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Walzer, Küsse und Intrigen - Michaels, K: Walzer, Küsse und Intrigen

Walzer, Küsse und Intrigen - Michaels, K: Walzer, Küsse und Intrigen

Titel: Walzer, Küsse und Intrigen - Michaels, K: Walzer, Küsse und Intrigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kasey Michaels
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wollte schon bei einer konspirativen Versammlung erkannt werden?
    Er suchte sich einen Platz in der hintersten der Reihen grober Bänke und hoffte, dass er sich bald an das Dämmerlicht gewöhnen werde. Es war voller, als er geglaubt hatte, etwa siebzig Leute mochten hier zusammengekommen sein, und alle saßen stumm da, bewusst ihren Nachbarn ignorierend.
    Nach einer Weile rührte sich an der Tür etwas, und drei Männer in grober abgetragener Kleidung bahnten sich ihren Weg nach vorn zu einem dort aufgestellten Tisch.
    Einer von ihnen stemmte die Hände auf die Tischplatte und rief: „Bürger für Gerechtigkeit, zur Sache!“
    Dann wandte er sich an seinen Nebenmann, der nickte und vortrat.
    Die Rede, die dann folgte, war eine wüste Auflistung aller nur möglichen Untaten und Sünden, die allesamt dem Prinzregenten angelastet wurden. Dann ergriff der nächste Mann das Wort und verstieg sich in eine wütende Hetzrede, die man nur als sichere Anleitung zum Weg ins Unheil werten konnte.
    Und die verzweifelten Menschen in diesem Raum klatschten frenetisch zu jedem aufrührerischen Wort, bejubelten jeden noch so riskanten Teil des vorgestellten Planes. Man würde sich an der Westminster Bridge versammeln, mit Mistgabeln, Äxten und Knüppeln bewaffnet; echte Waffen wie Säbel oder Gewehre würde man ihnen besorgen. Dann werde man zum Parlament marschieren und dort die schriftlich festgehaltenen Forderungen an die Türen nageln.
    Lucas wusste, was von ihm bei einer zukünftigen, ähnlichen Zusammenkunft erwartet wurde. Nämlich aufzustehen und in etwa die gleiche Rede zu halten, die er neulich in seinem Klub so spontan von sich gegeben hatte. Wie Lord Frayne spöttisch angemerkt hatte, hatte er ein sehr überzeugendes Plädoyer zugunsten der Unterschicht gehalten, nur leider vor dem falschen Publikum.
    Und Lucas hatte sich einverstanden erklärt – im Austausch dafür würde er erfahren, wer gegen seinen Vater intrigiert und ihn vernichtet hatte. Es war ein Pakt mit dem Teufel in Gestalt Lord Fraynes. Lucas würde die Rolle des agent provocateur übernehmen und zu Unruhen aufstacheln, die beweisen würden, dass neue repressive Gesetze und Sanktionen notwendig waren, um England vor seiner eigenen Version der Französischen Revolution zu bewahren.
    Die beiden Wortführer hier wurden von Lord Frayne und seinen Geistesverwandten bezahlt, das wusste Lucas. Er selbst war heute Abend nur hier, um die Vorgehensweise zu beobachten. Beim nächsten Treffen mit Lord Frayne würde er Ort und Zeit der nächsten Zusammenkunft erfahren, und dort sollte er eine flammende, aufwiegelnde Rede halten und die auf Veränderungen hoffende Menge anfeuern, die doch eigentlich nur eins wollte, Kohle in ihren Öfen und Nahrung für ihre Kinder.
    Für diesen Dienst war ihm der Name desjenigen versprochen worden, der seinen Vater auf dem Gewissen hatte. Seinen Vater, den er so lange Jahre gehasst hatte. Vor etwa einem Jahr jedoch hatte er ein anonymes Schreiben erhalten, in dem behauptet wurde, sein Vater sei keineswegs ein Staatsverräter, der sich aus Furcht vor Entdeckung das Leben genommen hatte, sondern ein aufrechter Patriot, zugrunde gerichtet durch falsche Anschuldigungen eines anderen Mannes.
    Seitdem hatte Lucas alles darangesetzt, auf eigene Faust etwas herauszufinden, doch vergebens. Bis zu seinem spontanen, leidenschaftlichen Ausbruch im Klub; unmittelbar danach war Lord Frayne an ihn herangetreten und hatte ihm das angeboten, wonach er suchte. Lord Frayne, der den vormaligen Marquis of Basingstoke gehasst hatte; nun aber gab es anscheinend jemanden, den er noch tiefer hasste. So tief, dass er willens war, diese Person an Lucas zu verraten, an den Sohn zu verraten, der geschworen hatte, seinen Vater zu rächen. Lord Frayne selbst aber würde schön im Hintergrund bleiben und sich nicht die Hände schmutzig machen.
    Ja, es war ein Geschäft mit dem Teufel, und alle die hier Anwesenden wollten es eingehen – und ringsum in der Stadt und außerhalb viele Menschen ebenfalls, sie alle nur Bauern in dem großen Spiel, das sie nicht verstanden.
    Brachte er es über sich? Konnte er wirklich werden wie Lord Frayne, nur um den Verdacht auszuräumen, der sich immer noch um den Tod seines Vaters rankte?
    Konnte er sein Tun vor sich selbst rechfertigen, weil er glaubte, es werde ihm gelingen, Fraynes Pläne zunichte zu machen, wenn er sie nur erst alle kannte? Konnte der Gedanke ihn beruhigen, dass er seiner Mutter zuliebe die Wahrheit über

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