ins Schlafzimmer, schlüpft wieder in den hellgrünen Pulli, die Jeans, das Haar läßt sie offen. Von der Eingangstür aus testet sie, was Quentin als erstes vom Wohnzimmer sehen wird, wenn er eintritt. Er wird den Tisch sehen, er wird das Regal sehen, die Negerkopf-Büsten, den Australien-Quilt. Sie beschließt, daß die Negerkopf-Büsten an der Wand, das Regal und der Australien-Quilt auf den Geschmack ihrer Besitzerin schließen lassen. Sie entzündet die Kerzen auf dem Tisch und rückt sie etwas mehr in die Mitte, damit Quentin sie gleich von der Eingangstür aus sieht, und am Anfang eine gewisse Atmosphäre herrscht, bei der man sich vorstellen kann, daß man im Verlauf des Abends im Gespräch, das in Richtung Tiefsinn geht, innehält und sich länger in die Augen sieht, später dann küßt, miteinander schläft . . . dabei natürlich vorausgesetzt, daß Quentin die Candlelight-Dinner-Atmo so wie sie als romantisch und nicht etwa als kitschig oder als fürs erste Date zu aufdringlich empfindet . . .
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    Und jetzt, wie sie sieht, daß da ein Glas Wasser vor ihr auf dem Rednerpult steht und sie nicht weiß, ob das jemand von den Studenten dahingestellt hat, als Gag vielleicht, oder ob das einfach ihr Vorgänger vergessen hat, da erinnert sie sich an ihre Bewerbung in Konstanz und an das Glas mit Sprudel, von dem sie die ganze Zeit aufstoßen mußte, und wie peinlich das war, und sie grinst und überlegt, und sie ist sich nicht sicher, ob sie auch damals schon auf ihrem rosa Retro-Apple, den sie jetzt hochfährt, die zu betonenden Wörter markiert hatte, so wie sie das bei ihrem Vortrag in Greifswald damals getan hatte, eine Schnapsidee, wie sich dann herausstellte, einmal und nie wieder, also hatte sie das nur in Greifswald und nicht in Konstanz gemacht, wie war sie eigentlich auf so was gekommen? Während des gesamten Vortrags hatte sie das Gefühl gehabt, sie betone falsch, sie klinge total affektiert, obwohl sie das ja sicher tausendmal zu Hause geübt hatte und es da sicher richtig und natürlich geklungen hatte. Sie hatte sich damals beim Vortrag selbst, erinnert sie sich, nur noch aufs Vorlesen und Betonen konzentriert, gar nicht mehr auf den Sinn geachtet, der Text hätte irgendwas sein können, eine

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