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Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Titel: Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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bringe nichts,« sagte er sich setzend, »eher will ich was holen.«
    »Hier ist nicht viel zu holen.«
    »O doch! . . . Trost!«
    »Das soviel Sie wollen! Wo fehlts denn?«
    »Ich will Sie aber nicht im Essen stören,« entschuldigte er sich verlegen, als Luise mit der Suppe kam.
    »O, gar nicht,« sagte Emma. »Wir fangen ruhig an, sehen Sie! Wir leben fast vegetarisch, – bei diesen hohen Fleischpreisen. Wollen Sie n wenig mitessen? Sehr gutes Sauerkraut?«
    Karl war schon an dem Fräulein aufgefallen, daß sie zuweilen ohne jeden Grund nicht ganz bei der Wahrheit blieb; er hatte doch schon oft Fleischspeisen auf ihrem Tisch stehen sehen! Luise widersprach auch sofort. Emma errötete lachend: »Mein Gott, ich bin Dichterin! ihr dürft meine Aussprüche nicht so genau nehmen.«
    »Ja,« versicherte Luise, »du hast oft einen sonderbaren Hang . . .«
    »Hysterisch!« lachte Emma.
    »Gestern,« fuhr Luise fort, »hat sie mir eine lange Geschichte von einem Herrn erzählt, der uns oft besucht. Denken Sie, heute hat sich herausgestellt, daß die Geschichte erfunden war.«
    Die Dichterin lachte noch reizender. »Ja,« meinte sie, »in mir steckt ein seltsamer Drang Andere zu mystifizieren, ihnen einen Bären aufzubinden.«
    »Und endlich,« nahm ihr die Andere das Wort aus dem Mund, »hat sie mir weis machen wollen, sie habe dieses alte Bild, das oben hängt, gemalt. Es stammt doch aus dem siebzehnten Jahrhundert.«
    »Nun, laß jetzt meine Unarten ruhen,« lächelte die Freundin;»man muß mich nehmen wie ich bin. Talente haben immer einen kleinen Charakterdefekt.
    »Biete dem Herrn Karl rasch einen Teller voll Kraut an, das wird ihm lieber sein, als deine Herabsetzung deiner Freundin.«
    »Auf mich wartet das Essen zu Hause,« entschuldigte sich der Schüler.
    »Ach so . . . nun . . . um vom Sauerkraut auf die Dichtkunst zu kommen, – was halten Sie von der neuesten Lyrik, Sie kleiner Mann?«
    Karl ereiferte sich sofort. »Garnichts. Mir kommts immer vor als dichten diese Herren nicht aus innerstem Herzensdrang, sondern – nach der Litteraturgeschichtsordnung!«
    »Wie? Was heißt das?«
    »Ja . . . die Leuten sagen sich, so oder so ist früher gedichtet worden; jetzt muß etwas Neues kommen. Gut, machen wir was Neues! Und dann strengen sie ihre Gehirnklöße an und geben dem armen abgequälten Pegasus die rostigen Sporen, bis er sich aus Verzweiflung überschlägt oder nach hinten und vornen ausschlägt, sodaß der Dichter zum philisterhaften Sonntagsreiter wird, den die Buben ob seines Hopsasa auslachen.«
    Emma lachte. Er fuhr zitternd vor Eifer fort: »Kurz – ich merke dieser ganzen modernen Lyrik den überhitzten Gehirnkrampf ihrer Verfasser an, unter dessen Hochdruck ihre Lieder entnebelten.«
    »Entnebelten ist gut!« ließ Emma einfließen, während er fortfuhr: »Das sind nur scheinbar freie Seelenergüsse; im Grund sinds Litteraturprofessorenmachwerke.«
    »Sie gehen streng ins Gericht,« versetzte Emma, die bereits mit Luise tüchtig dem Essen zugesprochen hatte. »Sie scheinen heute mehr als sonst erregt.«
    »Wohl wahr!« seufzte Karl und drückte seine Büchermappe auf den Knieen herum.
    »Schütten Sie Ihr Herz aus,« ermutigte sie ihn und legte ihrer Freundin einen Löffel voll Kraut vor. »Hats zu Haus wieder was gegeben?«
    Emma kannte die häuslichen Verhältnisse ihres Gastes. Er schwieg. Dann hob er den jugendlichen Professorenkopf und richtete seinen nervenleidenden Blick in Emmas gesundleuchtendes Auge.
    »Sie kennen doch die scharfe Kritik, die ich den Gedichten eines ›Eduard Märzler‹ in der Litterarischen Wacht angedeihen ließ?«
    »Gewiß,« bestätigte sie lächelnd. »Sehr schneidig, sogar grob. Aber wahr!«
    »Nun . . .« brummte der Jüngling finster vor sich hin, »der Dichter ist mein Lehrer . . . Dr. Georg Simmer.«
    Emma ließ die Gabel ins Kraut fallen und schlug mit einer burlesk-frommen Miene die Augen zur Decke auf.
    »Ihr Lehrer . . .?« lachte sie. »Der Dr. Simmer? Sieht ihm ähnlich! dieser reaktionäre Zionswächter. – Ja, geschieht ihm recht! Aber woher wissen Sie . . .?«
    »Vom Redakteur der Litterarischen Wacht.«
    »Ach so? Das ist ja hochkomisch!«
    »Ja – die Sache hat aber auch eine sehr ernste Seite.«
    »Wieso?«
    »Der Dichter . . . will mich verklagen.«
    Wiederum ließ Emma die Gabel fallen, während Luise mitten im Kauen inne hielt und die sanften Augen erschrocken erst auf Emma, dann auf Karl richtete.
    »Sie . . . verklagen?« stammelte

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