Wandernde Welten
dem Ansatz des zweiten Stockwerks stehen blieb und mit einem anderen Mann sprach, beugte sie sich über das Geländer, um zu sehen, wer es war. Aber der andere stand außerhalb ihres Gesichtsfeldes. Sie sah nur die goldbedeckten Schultern und den Kopf des Mannes, dem sie folgte.
Einer der beiden sagte in dem Moment: »Machou hat anscheinend vor, die ganze Stadt auseinanderzunehmen. Ich nehme an, daß Ymma seine Aufgabe erledigt hat?«
»Ja - sagt er jedenfalls«, antwortete der andere Mann. »Du kennst sicher Tanoujins kleinen Trick?«
»Ich war mal dabei, als er eine Wunde hatte, bei der der Knochen freigelegt wurde. Und nicht einen Tropfen Blut hat er verloren. Willst du gegen Saba kämpfen?«
Uber sich hörte sie das Offnen einer Tür, und dann kamen rasche Schritte die Treppe herab. Sie lief die Stufen hinab, vorbei an mehreren Männern der Patrouille, die den gutaussehenden Mann begleiteten. Ohne sie anzublicken traten sie zur Seite, um sie vorbeizulassen. Sie erreichte den Absatz, auf dem die beiden Männer standen. Einer von ihnen war älter als Saba.
»Ich weiß, was ich tun kann und was nicht«, sagte der Mann mit dem Filigrankragen. »Und Saba kann ich nicht schlagen.«
»Auch nicht, wenn Ymma ihn vorher etwas weich macht?« fragte der andere.
»Ymma kann ihn höchstens richtig warm machen. Saba ist gerade aus dem Raum zurück und in bester Kondition. Er ist ohnehin stark wie ein Triebwerk. Ich glaube nicht, daß wir den Zeitpunkt günstig gewählt haben.«
Sie war an ihnen vorbei und außer Hörweite. Von oben rief eine Stimme: »Haltet die Sklavenfrau fest!«
Sie hetzte die letzten Stufen hinab. Die Posten an der Tür schienen zu dösen.
Sowie sie das Gebäude verlassen hatte, war sie in Sicherheit.
Hier draußen konnten sie ihr nichts anhaben. Atemlos erreichte sie die Scheune. Saba war im Hinterzimmer seines Büros. Er lag auf dem Bett, die Arme unter dem Kopf verschränkt. Paula schloß die Tür.
»Freut mich, daß du endlich wieder da bist«, sagte er.
»Wer ist dieser Mann von der Patrouille? Sieht sehr gut aus, scheint auffällige Kleidung zu lieben.« Sie zog die Sklavenkleidung aus. »Viel größer als du, aber schlanker.«
Er wandte den Kopf und sah sie an. »Jünger als ich? Dann ist esBokojin, der Akellar von Iiiini. Mit dem werde ich leicht fertig.«
»Das hat er auch gesagt.« Ihre Reisetasche stand unter dem Bett. Sie öffnete sie und nahm ihren Morgenrock heraus. »Da war noch ein anderer, untersetzt, älter als du.«
Saba runzelte die Stirn. »Könnte Leno sein, Ulys Bruder. Den schaffe ich nicht.«
Ulys Bruder. Er hatte überhaupt keine Ähnlichkeit mit ihr.
Paula nahm die Decke, die am Fußende des Bettes lag, breitete sie auf den Stuhl beim Fenster und setzte sich. »Bokojin sagte, du seist jetzt in bester Kondition.«
»Kann sein. Stärke hat nur einen besonderen Nachteil: Man lernt nichts mehr dazu. Und Leno kennt alle Tricks, die es gibt.
Du kannst bei mir schlafen. Oder traust du mir nicht?«
»Das Bett ist zu schmal.«
»Vielleicht werde ich auch mit Leno fertig, wenn ich vorher nicht Ymma fertigmachen müßte. Ich kann es kaum erwarten, dem meine Krallen in die Fresse zu schlagen.«
»Wie geht es Tanoujin?«
»Nicht gut.«
Sie zog ein Ende der Decke über ihren Kopf. Der Stuhl war hart wie ein Fels, aber sie wollte nicht schlafen. Sie lehnte ihren Kopf an die Rückenstütze. Irgendwo heulte eine Sirene, ganz in der Nähe, und war kurz darauf wieder still. Die Beine taten ihr weh.
Sie vermißte David. Die notwendige Routine seines Lebens hatte ihrem Leben in Matuko eine gewisse Ordnung gegeben. Ymma hatte Tanoujin böse zugerichtet. Vielleicht waren sogar sein Verstand und all seine Ambitionen zerstört worden. In einer drecki-gen Seitengasse.
»Du hattest recht«, sagte Saba. »Wir sind Machou anscheinend zu mächtig geworden.«
»Um den Kampf mit Ymma wirst du nicht herumkommen.«
»Nein.« Er drehte sich auf den Bauch. »Das heißt, vielleicht doch. Aber dann würde ich ihn davonkommen lassen, ohne Tanoujin zu rächen. Willst du das?«
»Ja.«
Das Geräusch, das aus seiner Kehle kam, klang wie ein unterdrücktes Lachen. Er wandte den Kopf und blickte zur Wand. »Ich habe einmal mit Leno gekämpft«, sagte er. »Das war im Colorado, vor meiner Heirat mit Uly. Er hatte mich in fünfzehn Sekunden am Boden.«
»Das ist immerhin schon eine Weile her«, sagte sie. »Er ist älter als du. Und was ist mit Tanoujin? Kann er dir nicht helfen?«
Er wandte
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