Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Landesobrigkeit damals sehr schwankend und eine Zeitlang, halb angemaßt,
halb zugestanden, bei den Quitzows selber war, so entstanden daraus sehr verwickelte, zum Teil wider-spruchsvolle Verhältnisse, deren Gefahren und
Schwierigkeiten nur durch große Klugheit zu über-
winden waren. Die schwankenden Verhältnisse nötig-
ten auch zu einer schwankenden Politik. Die Grund-
stimmung des Klosters blieb gegen die Quitzows gerichtet, wiewohl wir einer, indes jedenfalls nur kur-
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zen Epoche zu erwähnen haben werden, wo das
Kloster mit den Quitzows ging.
Zwischen 1401 und 1403, so scheint es, sammelten
die Quitzows Material gegen das Kloster. Inwieweit
sie dabei bona fide handelten, ist schwer zu sagen;
doch macht ihr Vorgehen allerdings den Eindruck, als
hätten sie, voll übermütigen Machtbewußtseins, die
Dinge nur einfach daraufhin angesehen, wie sie ih-
nen paßten, unbekümmert um den Wortlaut entge-
genstehender Urkunden und Verträge. Sie stellten
sich zunächst, als machten sie einen Unterschied
zwischen dem Abt des Klosters und dem Kloster selbst , und sich das Ansehen gebend, als sei die Persönlichkeit oder der Eigensinn des Abtes an allem
schuld, verklagten sie ihn beim Konvent seines eige-
nen Klosters. Als diese Klage, wie sich denken läßt,
ohne Einfluß blieb, schritten sie zu einer förmlichen
Anklageschrift, in der sie dem Kloster all seine vor-
geblichen Vergehen und Eingriffe entgegenhielten.
Diese Anklageschrift enthielt, unter vielen andern
Paragraphen, drei Hauptpunkte:
1. Das Kloster habe ihnen, den Quitzows, zweimal
den Landschoß verweigert, wiewohl sie doch die
»Statthalter in Mark Brandenburg« wären.
2. Das Kloster habe den Quitzowschen Knechten auf
seinen, des Klosters, Gütern jedes Einlager verwei-
gert und die Zuwiderhandelnden mit Mord bedroht.
3. Endlich, das Kloster habe dabei beharrt, die Havel
bei Schloß Plaue als sein Eigentum anzusehen, wäh-
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rend sie doch ihnen, den Quitzows, als den zeitigen
Besitzern von Schloß Plaue gehöre, denn weil das
Wasser bei dem Schlosse sei, so müßte es auch zu
dem Schlosse gehören, und führe das Schloß nicht
umsonst den Namen »Schloß Plaue an der Havel «.
Abt Heinrich erwiderte auf alle Anklagepunkte in
würdiger Weise, alle seine Aussagen urkundlich bele-
gend. Er wies aus den Schenkungsurkunden und
verbrieften Gerechtsamen des Klosters nach, daß
sie, Abt und Mönche, erstens ihre Güter »in aller
Freiheit« besäßen und niemals Landschoß zu zahlen gehabt hätten, daß es zweitens zu ihren vielfach
verbriefen Gerechtsamen gehöre, keine Herren, kei-
ne Lehnsträger, Ritter oder Knechte, wider Willen
aufnehmen zu müssen, und daß sie drittens die Ha-
vel bei Plaue seit so langer Zeit als Eigentum besä-
ßen, »daß niemand dessen anders gedenken möge«.
Dieser dritte Punkt, weil es sich dabei um eine Eigen-tumsfrage handelte, die den praktischen Leuten des Mittelalters immer die Hauptsache war, bekümmerte
den Abt nun ganz besonders. Da man sich nicht eini-
gen konnte, wurden Schiedsrichter vorgeschlagen,
wobei Hennig von Stechow und Hennig von Gröben
als Abgesandte oder Mandatare der Quitzows auftra-
ten. Das Recht des Klosters indessen war zu klar, als
daß die eigenen Vertrauensmänner (Stechow und
Gröben) der Gegenpartei es hätten übersehen oder
umdeuten können, und so beschworen sie den Hans
von Quitzow, »daß er um Gottes und seiner eigenen
Seligkeit willen mit dem Abte nicht hadern und das
Kloster samt seinen Gütern und Besitzungen nicht
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anfechten möge«. Aber die Quitzows – die vielleicht
aus politisch-strategischen Gründen in dieser Frage
besonders hartnäckig waren – beharrten auf ihrer
Forderung, und das Kloster mußte schließlich nicht
nur auf sein Flußrecht Verzicht leisten, sondern auch
noch weitere 100 Mark Silber zahlen, um sich guter
Nachbarschaft und der Wohlgewogenheit der mäch-
tigen Familie zu versichern.
Diese Nachgiebigkeit und die damit verknüpften
Schädigungen mögen dem Kloster schwer genug
angekommen sein; nachdem die Opfer aber einmal
gebracht und mittelst derselben die Freundschaft
und die guten Dienste der alles vermögenden Quit-
zow-Sippe gewonnen waren, lag es nun auch in der Politik des Klosters, diese Freundschaft zu pflegen
und dadurch den eignen Vorteil nach Möglichkeit zu
fördern . Die Niederlage blieb unvergessen, aber solange kein Stärkerer da war, um diese Niederlage
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