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Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition)

Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition)

Titel: Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sándor Márai
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Heugeruch stopfte die Gnädige Schränke und Schubladen voll.
    Und sie hatten nicht bloß Kleiderschränke und Schuhschränke – ach, war das ein Fest, besser als das Ausgehen am Sonntag, als ich endlich an die Schuhschränke durfte und all die Schuhpflegemittel fand und mich dann über die Schuhe hermachte, ohne Spucke, sondern mit all den ausgezeichneten Putzmitteln und den weichen Tüchern und Bürsten, bis das Leder glänzte, was es hielt – also nicht nur die Kleider und die Schuhe hatten ihre eigenen Schränke, sondern auch die Wäsche, alles nach Art und Qualität sortiert. Herrjesus, was für Unterhemden, Unterhosen! Ich glaube, ich habe mich in meinen Mann verliebt, als ich zum erstenmal seine Batistunterhosen bügelte. Unterhosen mit Monogramm, weiß der Himmel, wozu. Und irgendwo in der Nähe des Bauchnabels, über dem Monogramm, die Adelskrone. Denn das waren Adelige, falls du es bis jetzt nicht wußtest, die hatten in den Unterhosen, Hemden, Taschentüchern eine Adelskrone eingestickt. Der Alte war zu Friedenszeiten obendrein auch Hofrat, nicht einfach nur Regierungsrat wie sein Sohn. Da war irgendwie ein großer Unterschied, eine höhere Stufe, wie zwischen Baron und Graf.
    Dann gab es die Handschuhfächer mit den verschiedenen Handschuhen in einer irrsinnigen Ordnung, wie Heringe in der Büchse. Handschuhe für die Stadt, für die Jagd, fürs Autofahren, graue, gelbe, weiße, aus Wildleder, aus Schweinsleder und pelzgefütterte für den Winter. Und die Glacéhandschuhe für die großen Anlässe. Und die schwarzen Trauerhandschuhe, die sie bei den Beerdigungen trugen, wenn jemand hochfeierlich verlocht wurde. Dann die taubengrauen weichen Handschuhe, die sie zu Abendanzug und Zylinder trugen. Aber die zogen sie nie an, sondern trugen sie nur in der Hand wie die Könige das Zepter. Na ja, die Handschuhe.
    Dann die Strickwaren, all die Pullover, mit Ärmeln und ohne Ärmel, lange, kurze, dicke, dünne, in allen Farben und Arten. Es gab solche, die sie abends trugen, ohne Jackett, wenn sie sich im Herbst ganz sportlich an den Kamin setzten und Pfeife rauchten. Der Diener legte Tannenzweige aufs Feuer, damit alles perfekt sei, wie in den englischen Illustrierten auf den Schnapsreklamen, auf denen mit dem Lord, der freundlich lächelnd vor dem Kamin die Pfeife raucht und seine tägliche Ration Schnaps schon intus hat.
    Dann hatten sie cremefarbene Pullover für die Trappenjagd, bei der sie Tirolerhütchen mit Gamsbart trugen. Und mein Mann hatte auch Frühlings- und Sommerpullover. Und natürlich die farbigen, dicken Pullover für den Wintersport. Und dann solche, mit denen er ins Büro ging, und solche … Aber ich kann gar nicht alle aufzählen.
    Und zu alldem der Heugeruch. Als ich zum erstenmal im Bett meines Mannes lag, kam mir dieser Geruch hoch, dieser pervers-raffinierte Männergeruch, den ich von viel früher kannte, als ich seine Unterhosen bügelte und seinen Wäscheschrank in Ordnung hielt. Und ich war so glücklich, daß mir vor Aufregung, vor Überwältigung schlecht wurde. Denn weißt du, auch sein Körper hatte diesen Heugeruch, denn er benutzte auch eine solche Seife. Und das Toilettenwasser, mit dem ihm der Diener nach dem Rasieren das Gesicht einstrich, und auch sein Haarwasser hatten diesen Heugeruch. Er war ganz leicht, wie ein Hauch. Und doch erhebend und erregend. Wahrscheinlich ist mir deshalb schlecht geworden, als ich zum erstenmal in seinem Bett lag und er mich umarmte. Da war ich schon seine Frau. Die andere, die erste war weggegangen. Warum? … Du meinst, auch sie habe diesen Geruch, diesen Menschen nicht ertragen? … Ich weiß es nicht. Niemand ist so klug, daß er sagen könnte, warum sich Frauen und Männer zusammentun und warum sie dann auseinandergehen. Ich weiß nur, daß es in der ersten Nacht, die ich im Bett meines Mannes verbrachte, so war, als läge ich gar nicht neben einem Menschen, sondern neben einem künstlichen Geruch. Deshalb drehte sich mir der Magen um, wegen dieser Fremdheit. Dann habe ich mich daran gewöhnt. Später wurde mir nicht mehr schlecht, wenn er zu mir sprach oder wir uns umarmten. Man gewöhnt sich an alles, sogar an das Glück und den Reichtum.
    Doch vom Reichtum kann ich dir gar nicht alles erzählen, obwohl ich sehe, daß deine Augen blitzen und es dich interessiert, was ich unter den Reichen gelernt habe. Na, interessant war es schon. Wie eine Reise in einem fremden Land, wo die Menschen anders wohnen, anders essen, anders geboren werden

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