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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Landesobrigkeit damals sehr schwankend und eine Zeitlang, halb angemaßt,
    halb zugestanden, bei den Quitzows selber war, so entstanden daraus sehr verwickelte, zum Teil wider-spruchsvolle Verhältnisse, deren Gefahren und
    Schwierigkeiten nur durch große Klugheit zu über-
    winden waren. Die schwankenden Verhältnisse nötig-
    ten auch zu einer schwankenden Politik. Die Grund-
    stimmung des Klosters blieb gegen die Quitzows gerichtet, wiewohl wir einer, indes jedenfalls nur kur-

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    zen Epoche zu erwähnen haben werden, wo das
    Kloster mit den Quitzows ging.
    Zwischen 1401 und 1403, so scheint es, sammelten
    die Quitzows Material gegen das Kloster. Inwieweit
    sie dabei bona fide handelten, ist schwer zu sagen;
    doch macht ihr Vorgehen allerdings den Eindruck, als
    hätten sie, voll übermütigen Machtbewußtseins, die
    Dinge nur einfach daraufhin angesehen, wie sie ih-
    nen paßten, unbekümmert um den Wortlaut entge-
    genstehender Urkunden und Verträge. Sie stellten
    sich zunächst, als machten sie einen Unterschied
    zwischen dem Abt des Klosters und dem Kloster selbst , und sich das Ansehen gebend, als sei die Persönlichkeit oder der Eigensinn des Abtes an allem
    schuld, verklagten sie ihn beim Konvent seines eige-
    nen Klosters. Als diese Klage, wie sich denken läßt,
    ohne Einfluß blieb, schritten sie zu einer förmlichen
    Anklageschrift, in der sie dem Kloster all seine vor-
    geblichen Vergehen und Eingriffe entgegenhielten.
    Diese Anklageschrift enthielt, unter vielen andern
    Paragraphen, drei Hauptpunkte:
    1. Das Kloster habe ihnen, den Quitzows, zweimal
    den Landschoß verweigert, wiewohl sie doch die
    »Statthalter in Mark Brandenburg« wären.
    2. Das Kloster habe den Quitzowschen Knechten auf
    seinen, des Klosters, Gütern jedes Einlager verwei-
    gert und die Zuwiderhandelnden mit Mord bedroht.
    3. Endlich, das Kloster habe dabei beharrt, die Havel
    bei Schloß Plaue als sein Eigentum anzusehen, wäh-

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    rend sie doch ihnen, den Quitzows, als den zeitigen
    Besitzern von Schloß Plaue gehöre, denn weil das
    Wasser bei dem Schlosse sei, so müßte es auch zu
    dem Schlosse gehören, und führe das Schloß nicht
    umsonst den Namen »Schloß Plaue an der Havel «.
    Abt Heinrich erwiderte auf alle Anklagepunkte in
    würdiger Weise, alle seine Aussagen urkundlich bele-
    gend. Er wies aus den Schenkungsurkunden und
    verbrieften Gerechtsamen des Klosters nach, daß
    sie, Abt und Mönche, erstens ihre Güter »in aller
    Freiheit« besäßen und niemals Landschoß zu zahlen gehabt hätten, daß es zweitens zu ihren vielfach
    verbriefen Gerechtsamen gehöre, keine Herren, kei-
    ne Lehnsträger, Ritter oder Knechte, wider Willen
    aufnehmen zu müssen, und daß sie drittens die Ha-
    vel bei Plaue seit so langer Zeit als Eigentum besä-
    ßen, »daß niemand dessen anders gedenken möge«.
    Dieser dritte Punkt, weil es sich dabei um eine Eigen-tumsfrage handelte, die den praktischen Leuten des Mittelalters immer die Hauptsache war, bekümmerte
    den Abt nun ganz besonders. Da man sich nicht eini-
    gen konnte, wurden Schiedsrichter vorgeschlagen,
    wobei Hennig von Stechow und Hennig von Gröben
    als Abgesandte oder Mandatare der Quitzows auftra-
    ten. Das Recht des Klosters indessen war zu klar, als
    daß die eigenen Vertrauensmänner (Stechow und
    Gröben) der Gegenpartei es hätten übersehen oder
    umdeuten können, und so beschworen sie den Hans
    von Quitzow, »daß er um Gottes und seiner eigenen
    Seligkeit willen mit dem Abte nicht hadern und das
    Kloster samt seinen Gütern und Besitzungen nicht

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    anfechten möge«. Aber die Quitzows – die vielleicht
    aus politisch-strategischen Gründen in dieser Frage
    besonders hartnäckig waren – beharrten auf ihrer
    Forderung, und das Kloster mußte schließlich nicht
    nur auf sein Flußrecht Verzicht leisten, sondern auch
    noch weitere 100 Mark Silber zahlen, um sich guter
    Nachbarschaft und der Wohlgewogenheit der mäch-
    tigen Familie zu versichern.
    Diese Nachgiebigkeit und die damit verknüpften
    Schädigungen mögen dem Kloster schwer genug
    angekommen sein; nachdem die Opfer aber einmal
    gebracht und mittelst derselben die Freundschaft
    und die guten Dienste der alles vermögenden Quit-
    zow-Sippe gewonnen waren, lag es nun auch in der Politik des Klosters, diese Freundschaft zu pflegen
    und dadurch den eignen Vorteil nach Möglichkeit zu
    fördern . Die Niederlage blieb unvergessen, aber solange kein Stärkerer da war, um diese Niederlage

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