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Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition)

Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition)

Titel: Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sándor Márai
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Abschnitt des Lebens endgültig vorbei, als wäre eine neue Zeit angebrochen, da alles wieder an seinem Platz war, da man wieder planen, Kinder erziehen, in die Ferne blicken und sich überhaupt mit Dingen beschäftigen konnte, die angenehm und ein bißchen überflüssig waren. In dieser Welt begann ich umherzureisen, zwischen den beiden Kriegen. Ich kann nicht sagen, daß das Gefühl, mit dem ich aufgebrochen war und das mich an jeder einzelnen Station der Reise erfüllte, ein Gefühl absoluter Sicherheit gewesen sei. Wie Leute, die einmal gründlich ausgeraubt worden sind, waren wir in jener kurzen Zwischenkriegszeit in Europa alle ein bißchen vorsichtig: Alle, Individuen wie Völker und Nationen, gaben wir uns Mühe, herzlich, großzügig und stilvoll zu sein, doch heimlich hielten wir – für alle Fälle – in der Hosentasche einen Revolver umklammert, und von Zeit zu Zeit griffen wir erschrocken nach der Brieftasche in der Innentasche unseres Jacketts. Zweifellos hatten wir in jenen Jahren nicht nur um unsere Brieftaschen Angst, sondern auch um unsere Herzen und Gemüter. Aber immerhin, man konnte wieder reisen …
    Es entstanden überall neue Häuser, neue Stadtviertel, neue Städte, ja, neue Länder. Zuerst fuhr ich nach Norden, dann nach Süden, dann nach Westen. Am Ende blieb ich mehrere Jahre in den Städten des Westens. Was ich liebte, woran ich glaubte, hier war es auf unmittelbar vertraute Art vorhanden: Weißt du, wie wenn man in der Schule aus den Büchern eine Sprache lernt und dann in das Land reist, in dem sie die Muttersprache der Einheimischen ist. Im Westen lebte ich unter echten Bürgern, die das Bürgertum offensichtlich nicht als Rolle und Motto und auch nicht als Pflicht verstanden, sondern darin wohnten, wie man in einem Haus wohnt, das man von seinen Vorfahren geerbt hat und das zwar ein bißchen eng, dunkel und altmodisch ist, aber dennoch das beste, das man kennt, so daß man es nicht abbrechen und ein neues bauen mag. Man brachte höchstens da und dort einen neuen Verputz an. Wir bei uns hatten an diesem Haus, am Daheim des Bürgertums, immer noch gebaut; zwischen den Palästen und den Hütten bauten wir eine ausgedehntere, großzügigere Lebensform, in der sich alle heimisch fühlen konnten, nicht nur Judit Áldozó, sondern vielleicht auch ich.
    In jenen Jahren dachte ich nur undeutlich an Judit. Zu Anfang der Reise kam sie mir manchmal noch in den Sinn, und es war wie die Erinnerung an einen heftigen Fieberanfall. Ja, einmal war ich krank gewesen und hatte im Wahn geredet, mit geschlossenen Augen. Ich hatte die Einsamkeit gespürt, die in beängstigenden, eisigen Wellen in mein Leben strömte, und war zu einem Menschen geflüchtet, dessen Wesen, Ausstrahlung und Lächeln meine Angst aufzulösen versprachen. Daran erinnerte ich mich. Jetzt aber eröffnete sich die Welt, und sie war sehr interessant. Ich sah Statuen und Dampfturbinen und einsame Menschen, wie sie sich an der heiteren Melodie eines Verses ergötzten, sah Wirtschaftssysteme, die Würde und Großzügigkeit versprachen, sah riesige Städte, Berggipfel, wunderbare mittelalterliche Brunnen auf dem von Platanen gesäumten viereckigen Hauptplatz deutscher Kleinstädte, die Türme von Kathedralen, Meeresstrände mit goldenem Sand und dunkelblauem Ozean und nackten weiblichen Körpern. Ich sah die Welt. Damit konnte die Erinnerung an Judit Áldozó natürlich nicht mithalten. Genauer: Damals wußte ich noch nicht, daß die Kräfteverhältnisse in einem solchen Duell ungleich sind. Judit Áldozó war neben der Wirklichkeit der Welt tatsächlich weniger als ein Schatten; in jenen Jahren zeigte und versprach das Leben alles, es bot den großen Entwurf an, nämlich daß ich aus der traurigen, beschränkten Kulisse meines Zuhauses ausbrechen, das schöne Kostüm abwerfen und mich in die anderen Dimensionen des Lebens versenken könnte. Und auch Frauen bot mir das Leben an, Frauen verschiedenster Art, Mengen von Frauen, sämtliche Frauen der Welt, flämische Frauen mit kastanienbraunem Haar und verschlafen-feurigem Blick, Französinnen mit strahlenden Augen, demütige Deutsche. Na ja, jede Art Frauen. Ich lebte in der Welt, war ein Mann, und die Frauen machten es mir leicht, sie schickten Botschaften und riefen mich, sowohl die Koketten als auch die Anständigen, und versprachen das ganze Leben oder die einmalige Ekstase, die geheimnisvolle Vereinigung, nicht auf ewig, aber auch nicht nur für einen Augenblick, sondern für die

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