Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)
und Kriegsberichterstatter für den New York Herald Henry M. Stanley (1841–1904) am 16. Oktober 1869 ein Telegramm seines Zeitungsverlegers mit der Aufforderung: »Finden Sie Livingstone!« Das spurlose Verschwinden des schottischen Missionars im Herzen Afrikas war eine Cause célèbre in Europa und Amerika. Viele hielten den Forscher, der als erster Innerafrika von Westen nach Osten durchquerte, für tot. Stanley organisierte einen Tross von arabischen Führern und fast 200 afrikanischen Proviant-Trägern. Am 10. November 1871 fand er Livingstone tatsächlich einigermaßen wohlbehalten in einem kleinen Ort am Tanganjikasee. Nach einem dreimonatigen entbehrungsreichen Marsch durch unwegsamstes Gelände in das schwärzeste Afrika, wo es in Tausenden von Kilometern Umkreis nicht einen Weißen gab, begrüßte Stanley den Doktor, als ob er sich einem entfernten Bekannten in einem New Yorker Club vorstellte: – »Sie müssen Dr. Livingstone sein!«
1859–1869
SUESKANAL Das strategisch bedeutendste Bauwerk aller Zeiten, der 190 Kilometer lange Sueskanal, wurde von etwa anderthalb Millionen Menschen unter ungeheuren Anstrengungen und Opfern gebaut. Der Wegfall der zeitraubenden Umfahrung Afrikas im Schiffsverkehr zwischen Europa und Fernost bedeutete für die damaligen Dampfschiffe eine Ersparnis von etwa einem Monat. Der Großteil des erforderlichen Kapitals war von einer britisch-französisch-österreichisch-ägyptischen Aktiengesellschaft aufgebracht worden, der Compagnie de Sues . Organisator des Jahrhundertprojektes war der französische Ingenieur Ferdinand de Lesseps (1805–1894), vormals französischer Konsul in Kairo und Alexandria. Die pompösen Eröffnungsfeierlichkeiten in Anwesenheit von Kaiser Napoleon III. fanden im November 1869 statt.
Zur Sicherung des Seeweges nach Indien und weil Ägypten wegen der anfangs geringen Einnahmen aus dem Kanal kurz vor dem Staatsbankrott stand, erwarb Großbritannien die ägyptischen Anteile an der Compagnie de Sues und besetzte 1882 das Land. Spätestens damit war Britannien uneingeschränkte globale Seemacht.
RUSSLAND Seit Peter dem Großen expandierte Russland und wurde eine Kolonialmacht, allerdings zu Lande. Katharina die Große hatte vor allem die russische Süderweiterung auf Kosten des immer schwächer werdenden Osmanischen Reiches vorangetrieben und das Schwarze Meer erreicht (1774). Zar Alexander I. konnte eine kleine Norderweiterung verzeichnen (Finnland 1809) und war als »Befreier Europas« von Napoleon einer der bedeutendsten Herrscher auf dem Wiener Kongress. Sein Nachfolger, sein Bruder Nikolaus I. erwarb im Krieg gegen Persien Armenien und die Seeherrschaft im Kaspischen Meer. 1828/1829 nahm er den Türken die Ostküste des Schwarzen Meeres ab (Georgien), sicherte sich freie Fahrt auf der Donau, im Schwarzen Meer und im Mittelmeer. Auch er hatte die gegen die türkische Oberherrschaft erfolgreiche griechische Unabhängigkeitsbewegung unterstützt. Seitdem es 1683 vor Wien zurückgeschlagen worden war, befand sich das Osmanische Reich wirklich nur noch in der Defensive. Vom nunmehr russischen Nordufer des Schwarzen Meeres ist es nicht weit bis zum Bosporus am Südufer.
1853
DER KRANKE MANN AM BOSPORUS 1852 sagte Zar Nikolaus I. in einem Gespräch mit dem britischen Botschafter: »Wir haben einen kranken Mann auf den Armen. Es wäre ein Unglück, wenn er uns eines Tages entfallen sollte.« Eigentlich gedachte Nikolaus diese Schwäche zu nützen und das Osmanische Reich zu zerschlagen. Er wusste allerdings, dass dies nur mit dem Einverständnis Großbritanniens möglich war. Großbritannien wollte kein Machtvakuum in dem immer noch großen Gebiet des Osmanenreiches, aber es wollte auch nicht Russland dort sehen.
KRIMKRIEG Nikolaus provozierte im Jahr darauf den türkischen Sultan Abdülhamid I. mit politischen Forderungen dermaßen, dass das Osmanische Reich Russland den Krieg erklärte. Russland stand aber im Krimkrieg allein gegen das Osmanische Reich, das von Großbritannien, Frankreich und Österreich unterstützt wurde, die weitere russische Expansionen Richtung Mittelmeer aufhalten wollten. Mangels Eisenbahnen in den Süden konnten die Russen den Nachschub nicht schnell und effizient genug organisieren. Der Krimkrieg war verlustreich und wirkte wie ein Vorspiel zum Ersten Weltkrieg, weil auch hier die meisten europäischen Mächte involviert waren und weil hier erstmals die Soldaten in eingegrabenen Stellungen
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