Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883
ihrem Zweifel mitteilen durfte. Leise klopfte sie an. Sie hörte ein Sichrecken; Polster rauschten, das Gestell des Lagers knirschte. Nach einigen Augenblicken rief es: »Was soll's!« Ohne zu antworten, schlüpfte sie in das unverschlossene Gemach, wo sich Menes langsam von seinem Lager erhob, seinen Besuch eine Zeitlang schlaftrunken anstarrend.
»Rebekka,« sagte er matt.
»Höre mich an,« flüsterte sie, mit Mühe ihre Bewegung verbergend, »ich habe dir wichtige Mitteilungen zu machen, die Verschwörung gegen des Königs Leben betreffend.
Dies Wort gab dem Jüngling sogleich seine Frische wieder; er sprang auf, verschloß die Türe und setzte sich dann erwartungsvoll auf sein Lager. War ihm Rebekka auch verhaßt, er wußte, daß sein König sie liebe, das war für ihn Grund genug, um sie ehrerbietig zu behandeln; er bot ihr einen Sitz an und hieß sie reden. Rebekka ging mit sich zu Rate, ob sie ihm ihre ganze Verwicklung in diese Verräterei kundtun solle, doch nach einigem Überlegen schien ihr dies unratsam. Ihre Erfindungsgabe reichte ihr ein Mittel, sich selbst vor Entdeckung zu schützen, ohne jedoch Menes etwas zu verheimlichen, was zur Rettung des Königs beitragen könnte.
»Ich verlange erstlich von dir,« sagte sie, »daß du das, was ich dir nun mitteile, keinem Sterblichen anvertraust.«
Menes versprach es. Sodann spiegelte sie ihm vor, sie habe zufälligerweise ein Gespräch belauscht, das zwei ihr Unbekannte vor ihrer Tür geführt. So sei sie in Besitz eines Geheimnisses gekommen, welches für die Freunde des Königs von großem Nutzen sein könne, sie habe nämlich dadurch erfahren, wo sich allabendlich die Verschworenen versammelten.
Menes frug, begeistert von dem Gedanken, vielleicht seinem Herrn einen außerordentlichen Dienst leisten zu können, nach diesem Versammlungsort, und Rebekka beschrieb ihm denselben. Dieser Versammlungsort war die östliche Zelle des großen Amuntempels, zu dessen Verschönerung Ramses viel beigetragen. Sie konnte ihm den Weg nach dieser Zelle genau beschreiben, denn sie hatte dieselbe oft besucht, um an den Verhandlungen der Königsmörder teilzunehmen. Sie beschwor Menes, am nächsten Abend sich dorthin zu begeben, er würde gewiß in alle Pläne der Schändlichen eingeweiht, wenn es ihm gelänge, ihre Gespräche zu belauschen.
Menes ergriff im Taumel des Entzückens die Hände Rebekkas, drückte ihr seine Dankbarkeit lebhaft aus und versprach, am Abend dieses Tages sich nach der bezeichneten Stelle zu begeben. Der Morgen glomm bereits rot in das Zimmer, als sich Rebekka erleichterten Herzens erhob. Nun, sagte sie sich, wird das Schwert der Rache auf meine verruchten Verführer so rasch niedersausen, daß sie nicht Zeit haben, mich zuvor zu vernichten. Nochmals bat sie den Jüngling, dem Könige nicht eher Meldung von dieser Entdeckung zu geben, als bis er die Namen und Pläne dieser Abscheulichen kenne, dann aber möge er rasch und ohne Aufschub handeln. An der Türe blieb sie einen Augenblick sinnend stehen.
»Hast du mir noch Weiteres mitzuteilen?« frug Menes.
»Ich – nein –« sagte Rebekka, deren Auge sich umflorte.
»Deine Belohnung wird eine außerordentliche sein,« beteuerte der junge Mann, »du hast uns einen großen Dienst erwiesen.«
»Das meine ich nicht,« flüsterte Rebekka; »ich wollte dich eigentlich fragen, ob du Nachricht von Memphis hast.«
»Von Memphis? Ja!«
»Nun? Diese lautet?«
»Gut! Myrrah fühlt sich glücklich!«
»Wirklich?« sagte Rebekka gedehnt.
»Gewiß,« bestätigte Menes, dessen Augen zu leuchten begannen.
»Du solltest vorsichtig sein,« warf sie hin.
»Vorsichtig? Wie meinst du das?« frug er.
»Ich meine, deine Mutter – darfst du ihr trauen?«
»Warum fragst du so seltsam?«
»Ich weiß selbst nicht. Sende einen Boten nach Memphis, dies kann unmöglich schaden,« sagte die Jüdin mit einem Anflug von Hast.
»Unnötige Sorge,« lachte Menes vergnügt; »ich danke dir übrigens, daß du mein Verhältnis zu Myrrah meiner Mutter verraten, glaube nicht, ich zürne dir, du wolltest Böses stiften, aber die Götter wandelten es in Gutes um, du bist die Begründerin unseres Glückes.«
Über das Gesicht des Mädchens glitt eine schmerzliche Wolke. Sie schloß die Türe, aber vor derselben blieb sie noch einmal stehen.
»Ich muß es ihm sagen, dem guten Menschen, wie sein erhofftes Glück in Trümmer geschlagen wurde,« lispelte sie traurig. »Er dauert mich! Man hat ihn schändlich betrogen. Arme
Weitere Kostenlose Bücher