Wanderungen II. Das Oderland.
gekostet hatte, verfügte über wenig mehr als 1200 Reiter und Dragoner. Die Aufstellung, die er nahm, war kurz folgende: die Reiterei in zwei Treffen, in Front des Feindes, die Dragoner aber, nachdem sie abgesessen, in ein links und rechts gelegenes Gehölz, um im entscheidenden Momente die Schweden in beiden Flanken nehmen zu können. Diese glückliche Terrainbenutzung entschied den Tag. Oberst von Dewitz, ein Schwiegersohn Derfflingers, eröffnete den Angriff und warf einige Compagnien schwedischen Fußvolks über den Haufen; aber er drang nicht durch, und die Gegner ihrerseits machten jetzt Miene, zum Angriff überzugehen. In diesem Augenblicke ließ Schöning die Dragoner aufsitzen und brach von zwei Seiten her mit Ungestüm in die vorrückenden Schweden ein. Ein Gemetzel begann, da jeder instinktmäßig fühlte, daß fliehen verderblicher sei als fechten, und erst die hereinbrechende Nacht machte dem Kampf ein Ende. Keiner hatte ein Recht, sich den Sieg zuzuschreiben, aber die Schweden zogen sich in der Dunkelheit zurück und erklärten sich dadurch für geschlagen. Die Verluste waren auf beiden Seiten ungeheuer. Die feindlichen Offiziere hatten, während des ganzen Kampfes, immer in langer Linie vor der Front ihrer eigenen Leute gefochten, und vom schwedischen Leibregiment war alles tot oder verwundet. Auch Hans Adam war, an der Spitze seiner Dragoner, nur durch die Geistesgegenwart eines Rittmeisters gerettet worden, der einem schwedischen Reiter das Pistol aus der Hand schlug, das dieser eben auf Schöning abfeuern wollte. An den zwei folgenden Tagen ließ dieser durch kleine Streifcorps die Verfolgung der Schweden bis in die Nähe von Riga fortsetzen; dann trat er selbst den Rückzug an, um dem, wie schon erwähnt, in Königsberg zurückgebliebenen Kurfürsten wenige Trophäen nur, aber die schwerwiegende Nachricht von der gänzlichen Auflösung des schwedischen Heeres zu bringen.
Dieser glänzende Zug bis an die kurische Grenze, das erste Unternehmen, das Schöning in voller Selbständigkeit ausgeführt hatte, hob sein Ansehen in den Augen des Kurfürsten, der ihm bereits so mannigfache Beweise seiner besondern Gunst gegeben hatte, und Hans Adam, der mit sechsunddreißig Jahren zum Generalmajor ernannt worden war, wurde mit zweiundvierzig Jahren Generallieutenant und Gouverneur von Berlin, das damals, nach Plänen des alten Feldmarschalls Sparr, von fünf Ravelins und dreizehn Bastionen eingefaßt durchaus den Charakter einer Festung hatte.
Wir verweilen aber nicht bei den Friedensjahren unseres Generallieutenants, sondern begleiten ihn statt dessen auf seinem Türkenzuge , bis zur Erstürmung der Festung Ofen.
Zwischen Kaiser und Kurfürst war ein Vertrag zu gegenseitiger Hülfeleistung geschlossen worden, und in Gemäßheit dieses Vertrages sah sich der Kurfürst gezwungen, zu einem bevorstehenden »Zuge gegen die Ungläubigen«, dessen Hauptzweck die Einnahme Ofens war, ein Hülfscorps von 8000 Mann zu stellen. Der Kurfürst sah sich »gezwungen«, diese Auxiliarmacht zu stellen; aber wir würden irren, wenn wir aus dieser Bezeichnung ableiten wollten, daß der Kurfürst nur einem Zwange nachgegeben und für die Besiegung des Christenfeindes kein Herz gehabt habe. Die Sache war einfach die, daß er seinem erschöpften, durch immer neue Kriege gegangenen Lande vor allem den Frieden gönnte. Der protestantische Norden stand ohnehin anders zur Türkenfrage wie der katholische Süden, ja, ein bedrohtes Osterreich erschien manchem lutherischen Herzen als gleichbedeutend mit Sicherung und Kräftigung des Protestantismus; aber weit über dieses Abwägen einzelner hinaus ging doch, als Grundstimmung , durch die ganze Christenheit ein Doppelgefühl von Furcht und Haß gegen die Ungläubigen. Das siegreiche Vordringen der Türken bis an die Tore Wiens (1683) war noch frisch im Gedächtnis, und eine dunkle, im Volke fortlebende Erinnerung an die Tatarenhorden, die einst bis an die Oder hin alles verwüstet hatten, mochte auch in den kurfürstlichen Landen die Vorstellung einer Gefahr und den guten Willen, ihr vorzubeugen, wachgerufen haben. 2)
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Schöning war nicht mit bei Fehrbellin. Er befand sich unter den Fuß truppen, die, unser dem Oberbefehl General Görtzkes, den Reiterregimentern nachrückten. [Image: Zurück]
Als Ofen endlich gefallen war, weckte die Nachricht davon in ganz Europa ein Gefühl freudigen Dankes. Aus Rom wurde berichtet: »der Papst habe mit lauter Stimme und unter den
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